Waldmössigen: Ein Laufstall wie aus dem Bilderbuch auf dem Erlebnisbauernhof mit Lauf-, Fress- und und Liegeplatz ganz nach Wunsch. Der klassische Anbindestall von Edwin Müller in Lauterbach wäre nicht mehr möglich. Auch Gerold Müller müsste umbauen, obwohl er Muttertierhaltung betreibt und seinen Stall nur noch zum Füttern und als Unterstand nutzt. Foto: Fritsche

Bundesrat will immer noch häufigee Anbindehaltung von Rindern im Stall verbieten. Aus für viele Landwirte?

Schramberg-Waldmössingen/Lauterbach/Schiltach - Ein vom Bundesrat gewolltes Verbot der jahrhundertealten, immer noch häufigen Anbindehaltung von Rindern im Stall würde viele Landwirte der Region zur Aufgabe der Viehhaltung zwingen.

Ein schwerer Schlag für viele Landwirte der Region, die traditionelle Milchviehhaltung betreiben: Der Bundesrat fordert ein gesetzliches Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung. Am 22. April hat er eine entsprechende Entschließung gefasst, in der er sich für eine tiergerechtere Haltung von Rindern einsetzt. "Im Raum Schramberg gibt es gerade zum Beispiel in Lauterbach und Tennenbronn noch viele Kleinbetriebe", weiß Hans Klaiber, Leiter des Landwirtschaftsamts Rottweil.

Viele kleine Betriebe sind zur Aufgabe gezwungen

Auch in Schiltach und Lehengericht mit den dortigen Steillagen gibt es noch etliche. "Es kann tatsächlich sein, dass nach der Verabschiedung des Gesetzes Anbindeställe nach einer Übergangsfrist nicht mehr zulässig sind", räumt Klaiber ein.

Was die Tierschützer freut, macht den kleinen Landwirten große Probleme. "Eine zweischneidige Sache: Wegen der dann nötigen Investitionen werden viele aufhören müssen", befürchtet Klaiber und plädiert für Kleinstbetriebsregelungen mit Augenmaß, für Laufhöfe beim Stall zum Beispiel.

Die Entschließung des Bundesrates wurde inzwischen der Bundesregierung zugeleitet und befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung, ist also noch nicht in den Bundestag gelangt, wie die Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mitteilte. Kovac kennt das Thema. Sie ist nicht nur CDU-Abgeordnete für den Südbadischen Raum und wohnt in Wolfach, sie ist auch Mitglied im zuständigen Bundestagsauschuss für Ernährung und Landwirtschaft.

Auch Kovac hält die Anbindehaltung für kein zukunftsfähiges Haltungsmodell, schränkt aber ein: "Da in Baden-Württemberg die vielen kleinen und mittelständischen Nebenerwerbsbetriebe diese Tierhaltung praktizieren, würde ein sofortiges Verbot der Anbindehaltung sie vor erhebliche wirtschaftliche Belastungen stellen, die Aufgrund der aktuellen Milchpreisentwicklung eh enorm hoch ist". Ein einfaches Verbot ohne weitere Konkretisierung der zulässigen Haltungsarten und ohne Vorlage einer umfassenden Folgenabschätzung unter Einbeziehung der betroffenen Wirtschaftsverbände über die Wirkung sei schwer umsetzbar.

Verbuschung der Landschaft schadet dem Tourismus

Die betroffenen Bauern der Region jedenfalls sind alarmiert. Gerold Fehrenbacher, einer der beiden Vorstände des Ortsbauernvereins Lauterbach, ist sicher: "Wenn das so als Gesetz kommt, werden viele aufhören". Er selbst hat schon von Milchvieh- auf Muterkuhhaltung umgestellt. Zum Füttern der sechs Kühe und drei Kälber nutzt er noch seinen Anbindestall. Für einen Umbau müsste er alles ändern: Futterkrippe, Halterungen und Gülleablauf müssten weg, Fläche zum Freilaufen und größere Liegeboxen wären einzurichten. "Kosten, die man nie wieder reinkriegen würde". Bauern mit kleineren Ställe würde kein Umbau, sondern sogar ein An- oder Neubau des Stalles drohen: "Utopisch".

Auf dem nächsten Hof zwei Kilometer weiter betreibt sein Schwager Edwin Müller mit seiner Frau Ute noch klassische Milchviehhaltung mit vier Kühen in einem Stall mit Anbindehaltung, auch Altbauer Wilhelm Müller ist noch mit im Stall. "70000 Euro würde ein Umbau kosten", schätzt Edwin Müller. Vor allem ein dann erforderlicher separater Melkstand treibt die Kosten in die Höhe.

Über dem Bergkamm rüber im Schöngrund auf Schiltacher Gemarkung hat Frieder Wolber seinen Hof. Er hat schon länger auf Muttertierhaltung und einen sogenannte Tretmistlaufstall (siehe Bericht auf der Schiltacher Seite) umgestellt. "Die Anbindehaltung zu verteufeln, ohne eine kostenmäßig tragbare Alternative zu bieten, ist auch nicht sinnvoll." Wenn infolge eines Verbots viele Landwirte aufhörten, sehe er ein riesiges Problem darin, wer dann noch die Landschaft offen halte.

Ein offenes Ohr für ihre Sorgen dürften die Landwirte wohl bei Landrat Wolf-Rüdiger Michel finden. "In zugewachsene Täler, in Buschlandschaften kommen keine Touristen", erklärte Michel schon 2015 in Schiltach, als er dort mit Kovac zusammen EU-Leader-Projekte besichtigte.