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Wohnquartier Schönblick rückt flexible Möglichkeiten wieder stärker in Fokus. Nachfrage bei Evangelischen Altenhilfe.

St. Georgen - Das Wohnquartier Schönblick hat das betreute Wohnen wieder stärker in den Fokus gerückt. Markus Schrieder erklärt im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, wie die Nachfrage in St. Georgen aussieht und warum flexible Wohnmöglichkeiten auch den Staat entlasten.

Die deutsche Bevölkerung wird immer älter, die Lebenserwartung steigt. Eine eigentlich erfreuliche Entwicklung, die die Menschen einer guten medizinischen Versorgung und technischem Fortschritt zu verdanken haben. Doch damit gehen auch Fragen einher – wie und wo man seinen Lebensabend verbringen möchte, was man tut, wenn man sich alleine nicht mehr versorgen kann.

Betreutes Wohnen in der Nähe des Lorenzhauses?

Die Evangelische Altenhilfe hat mit vielen Menschen zu tun, die sich in genau dieser Situation befinden. Sie betreibt nicht nur das Lorenz- und das Elisabethhaus in St. Georgen, sondern managt unter anderem auch das betreute Wohnen in der Bergstadt.

Die Nachfrage nach Letzterem rückte jüngst wieder in den Fokus, nachdem die FWD Hausbau in einer Gemeinderatssitzung Anfang Juli das geplante Nutzungskonzept für das Wohnquartier Schönblick vorstellte. Der Bauherr sieht vor, zwei der drei geplanten Häuser für betreutes Wohnen auszurichten. Im Nachgang entbrannte aufgrund eines Anwohners eine Debatte, inwieweit dieses Konzept zielführend ist.

Fragt man Markus Schrieder, Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe, was er von den neuen Plänen im Quartier Schönblick hält, fällt die Antwort eindeutig aus: "Ich fänd’s schlau, wenn man das so macht."

Selbstredend hätte Schrieders Unternehmen einen Vorteil davon, wenn sich ganz in der Nähe des Lorenzhauses ein Angebot für betreutes Wohnen findet. Doch das ist nicht der alleinige Grund, weshalb er sich dafür ausspricht.

Keine der 100 Wohnungen steht leer

Denn was die FWD Hausbau in der Sitzung betonte, nämlich, dass es eine große Nachfrage in diesem Bereich gebe, bestätigt auch der Geschäftsführer. "Wir haben im Moment eine Warteliste an Mieteranfragen für betreutes Wohnen von über 100 Leuten", erklärt er. Berücksichtige man, dass manch einer schon nicht mehr interessiert sei, blieben erfahrungsgemäß in der Regel dennoch etwa 50 bis 70 Personen übrig. "Das ist eine stabile Anfrage", bilanziert Schrieder. Derzeit gebe es etwa 100 Wohnungen, die für diese Form des Lebens im Alter in St. Georgen vorgesehen sind – keine davon stehe leer.

Die Neu-Interessenten teilen sich laut ihm in drei gleich große Gruppen auf: St. Georgener, Eltern, deren Kinder sich in der Bergstadt niedergelassen haben, und Menschen, die wegen des Klimas und der Luft in den Schwarzwald ziehen möchten.

Warum die Nachfrage für betreutes Wohnen steigt, liegt für Schrieder auf der Hand – und klingt aus dem Mund jener Person, die für zwei Altenheime in der Bergstadt zuständig ist, etwas kurios: "Es möchte halt niemand in ein Pflegeheim." Zwar seien die Zustände in solchen Einrichtungen mittlerweile besser als früher, doch, wie er Bezug nehmend auf eine Befragung sagt, "86 Prozent der Deutschen empfinden das als Vorhölle".

Die Bürger werden aus Schrieders Sicht immer mündiger, beschäftigen sich früher mit dem Thema Lebensabend und machen sich auf die Suche nach passenden Lösungen – für sich, den Partner. "Da sagt doch keiner, ich wähle jetzt das Pflegeheim", unterstreicht er. Deshalb müsse man auch über eine breitere Palette an Angeboten nachdenken. "Wir müssen schon auch bauen, was die Leute wollen. Und da gehört betreutes Wohnen einfach dazu."

Aus Sicht des Geschäftsführers könne man so auch die Staatskasse entlasten. Denn er macht keinen Hehl daraus, dass die Unterbringung im Lorenz- oder Elisabethhaus alles andere als günstig ist. "Ich musste erst wieder erhöhen, jetzt zahlt man knapp 3000 Euro für einen Monat für ein Zimmer. Wer kann sich das denn heute noch leisten?"

Eine Wohnung, etwa im Schönblick, zu kaufen, koste zwar auch erst einmal Geld, doch für Schrieder kann diese Wohnform schlussendlich dazu führen, dass man gar nicht erst in ein Pflegeheim muss. "Das betreute Wohnen ersetzt das Heim in weiten Teilen – wenn nicht vielleicht sogar zu 100 Prozent."

Über die Sozialstation oder die Tagespflege könne viel aufgefangen werden, ohne, dass die Menschen aus ihren vier Wänden ausziehen müssen. "Wir müssen einfach weg von Pflegeheimen", betont er. "Das frisst Geld, Sozialhilfe, und unterm Strich ist es einfach nicht das, was die Leute wollen."