Vor Jahren sorgten gewaltsame Konflikte zwischen Banden wie Red Legion oder Black Jackets in der Region für Unruhe. Vor dem Hintergrund der Handgranatenattacke in Altbach verdichten sich die Hinweise, dass ein neuer Bandenkrieg ausgebrochen ist.
Ein brutaler Angriff auf eine Trauergemeinde am vergangenen Freitag in Altbach hat eine direkte Racheaktion nach sich gezogen: Nachdem ein Sprengkörper auf die Gruppe auf dem Altbacher Friedhof geworfen worden war, verfolgten mehrere Trauergäste den mutmaßlichen Werfer und schlugen ihn brutal nieder. Er wurde noch am Tatort von der Polizei als Tatverdächtiger identifiziert, inzwischen ist gegen ihn Haftbefehl ergangen. Drei der Männer, die ihn verprügelt haben sollen, sind am Mittwoch ebenfalls festgenommen und kommen vor den Haftrichter. Die Polizei hatte am Mittwoch in den frühen Morgenstunden bei Razzien ihre Wohnungen durchsucht und sie gefasst. Sie sollen mit dem jungen Mann, der bestattet werden sollte, nicht verwandt sein, meldet das Landeskriminalamt. Es handelt sich um 19, 20 und 21 Jahre alte Männer. Einer habe die deutsche, einer die türkische und einer die georgische Staatsbürgerschaft. Ihnen wird gemeinschaftliche schwere Körperverletzung und gemeinschaftlicher versuchter Totschlag vorgeworfen.
Bei dem geworfenen Sprengkörper soll es sich nach Informationen unserer Zeitung um eine Handgranate gehandelt haben. Die Hintergründe sind noch nicht bekannt, da halten sich die Ermittelnden bedeckt. Nur so viel ist zu vernehmen: Das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft geben in der Mitteilung zu den Festnahmen am Mittwoch erstmals bekannt, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, „dass sowohl die Schussabgaben im öffentlichen Raum als auch die Tat in Altbach im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zweier rivalisierender gewaltbereiter Gruppierungen“ stehen – ohne diese Gruppierungen konkret zu benennen. Das erinnert an Rivalitäten zwischen Banden wie Red Legion, Black Jackets und United Tribunes, die vor gut zehn Jahren für Unruhe sorgten. Der Red Legion gehörten überwiegend junge Männer mit kurdischen Wurzeln an.
Bei den Durchsuchungen am Mittwoch fand die Polizei in der Wohnung des 20-jährigen Mannes Kleidung, die er vermutlich am Freitag trug. Beim 19-Jährigen entdeckten die Ermittelnden eine scharfe Schusswaffe mit Munition. Die Polizei untersucht nun, ob diese Waffe bei den zurückliegenden Schießereien in der Region verwendet wurde – was den vermuteten Zusammenhang zwischen den Schussabgaben und dem Angriff auf die Beerdigung belegen würde.
Der Friedhof in Altbach war am Montag erneut abgesucht worden. Dabei habe man weitere Spuren des Sprengkörpers entdeckt, die auf eine Handgranate als verwendetes Wurfgeschoss hindeuten. Die genaue Analyse sei jedoch noch nicht abgeschlossen.
Die Polizei ermittele auch noch gegen weitere Personen aus dem Kreise der Trauernden. Unter anderem sollen sie mehrere Rettungskräfte attackiert und versucht haben, diese abzuhalten, als sie dem Schwerverletzten 23-jährigen Mann helfen wollten.
Die Trauernden hatten sich auf dem Friedhof zum letzten Geleit eines 20 Jahre alten Mannes eingefunden. Er war wenige Tage zuvor gestorben. Er soll in den frühen Morgenstunden des Samstag, 3. Juni, am Altbacher Bahnhof seinem Leben selbst ein Ende gesetzt haben. Laut einer Sprecherin der Bundespolizei sei der Zugunfall als Suizid einzuordnen.
An den Ermittlungen sind neben der Staatsanwaltschaft und dem Landeskriminalamt die Polizeipräsidien in Ludwigsburg, Reutlingen, Stuttgart und Ulm beteiligt.
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