Die Bannerweihe des Kolpingvereins Schiltach, 21. Mai 1931; sitzend (von links): Pfarrer Bihler, Lehrer Zimmermann, Pfarrer Eisele (Wolfach). Cäcilia und Raimund Mantel mit der Fahne und die Schäppelmädchen von vor Heubach. Foto: Hans Harter

Eugen Behringer, Pfarrer von Wittichen, und sein Amtsbruder Carl Bihler in Schenkenzell und Bergzell sahen Anfang der 1930er-Jahre politisches Unheil auf Deutschland zukommen. Die Schreckensherrschaft des Nazi-Regimes sollte allzu bald Realität werden.

Als Eugen Behringer, Pfarrer von Wittichen, am 26. Juni 1933 den „Kinzigtäler“ aufschlug, traute er seinen Augen nicht: „Vorsicht, Herr Pfarrer“ las er da, und man warnte ihn vor „ungeistlichem Gebaren“. Gemeint waren seine Kommentare zur Politik: Kommunisten wären ihm „so lieb“ wie die Nazis; der Sieg Hitlers bei den Reichstagswahlen habe „dem Volk das staatsbürgerliche Recht genommen“.

 

Dies sei eine „volks- und staatsfeindliche Einstellung“, Behringer wolle nur verhindern, dass seine „Pfarrkinder“ Nationalsozialisten würden. Mit ihrer „Machtergreifung“ sei jedoch eine neue Zeit angebrochen, woraus er „Konsequenzen ziehen“ müsse – „sonst müssten wir, Herr Pfarrer von Wittichen, ein sehr, sehr ernstes Wörtchen mit Ihnen reden“. Die Drohung war überdeutlich: Er solle sich aus der Politik heraushalten und jegliche Kritik unterlassen.

Die Partei der Katholiken verliert ihre Spitzenrolle

Das Thema beschäftigte auch seinen Amtsbruder Carl Bihler in Schenkenzell und Bergzell. Schon 1930 sah er mit Sorge, wie dort die Nazi-Partei bei den Wahlen 154 Stimmen erhielt (31 Prozent). 1932 waren es dann 262 (48 Prozent), und das Zentrum, die Partei der Katholiken, verlor seine Spitzenrolle.

Es war offensichtlich: Die Probleme der Weimarer Demokratie, politische Instabilität, Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit, hatten auch ländlich-katholische Gemeinden erreicht. Ein Schenkenzeller erzählte: „Ich war arbeitslos, die Nazis gaben mir eine Suppe, und ihre machtvollen Auftritte haben mich schwer beeindruckt.“

Pfarrer Bihlers größte „Hirtensorge“ aber war, dass die Nazis für ihn eine „heidnische Bewegung“ waren, „bei der Katholiken nicht den Platz suchen sollen“. Er verfocht ihre Unvereinbarkeit und versuchte, dies in der Pfarrei durchzusetzen, was zu gemeindlichen Konflikten führte, so mit dem Dirigenten, dem Mesner und dem Organisten.

Für Nazi-Ortsgruppe „ein gefundenes Fressen“

Für die Schenkenzeller Nazi-Ortsgruppe war dies „ein gefundenes Fressen“: In zwei großen Artikeln im „Führer“, dem „Hauptorgan der NSDAP Gau Baden“, betitelten sie Bihler 1932 als „Schwarzen Musterpriester“ und „Spezialisten für Nazibekämpfung“. Er beschimpfe sie als „Marktschreier“ und sage, „ein Katholik könne und dürfe nicht Nationalsozialist sein“. Er behaupte sogar, der Nationalsozialismus sei „eine Irrlehre“, und käme sie ans Ruder, würden „kranke Menschen und schwache Kinder einfach weggeschafft“. Bihler halte aber nicht nur „politische Hetzreden“, er habe auch einen „Gesellenverein“ begründet, dessen Mitglieder in den Gaststätten „Kampfschriften gegen den Nationalsozialismus“ verteilten.

„Kolpingsverein“ 1930 ins Leben gerufen

Tatsächlich hatte der Pfarrer in Schiltach, dessen Katholiken ebenso wie die vor Heubach in seine Pfarrei gehörten, 1930 einen „Kolpingsverein“ für Jungmänner ins Leben gerufen. Bei der Bannerweihe 1931 fielen „ernste Worte der Treue und Pflicht“. Manche der 24 Mitglieder begriffen sie als Aufruf zur Verteidigung der Demokratie, die mit der Wahlentscheidung vom 5. März 1933 jedoch endgültig gescheitert war.

Dass die Nazis, wie die beiden Pfarrer gewarnt hatten, dem Volk „das staatsbürgerliche Recht nahmen“, christliche Werte mit Füßen traten und, als „Euthanasie“ getarnt, Krankenmorde begingen, sollte allzu bald wahr werden. Doch auch die Geistlichen verstummten, wollten sie nicht, wie Franz Weinmann, später Pfarrer in Hausach, im Konzentrationslager landen. In Deutschland hatte, trotz aller Warnungen, schweres politisches Unheil begonnen.