An der Waldschule in Neuweiler wird jetzt Biophilie gelehrt. Foto: Fritsch

An der Neuweiler Grundschule gibt es einen neuen pädagogischen Ansatz: Die Biophilie, also die Lehre der Liebe zum Leben und allem Lebendigen, soll jetzt an der Bildungsstätte ausgerollt werden.

Neuweiler - Die Waldschule in Neuweiler soll zur biophilien Grundschule weiterentwickelt werden. Was abstrakt klingt, wird im Neuweiler Gemeinderat vorgestellt.

Doch auch hier fremdeln einige Akteure mit dem nicht sofort greifbaren Konzept. Doch der Reihe nach: Anke Raidt, Lehrerin an der Neuweiler Grundschule, erklärte das theoretisch-praktische Dissertationsprojekt, das jetzt mit dem Segen der Schulkonferenz aus der Taufe gehoben wurde. Die Biophilie bezeichnet die "Liebe zum Leben und allem Lebendigen", erklärte Raidt dem Gemeinderat umfassend. Das sei "Ansatzpunkt als auch Richtziel der pädagogischen Ausrichtung", so Raidt. Im Prinzip sollen, platt formuliert, die Schüler zu guten Menschen gebildet werden, die auf sich und ihre Mitmenschen achten. Gelingen soll das mit verschiedenen Techniken, die in den Unterricht eingewoben werden.

Im "echten Gespräch" kommunzieren lernen

Im sogenannten "echten Gespräch" beispielsweise geht es laut Raidt darum, zu Philosophieren und gleichzeitig das Konfliktgespräch zu erlernen. Kombiniert wird das ganze mit Achtsamkeits- und Wahrnehmungsübungen. Es gehe um "Bildung zur Menschlichkeit", formuliert es Raidt. Das Projekt wird wissenschaftlich von der Universität Duisburg-Essen und der Erich-Fromm-Gesellschaft Tübingen begleitet. Der Namensgeber von letzterem ist auch der Begründer der Biophilie. Der Sozialpsychologe meinte damit, so erklärt es Raidt in ihrem Vortrag, "die Förderung des Wachstums von allem Lebendigen – von Menschen, Pflanzen und Tieren". Man mache sich fächerübergreifend und interkulturell Gedanken. Über Fragen wie "Was sind Gedanken?" oder auch "Wieso kann man die Seele nicht sehen?".

All das geschehe natürlich altersgerecht: "Die Kinder beantworten die Fragen kreativ mit Gedichten oder Bildern", so Raidt. Das Projekt steht jetzt aber erst am Anfang. Sieben Säulen gibt es im Konzept der Biophilie in Summe, nach und nach sollen weitere in den Schulalltag integriert werden.

15-minütiger Film

In einem 15-minütigen Film zeigte die Lehrerin der Waldschule Einblicke in den Unterricht, in dem bisweilen schon die ersten biophilen Ansätze eingebaut werden. Konkrete Ergebnisse sollen unter anderem die Wahl von Klassensprechern sein, um die Schüler vermehrt am Schulalltag zu beteiligen. Denn man müsse "alle abholen", befand Raidt.

Im Gemeinderat wurde dann diskutiert über die vorgestellten Pläne. Doris Hammann konnte damit augenscheinlich nicht sonderlich viel anfangen: "Ich bin davon ausgegangen, dass das alles schon gemacht wird", stellte sie klar. Auch sie sei mal in die Schule gegangen und habe Werte vermittelt bekommen – die Gemeinderätin konnte das ganze Thema "nicht ganz greifen".

Sie habe das Gefühl, "dass hier etwas hervorgehoben wird, was schon da sein müsste". Auch als Raidt der Gemeinderätin die Ansätze nochmals erklärte und darauf verwies, dass ja der Bildungsplan nicht geändert werde, sondern die biophilen Elemente lediglich eingebaut werden, war Hammann nicht sonderlich beruhigt. Ihre Zweifel seien jetzt eher noch größer geworden, räumte sie ein.

Ratskollegen können Thema etwas abgewinnen

Doch ihre Ratskollegen konnten dem neuen Ansatz durchaus etwas abgewinnen. Anton Lörcher zum Beispiel sprach sich dafür aus, auch Samuel Wolff freute sich. Reinhard Kussack hatte anderweitige Bedenken: Er fand den Ansatz, schon in diesem Alter das Diskutieren zu beginnen, zu früh. "Man kann nicht alles ausdiskutieren", stellte er klar. Das könne dann eventuell auch Probleme in den Elternhäusern geben, wenn die Kinder auch zu Hause anfingen, alles ausdiskutieren zu wollen. Und auch Bürgermeister Martin Buchwald streute beim Blick auf die Diskussionskultur ein: "Das Ankommen muss auch da sein." Schlussendlich lud Raidt den Gemeinderat ein, sich das Ganze einmal live vor Ort anzuschauen in der Waldschule. Denn im Detail erklären könne man das ohnehin nicht.

Die Schüler, das zeigte auch der Kurzfilm, nehmen die Ansätze jedenfalls an und setzen die Themen mit kreativen Arbeiten um.