Von links: Martin Holl (DGB), Martina Lehmann (Agentur für Arbeit), Leni Breymaier MdB und Saskia Esken MdB Foto: SPD

Die SPD-Bundestagsfraktion erläuterte die Herausforderungen in Europa für Beschäftigte. Saskia Esken und Leni Breymaier arbeiteten Lösungsvorschläge auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene aus, zusammen mit Experten.

„Es fällt nicht schwer, über die Bahn zu schimpfen, auch wenn nicht gestreikt wird“, entschuldigte sich Leni Breymaier, die etwas verspätet im Horber Kloster ankam.

In der Zwischenzeit zog Saskia Esken eine Art europäische Bilanz der Arbeitsplatzwirklichkeit im Wandel: „Digitalisierung, die Demografie und die Dekarbonisierung, also weg von Kohle und Öl hin zu nachhaltiger Produktion, sind die drei Faktoren, die momentan die Arbeitswelt verändern, und zu denen wir Lösungen finden müssen.“

Fundamentale Fähigkeiten in der Bildung wichtig Es gehe darum, die enormen Zuwächse der Produktivität durch Digitalisierung gerecht zu verteilen: „Wenn Jobs wegfallen, müssen an anderer Stelle neue entstehen. Wir brauchen zwischenzeitlich nicht nur bei der beruflichen Bildung, sondern bereits bei fundamentalen Fähigkeiten wie Lesen und Rechnen deutlich mehr Anstrengungen: Gerade gehen die Boomer in Rente.“

Für die Wirtschaft bedeute das, das komplette nationale Arbeitspotenzial zu nutzen, um dem Fachkräftemangel zu entgehen. Wenn aber ein Viertel der Kinder einer Studie gemäß nicht richtig lesen könne und bei den Grundrechenarten schwächele, werde es schwer.

Gerechte Bezahlung von Frauen ist für Breymaier ein wichtiges Thema Breymaier, früher SPD-Landesvorsitzende und nun Sprecherin der SPD-Fraktion für den Bereich Familie, Senioren, Frauen und Jugend, knüpfte daran an und konzentrierte sich auf die Verteilung der Arbeit und der Gehälter zwischen Frauen und Männern. „Heute ist Gender-Pay-Day“, betonte sie. Breymaier meinte damit, dass die Frauen bis zum Tag, an dem die Veranstaltung stattfand, umsonst gearbeitet haben, und im Gegensatz zu Männern „erst ab morgen Geld verdienen“.

An der Arbeitswirklichkeit Frankreichs könne man sich viel abschauen: „Da geht es diesbezüglich viel gerechter zu.“ Dort rede sich keine Firma bei ungleichen Gehältern raus nach dem Motto „die Männer haben ihren Gehalt halt besser verhandelt“. Und sie stellte die Frage in den Raum, warum in Frankreich 80 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge in Arbeit seien, und in Deutschland nur 20 Prozent.

Holl: „Betriebliche Mitbestimmung ist wichtig“ Martin Holl vom DGB erinnerte daran, dass einer der wichtigsten Faktoren bei all diesen Veränderungen die betriebliche Mitbestimmung sei: „Betriebsräte sorgen dafür, dass die Veränderungen von den Belegschaften verstanden werden und sozial gerecht geschehen.“

Für ihn stehen vor allem der Ausbau der beruflichen Bildung und die Vergleichbarkeiten der Ausbildungen als politische Ziele Europas vorne: „Dieses Pfund haben China und Russland nicht.“

Arbeitsagentur-Chefin ist mit „Ausstattung“ seitens Minister Heil zufrieden Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Nordschwarzwald, Martina Lehmann, beleuchtete die Herausforderungen von der anderen Seite her, aus Sicht der Arbeitslosen und Beschäftigten: Der derzeitige Arbeitsminister Heil (SPD) statte die Arbeitsagentur im Moment so aus, dass alle, die es wollen und brauchen, „sehr gut beraten werden können“.

Und: Auch das nötige Geld für Umschulungen oder Weiterbildungen sei da. Allerdings bedauerte sie, dass Beschäftigte ihrer Meinung nach zu wenig bereit seien, die Angebote anzunehmen: „Wer seit 30 Jahren nicht mehr die Schulbank gedrückt hat und dabei noch akzeptabel verdient, tut sich schwer, seine Komfortzone, wenn auch nur mittelfristig, zu verlassen.“

Lebhafte Diskussion und Ausblick auf die Kommunalwahl Es entspann sich eine lebhafte Diskussion im prall gefüllten Klostersaal, die zeigte, wie sehr die angesprochenen Themen die Anwesenden bewegten. Ein Sozialdemokrat verwies zuletzt noch auf die kommende Kommunalwahl: „Verlässliche Kitas sind ein entscheidender Faktor für die Ermöglichung der Beschäftigung vor allem für Frauen. Und vorschulische Bildung hängt an der Qualität der Kitas. Darüber entscheidet aber die Kommune. Der SPD-Ortsverein aber wolle genau das: „Deshalb wird auch in Horb die Zukunft Europas gemacht.“