Im Mafia-Prozess vor dem Landgericht Konstanz sollen die Urteile gesprochen werden. Foto: Marc Eich

Nach mehrstündigen Plädoyers sollen Urteile folgen. Oberstaatsanwalt kritisiert Verhalten von Verteidigern.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Showdown im Mafia-Prozess vor dem Konstanzer Landgericht: Nach mehrstündigen teils kontroversen Plädoyers sollen am Mittwoch Urteile folgen. Schon jetzt sind aber mehrjährige Haftstrafen sicher.

"Hineingeschlittert", "er wollte das gar nicht", "ein Ausrutscher im Leben" – die Verteidiger der vier Angeklagten, die mittlerweile in den abgetrennten Verfahren ihre Urteile erwarten, scheuten in ihren Plädoyers nicht davor, die bewiesenen Drogengeschäfte ihrer Mandaten zu schmälern, wenn nicht gar zu verharmlosen.

Dabei geht es um insgesamt fast 440 Kilogramm Marihuana und Haschisch, die Placido ., Giovambattista S., Giuseppe A. und Rosario I. beschaffen und zum Teil im Schwarzwald-Baar-Kreis weiterverkauft haben. Für A.'s Verteidiger Martin Stirnweiss ist die Menge, um die es in dem seit einem Jahr dauernden Mammutprozess geht, "nichts Großartiges". Den Bezug zur italienischen Mafia hält er ebenso für "lächerlich". A., der Restaurants in Rottweil und Villingen-Schwenningen betrieben hatte und als Kopf der Gruppierung gilt, sei wie die anderen Angeklagten Bandenmitglieder "kein Profi", er sei vielmehr "gewaltig ausgerutscht".

Motivation aus wirtschaftlicher Not?

Ähnlich sah es Gianpiero Fruci, Verteidiger von Rosario I. Sein Mandant sei von seinem Cousin zu den Geschäften "gedrängt" worden, er selber wusste vorher gar nicht "wie das Zeug riecht", der Absatz des Rauschgifts geriet am Ende ohnehin "gänzlich ins Stocken". Seine wirtschaftliche Not sei die Motivation für die verbotenen Geschäfte mit den Betäubungsmitteln gewesen.

Ähnlich habe es sich bei Giovambattista S. verhalten, der ein Restaurant in Donaueschingen führte. Der 51-Jährige, der als Bindeglied der Führungsriege gilt, sei aufgrund von Erpressungen finanziell ruiniert worden. Verteidiger Uwe Böhm sieht darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum von S. und den begangenen Straftaten. Er plädierte deshalb für die Unterbringung im Maßregelvollzug, um die bereits begonnene Therapie fortsetzen zu können. Auch Giuseppe A. ist aus Sicht seines Anwalts Giuseppe Olivio "vom Suchtdruck getrieben" worden. So habe A. seinen Kokain-Konsum finanzieren wollen.

Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann betonte in seinem Plädoyer zunächst: "Es ist für mich eine Genugtuung, dass wir es nicht, wie behauptet, mit unschuldigen Pizzabäckern und Kaufleuten zu tun haben." Damit spielte er auf die Ausführungen von einigen Verteidigern an, die ihre Mandanten zum Prozessauftakt als unschuldig ansahen. Für Speiermann ist klar, dass es sich um keine "hohle Anklage" gehandelt habe, vielmehr sei ein organisierter Rauschgifthandel im dreistelligen Kilobereich und eine "grenzüberschreitende, organisierte Kriminalität" durch die Telefon- und Innenraumüberwachung der genutzten Fahrzeuge bewiesen worden.

"So etwas habe ich noch nie erlebt"

Er kritisierte darüber hinaus, dass sowohl Polizisten als auch Zeugen vor Gericht angegangen wurden, "wie ich es noch nie erlebt habe". Speiermann: "Die Angeklagten haben sich respektvoll verhalten, anders als ein Teil der Verteidiger."

Bereits im Vorfeld der Plädoyers hatten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Deals geeinigt. Zu rechnen ist deshalb bei Placido A. mit einer Haftstrafe zwischen achteinhalb und neuneinhalb Jahren, bei Giovambattista S. zwischen acht und neun Jahren und bei Giuseppe A. sowie Rosario I. jeweils zwischen sechseinhalb und siebeneinhalb Jahren.

Der Staatsanwalt forderte – erwartungsgemäß – jeweils die höhere, die Verteidigung die niedrigere Strafe. Am Mittwoch wird gegen die vier Angeklagten das Urteil gesprochen. Die Verfahren gegen Nicolo M. und seinen Sohn Giacomo, die beide nicht geständig sind, wurden derweil abgetrennt.