Revierförster Thomas Hingsberg nimmt eine Thuja-Pflanze in Augenschein. Die "Lebensbäume" scheinen sich im Wildberger Forst stellenweise richtig wohl zu fühlen. Foto: Geisel

Neben Tannen und Fichten stößt der Spaziergänger im Wildberger Forst auf im Schwarzwald eher wenig verbreitete Bäume: so genannte Fremdländer.

Wildberg - "Wir haben hier eine Fremdländer-Tradition", erklärt Revierförster Thomas Hingsberg. Begründet wurde diese im Jahr 1955 durch den damaligen Leiter des Forstamts, zu dieser Zeit noch verortet in Wildberg. Er hatte wohl sehr viel Spaß daran, mit neuen Arten zu experimentieren, auch wenn Klimawandel und klimagerechter Umbau damals noch gar kein Thema waren. Etwa 50 fremde Arten wurden so über die Jahre im Wildberger Wald gepflanzt, verstreut über die gesamte Gemarkung, sowohl im Staats- als auch im Stadtwald. Und das sind immerhin etwa 1200 Hektar Stadtwald, hinzu kommen noch rund 340 Hektar Privatwald.

"Schrotschussartig", beschreibt Hingsberg die Verteilung. Also überall dort, wo es Platz gab oder Sturmschäden zu verzeichnen waren. Teilweise habe man wohl sogar extra Raum für die Fremdländer geschaffen.

Dokumentation ist lückenhaft

Eine interessante Herangehensweise, die nun, Jahrzehnte später, Erkenntnisse über die Eignung der ein oder anderen Baumart für die Region liefert. Allerdings habe man damals recht unsystematisch gearbeitet, bedauert Thomas Hingsberg. Die Dokumentation sei lückenhaft. Auch die Auswahl der Baumarten sei nicht so durchdacht gewesen wie heute.

Der Revierförster erklärt das Problem an einem Beispiel: Es gibt Baumarten, die in vielen Ländern und Klimazonen heimisch sind, mitunter auch in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass ein Baum dieser Art zwangsläufig in Deutschland überlebt. Das Saatgut, aus dem er gezogen wurde, sollte aus einer Region mit vergleichbaren Voraussetzungen stammen. Die Art alleine und ihr allgemeines Verbreitungsgebiet sind also nicht alles.

Nur noch Relikte übrig

Das habe dazu geführt, dass viele der damals gepflanzten 50 Arten recht schnell eingegangen sind. Manche wurden auch von heimischen Arten überwachsen. Es seien daher "nur noch Relikte" übrig, so Hingsberg. Durchgesetzt hingegen hat sich die Douglasie, die heute als klimarobust gilt und gerne neu gepflanzt wird. Doch auch Roteiche, Küstentanne und Thuja fühlen sich stellenweise wohl. Von der Küstentanne ist beispielsweise noch ein imposantes Exemplar am Waldrand hinter Schönbronn in Richtung Wenden zu sehen.

Ein paar Meter weiter, tiefer im Wald, fallen aber auch absterbende Küstentannen auf. Diese Art scheint nur etwa 40 Jahre in der Region überleben zu können, erklärt Thomas Hingsberg. Zusätzlich macht den Küstentannen der Hallimasch-Pilz zu schaffen. Für heimische Baumarten ist dieser meist unbedenklich. In Norddeutschland werde aber die Pflanzung der Küstentanne durchaus noch empfohlen, weiß der Revierförster. Warum sie in Süddeutschland offenbar nicht gedeihen will, wisse man nicht genau.

Thujen fühlen sich wohl

Anders sieht es im Wald bei der Landesstraße 349 aus. Dort fühlen sich einige Hemlocktannen und Thujen wohl. Bei den Thujen – auch als Lebensbäume bekannt – ist sogar Naturverjüngung zu beobachten, was aus forstlicher Sicht sehr begrüßenswert ist. Naturschützer diskutierten immer wieder, ob neu eingebrachte Arten positiv oder als invasiv zu betrachten seien. Invasive Pflanzen anderer Herkunft, auch Neophyten genannt, verdrängen heimische Arten nach und nach, was zu einem Ungleichgewicht führt. In der Region häufiger anzutreffende Beispiele sind das Drüsige Springkraut und der Japanische Staudenknöterich. Im Wildberger Revier halte sich die Ausbreitung solcher Arten allerdings sehr in Grenzen, weiß Hingsberg.

Eine Gratwanderung

Dennoch: Die Einbringung neuer Arten, das zeigt das Beispiel der Schäferlaufstadt, ist immer eine Gratwanderung, sollte mit Augenmaß erfolgen und dokumentiert werden. Dabei helfe heutzutage ein Tablet-Computer mit forstlichen Daten und Kartenmaterial. Darauf werden alle Neupflanzungen – inklusive Fremdländer – vermerkt, was es später einfacher macht, auch kleinere Baumgruppen wiederzufinden, zu pflegen und ihre Entwicklung zu beobachten.