Uschi Streit beim Schießen mit einem Vorderlader-Gewehr auf die Zielscheibe. Foto: Herzog

Der Schützenverein Schiltach dreht die Zeit zurück um 1800, als Siedler-Trecks im Wilden Westen Bären mit Schwarzpulver-Gewehren erledigten und sich gegen Indianer verteidigten.

Schiltach - Es ist bitter kalt am Samstag im Schießstand des Schützenhauses Schiltach. Ans Zittern und Bibbern denkt Uschi Streit gerade nicht. Sie hat liegend das Ziel, die 50 Meter entfernte Scheibe, fest im Visier und trifft ins Schwarze. Bis sie jedoch den Auslöser abdrücken konnte, brauchte es eine gewisse Vorbereitung, die es in sich hat.

Einiges an Vorbereitung

Die Vereinsschützin schoss nicht mit einem herkömmlichen Luft- oder Kleinkalibergewehr, die mit wenigen Handgriffen schussbereit sind. Entsprechend seinem Namen erfolgt das Laden der Vorderlader-Waffen von vorne durch den Lauf. Zuerst werden zwischen zwei und drei Gramm Schwarzpulver eingefüllt, dann die Bleikugel (Geschoss) in den Lauf geschoben. Sie wird in ein gefettetes oder geöltes Schusspflaster (Baumwoll-Patch) zur besseren Führung und Abdichtung eingepackt und mit dem Ladestock bis zum Pulver vor gedrückt. Danach wird die Zündkapsel (Perkussionszündung) eingelegt und das Ziel anvisiert.

Zurückversetzt in damalige Zeit

Nun kann geschossen werden, der Rückschlag ist nicht ohne. "Der besondere Kick beim Laden eines solchen Gewehres ist es, man fühlt sich in die Zeit der Siedler in den USA zurückversetzt und kann nachvollziehen, wie die damals geschossen haben. Nicht nur einfach eine Kugel reinschieben und abdrücken", schildert Schützen-Vorsitzender Rüdiger Haas. Ihm zufolge handelt es sich beim Schießen mit Vorderladern um die wohl ursprünglichste Form des Schießens mit Feuerwaffen, das Anfang des 14. Jahrhunderts begann.

Mit einem Perkussionsrevolver standen den Schützen in der Pionierzeit sagenhafte sechs Schuss ohne nachzuladen zur Verfügung. Hierbei wird das Schwarzpulver nicht von vorne durch den Lauf geladen, sondern in eine Trommel, die sich hinter dem Lauf befindet. "Die wenigsten wissen, dass fast alle bekannten Revolverhelden des Wilden Westens mit Vorderlader-Revolver geschossen haben", klärt der Schützenchef auf.

Verjüngung angehen

Die Entdeckung des Schwarzpulvers gehe nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet werde, auf den Freiburger Franziskanermönch Berthold Schwarz, sondern auf die typische Farbe zurück. Schwarzpulver stamme aus China und sei dort schon im 13. Jahrhundert nachgewiesen worden. "Wenn alles stimmt, ist die Präzision mit einem Schwarzpulver-Gewehr so gut wie bei einem Patronen-Gewehr", weiß Haas. Noch heute werde im Deutschen Schützenbund mit Vorderladern geschossen.

Auch der Schützenverein Schiltach sei in dieser Disziplin bei Wettkämpfen mit drei Mannschaften äußerst erfolgreich unterwegs, brauche aber dringend eine Verjüngung. Deshalb werde mit zwei Schnuppertagen die Hoffnung verbunden, dass der eine oder andere Gefallen daran finde. Auch eine Damenmannschaft wolle man gerne für den Sportbetrieb melden. Die Hemmschwelle bei den Frauen, ein solches Gewehr in die Hand zu nehmen, sei größer als bei Männern. Hinterher seien sie jedoch begeistert und schössen besser als die Herren, berichtet der Vorsitzende. Beim Schnuppertag ist es möglich, mit einer klassischen Winchester Probe zu schießen. "Wir sind einer von wenigen Schützenvereinen im Landesverband, der ein Schützenhaus für alle Disziplinen hat", informiert Haas.

Info: Schnuppertage

Wer ein reizvolles Hobby zwischen Nostalgie und Sport sucht, ist bei den Schützen in Schiltach goldrichtig. Sie bieten am Mittwoch und Donnerstag, 28. und 29. Dezember, einen Schnupperkurs für alle, die gerne mal mit einem Vorderlader-Gewehr mit Schwarzpulvermunition schießen möchten. Jeder Teilnehmer erhält zwischen 10 und 16 Uhr im Schützenhaus "Vor Heubach" eine theoretische Einweisung und kann unter Aufsicht so lange schießen wie er möchte. Interessenten können sich per E-Mail an vorstand@sv-schiltach.de anmelden.