Aleksander Ceferin ist seit 2016 Uefa-Chef. Foto: dpa/Jean-Christophe Bott

Kriege, Krisen und Konflikte: Angesichts einer aus den Fugen geratenen Welt blickt Uefa-Boss Aleksander Ceferin der Fußball-EM in diesem Jahr in Deutschland mit großen Bedenken entgegen.

Millionen Fans „vereint im Herzen Europas“, volle Stadien und zahlreiche Partymeilen mit Public Viewing im ganzen Land: Was für viele Deutsche nach einer traumhaften Neuauflage des Sommermärchens bei der Heim-EM 2024 klingt, könnte für Aleksander Ceferin schnell zu einem Albtraum werden. Der Uefa-Präsident sieht der Fußball-Europameisterschaft mit großen Bedenken entgegen, in einer aus den Fugen geratenen Welt lässt ihm das Thema Sicherheit keine Ruhe.

„Die Welt spielt verrückt“, sagte der 56-Jährige dem englischen Telegraph angesichts zahlreicher Kriege, Krisen und Konflikte mit globalen Auswirkungen. Die Deutschen werden zwar sicher „gute Organisatoren“ sein, prophezeite er, wie es bei der WM 2006 oder zuletzt bei den vier EM-Spielen 2021 in München der Fall war, aber: „In diesen verrückten Zeiten“, betonte Ceferin, „in denen die Welt geostrategisch verrückt spielt, ist die Sicherheit die größte Sorge.“

Quali von Ukraine oder Israel würde Lage „verkomplizieren“

Eine EM-Qualifikation der Nationalmannschaften der Ukraine oder Israels über die Play-offs Ende März würde die Lage aus Sicht Ceferins weiter verkomplizieren. „Meine Angst gilt nicht nur den Stadien“, betonte er, „denn Stadien, da bin ich mir sicher, werden angemessen geschützt. Aber die Fans werden überall sein...“

Daher habe er sich bereits zweimal mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) getroffen, zuletzt bei der Trauerfeier für Franz Beckenbauer am vergangenen Freitag in München. Aufgrund der geopolitisch „völlig aggressiven Situation“, die auch die Veranstalter der Olympischen Sommerspiele in Paris beunruhigen sollte, seien weitere Zusammenkünfte geplant, sagte Ceferin.

Faeser hat bereits einen Tag vor dem jüngsten Treffen betont, das Thema Sicherheit genieße „oberste Priorität“. Am Rande einer Sitzung des Nationalen Koordinierungsausschusses zum Stand der Vorbereitung versprach sie: „Wir werden die Fußball-Europameisterschaft zu einem sicheren Turnier machen - für alle in unserem Land und für unsere Gäste aus der ganzen Welt!“

Lahm: guter Austausch mit der Bundesregierung

Auch Turnierdirektor Philipp Lahm vermittelte zuletzt den Eindruck, man habe alles im Griff. Sicherheit und Mobilität seien „immer große Themen für uns, die werden uns begleiten und stehen bis Ende des Turniers an höchster Stelle“, sagte er nach der EM-Auslosung im Dezember. Lahm verwies dabei auf den guten Austausch mit der Bundesregierung.

Diese hat laut Faeser nicht nur den Schutz vor Hooligans, Kriminalität oder „extremistischen Bedrohungen bis hin zur Cybersicherheit“ im Blick. Auch „schwere Unwetter oder andere natürliche Ereignisse“ sowie eine mögliche „gesundheitliche Gefährdungslage“ würden bedacht. Die Innenministerin ist sich sicher: „Wir sind gut gewappnet.“

Neuss wird „EM-Polizeihauptstadt“

Grundlage für diesen Optimismus ist das nationale Sicherheitskonzept, das die Maßnahmen der zuständigen Behörden, Institutionen und Organisationen sowie der Veranstalter bündelt. Daneben gäbe es eine umfassende Kooperation mit den Sicherheitsbehörden der Teilnehmer-, Anrainer- und möglicher Transitstaaten. Herzstück dieser Zusammenarbeit ist das International Police Cooperation Center in der „EM-Polizeihauptstadt“ Neuss.

Ceferin kennt die Pläne im Detail. Auch deshalb ist er aller Sorge zum Trotz davon überzeugt, „dass mit der Unterstützung der deutschen Behörden, die sehr entschlossen sind, uns zu helfen, alles gut wird“ bei der EM (14. Juni bis 14. Juli). Weitere Zweifel kann er kommenden Mittwoch zerstreuen: Dann tritt Ceferin bei der Sportbusiness-Konferenz SPOBIS in der EM-Stadt Hamburg zum Turniertalk auf.