Sehr gut besucht ist der Vortrag im Forum am Bahnhof über das Unternehmen Tobias Baeuerle & Söhne. Fotos: Hübner Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaft: Urenkel des Baeuerle-Firmengründers erläutert Firmengeschichte / Vortrag im Forum am Bahnhof

Über die Geschichte des Unternehmens Matthias Baeuerle & Söhne sprachen im Forum am Bahnhof (FAB) Heinz-Jochen Baeuerle, der Urenkel des Firmengründers, und der ehemalige Mitarbeiter Heinrich Kieninger.

St. Georgen. Helmut Deusch beschrieb zu Beginn Technik und Fortschritt als beständiges Streben des Menschen nach Sicherung seiner Existenz, aber auch nach Macht und Besitz. Der Übergang St. Georgens von der Uhrmacherei zur Feinwerktechnik sei gleitend, evolutionär. Technischer Fortschritt sei aber auch oft von folgenschweren Verwerfungen begleitet.

Uhrenbau dient zunächst dem Nebenerwerb

Laut Baeuerle begann der Uhrenbau als Nebenerwerb der Landwirte. Die Blütezeit der Holzuhren war von 1750 bis 1810. Tobias Baeuerle kam 1841 zur Welt. Ihm war klar, dass die sogenannten Schottenuhren aufgrund günstiger Konkurrenzprodukte keine Zukunft hatten. Deshalb orientierte er sich bei seiner Firmengründung 1864 schnell an amerikanischen Metalluhren.

Die erste Werkstatt war im damaligen Deutschen Kaiser. Im ersten richtigen Firmengebäude in der Bahnhofstraße gab es immerhin schon Maschinen mit Hand- und Fußantrieb. Verköstigt wurden die zehn Mitarbeiter von Baeuerles Frau Anna Maria, geborene Heinzmann. Die sehr fleißige Frau betrieb auch einen Spezerei-Laden.

1884 nahm Baeuerle an der ersten St. Georgener Gewerbeausstellung teil, 1888 wurden neuartige Regulateur-Uhren produziert und eine Dampfmaschine zur Stromerzeugung gekauft. Da hatte das Unternehmen schon 80 Mitarbeiter.

Schwerer Start nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Investitionen führten zu einer Liquiditätskrise, weshalb Baeuerle seine Firma beinahe verkauft hätte, wäre nicht der Einspruch seiner Frau gewesen.

Die Söhne Christian und Tobias Junior stiegen 1890 ein und starteten die Entwicklung zu industriellen Anwendungen, weg von Gebrauchsuhren. Die Söhne ergänzten sich in idealer Weise, was zu einer Blütezeit des Unternehmens führte, bis zur Inflationszeit ab 1923. Dann starb Tobias völlig unerwartet mit 52 Jahren. Christian starb 1942.

Schwierig war die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als Franzosen die Hälfte des Maschinenparks demontierten und mitnahmen. Das Unternehmen baute aus der Not heraus wieder Gebrauchsuhren aus noch vorhandenem Material und hatte bis 1948 den Maschinenpark wieder so weit aufgebaut, dass es Uhrwerke selbst herstellen konnte. Allerdings war die Firma 1945 durch den Tod von Herbert und Hans Baeuerle vorübergehend führungslos. Bis 1963 half Hugo Blum aus.

Baeuerle berichtete von der Werkzeitschrift in den 1960er-Jahren und dem 100-jährigen Bestehen. Damals hatte das Unternehmen 650 Mitarbeiter, 80 davon in Friedrichshafen, ein kleiner Teil in Waldmössingen, weil in St. Georgen keine Arbeitskräfte mehr zu finden waren. Fotos dokumentierten, dass sich Baeuerle frühzeitig im Wohnungsbau für Mitarbeiter organisiert hatte, beispielsweise in der Wiesen- und Ackerstraße.

1989 wurde das 125-jährige Jubiläum gefeiert. Ein neuer technischer Entwicklungsleiter sollte neue Produkte einführen, was nur bedingt gelang, obwohl Baeuerle eine enorme Präzisionswerkstatt hatte. Als Dienstleister für andere Firmen hatte man Probleme mit der eigenen Vermarktung. So folgte 1991 die Insolvenz.

Kieninger zeigte Fotos von Produkten aus der Firmengeschichte, etwa eine federnd aufgehängte Uhr zur Steuerung von Leuchtfeuern oder Trommelwerke, die zum Registrieren von Temperatur und Luftfeuchtigkeit genutzt wurden. In der Pause hatten Besucher Gelegenheit, frühere Produkte zu begutachten. Ab Juli oder August sollen einige im FAB einen eigenen Raum erhalten.