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Gemeinderat vertagt Entscheidung. Stadtverwaltung möchte Aufgaben an den Landkreis zurückgeben.

Schramberg - Die Stadtverwaltung will die Aufgaben der Abteilung Soziales so schnell wie möglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2021, an den Landkreis Rottweil zurückgeben. Das führte zu heftigen Diskussionen im Gemeinderat.

Fachbereichsleiterin Susanne Gwosch berichtete über die Vorgeschichte und die aktuelle Lage: Seit 1923 hat die Stadt die Aufgabe der Sozialfürsorge für ihre Einwohner wahrgenommen. 1962 gab es eine Reform und das Bundessozialhilfegesetz wurde neu eingeführt. Der Landkreis Rottweil hat der Großen Kreisstadt Schramberg seither durch Satzung, zuletzt vom 19. Dezember 2019, die Durchführung der Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch und dem Landesblindenhilfegesetz für ihr Gemeindegebiet übertragen.

Zu den Leistungen zählen: Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung, Hilfe zur Gesundheit, Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, Hilfe in anderen Lebenslagen, außerdem Leistungen nach dem Landesblindengesetz.

Das Landratsamt erstattet 80 Prozent der Personalkosten, bei der Stadt verbleiben jährlich 60 000 Euro ungedeckte Personalkosten. Von den fünf Mitarbeitern der Abteilung Soziales arbeiten drei im Bereich dieser sogenannten "Sozialhilfedelegation". Eine dringend benötigte 50-Prozent-Stelle wurde vier Mal ausgeschrieben, aber ohne Erfolg.

"Der kleine Mitarbeiterstamm schließt bei nicht besetzten Stellen die vollumfängliche Bearbeitung der Sozialhilfefälle aus, dadurch kann es zu Regressansprüchen des Landratsamtes kommen", warnte Gwosch. Weil Schramberg verpflichtet sei, vor Ort die Entgegennahme und Vorprüfung der Anträge zu schaffen, entstünden aus ihrer Sicht keine unzumutbaren längeren Wege.

Klares Ja nur von der CDU

Klar befürwortet wurde der Verwaltungsvorschlag nur von Thomas Brantner (CDU), unter der Voraussetzung, dass Sprechstunden des Kreises vor Ort gewährleistet seien. "Damit stimmen wir unserem weiteren eigenen Bedeutungsverlust zu", kritisierte Johannes Grimm (Aktive Bürger). "Wir sollten die Stiftung St. Franziskus und die Lebenshilfe als Betroffene befragen", verlangte Martin Himmelheber (SPD/Buntspecht). "Wir geben Kompetenz ab, dünnen die Fläche weiter aus, wir haben aber Verantwortung für das Umland", signalisierte Jürgen Reuter seine Ablehnung.

Tanja Witkowski (SPD/Buntspecht) hatte sich eingehend mit der Verwaltungsvorlage befasst und trug eine ausführliche Stellungnahme vor: "Die SPD/Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft sieht das Vorhaben der Oberbürgermeisterin und der Verwaltung mit größter Sorge und lehnt den Plan, die Sozialhilfedelegation zurückzugeben vehement ab", erklärte Witkowski. Es gebe nach wie vor zahlreiche Aufgaben innerhalb der "Sozialen Hilfe", die weiterhin vom Sozialamt Schramberg betreut werden dürfen und aus Sicht der SPD/Buntspechtfraktion auch müssen. Zum Beispiel müsse die Eingliederungshilfe und die Hilfe zur Pflege möglichst nahe bei den Menschen sein.

Und was mit Blick auf die Stiftung St. Franziskus die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen betreffe, dürften Schwierigkeiten bei der Personalsuche kein Grund für die Rückdelegierung an den Kreis sein. "Wir in Schramberg haben uns doch schon vor langer Zeit für Inklusion und Teilhabe entschieden, damit haben wir auch Verantwortung für die Menschen und können nicht einfach sagen, wir finden kein Personal und uns ist die Personalhilfe zu teuer", betonte Witkowski.

Schon zweimal habe es Versuche der CDU-Fraktion gegeben, die Sozialhilfedelegation an den Landkreis zurückzugeben, beide Male habe aber die Mehrheit des Gemeinderats die Bedeutung der dezentralen sozialen Hilfe in Schramberg noch rechtzeitig erkannt. "Dass diesmal die Begründung von der Verwaltungsspitze selbst kommt, hat uns sehr enttäuscht". Obwohl immer wieder der Bedeutungsverlust Schrambergs beklagt werde, wolle die Verwaltung selbst Kompetenzen abgeben und trage dazu bei, dass die Stadt als Mittelzentrum an Bedeutung verliere: "Es ist eine politische Entscheidung: Ausgabensperre lockern und gleichzeitig Leistungen vor Ort streichen, das passt nicht zusammen".

Einstimmig wurde das Thema ohne Beschluss vertagt. Beim Landkreis solle zunächst geklärt werden, wie dessen Präsenz vor Ort aussieht. u Kommentar