Rechtsextreme Gruppen haben ihre Anhänger animiert, bei der Schöffenwahl als Laienrichter zu kandidieren. Dem will der baden-württembergische Landtag entgegenwirken (Symbolbild). Foto: IMAGO/U. J. Alexander/IMAGO

Neben ausgebildeten Juristen sitzen hierzulande auch gewählte Schöffinnen und Schöffen auf der Richterbank. Im Herbst werden die neu gewählt, auch rechte Gruppen versuchen, eigene Kandidaten wählen zu lassen. Der Landtag will das erschweren.

Sie sind die Stimme des Volkes, wenn in Gerichten „Im Namen des Volkes“ geurteilt wird: Ehrenamtliche Richterinnen und Richter haben in Verfahren genauso viel Einfluss wie ihre hauptamtlichen Kollegen.

Damit künftig keine Extremisten in dieses Amt kommen, hat der Landtag am Mittwoch in Stuttgart eine Gesetzesänderung beschlossen. Einem entsprechenden Gesetzentwurf stimmte der Landtag mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP mehrheitlich zu. Die AfD-Fraktion stimmte dagegen.

Reaktion auf Versuch rechtsextremer Gruppen

Mit der Gesetzesänderung werden die Anforderungen an die Verfassungstreue von Schöffinnen und Schöffen erhöht. Die Initiative ist eine Reaktion auf Versuche der rechtsextremen Szene, eigene Kandidaten im Schöffendienst unterzubringen. Schöffen können nach der Gesetzesänderung nur dann berufen werden, wenn sie gewährleisten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten.

Der Gesetzentwurf war von Grünen, CDU, SPD und FDP gemeinsam ins Parlament eingebracht worden. Man setze ein klares Signal an alle, die versuchten die Institutionen zu unterwandern, sagte der Grünen-Abgeordnete Thomas Hentschel. „Es gilt nicht nur den Ruf der Justiz zu wahren, sondern zu verhindern, dass die Justiz als Bühne von demokratiefeindlichen Akteuren genutzt werden kann“, sagte Hentschel.

Bei der aktuellen Schöffenwahl witterten insbesondere rechtsradikale Gruppierungen ihre Chance, sagte der SPD-Abgeordnete Boris Weirauch. Den Extremisten zeige man mit der Gesetzesänderung die Rote Karte. Der FDP-Abgeordnete Nico Weinmann lobte den gemeinsamen Vorstoß der vier Fraktionen: „Es ist gut und richtig, dass die demokratischen Fraktionen wiederholt gemeinsam für unsere Verfassung einstehen.“

Kein entsprechender Gesetzentwurf auf Bundesebene

Auch auf Bundesebene gibt es einen entsprechenden Gesetzentwurf, der an diesem Donnerstag im Bundeskabinett beraten werden soll. Aus Sicht der Parlamentarier ist das zu spät für die Wahl der Schöffinnen und Schöffen im Herbst. Man könne nicht länger auf die Bundesebene warten, sagte der CDU-Abgeordnete Arnulf von Eyb. Man habe mit dem Landesgesetz nun für die kommende Wahl der Schöffen vorgesorgt.

Der AfD-Abgeordnete Ruben Rupp kritisierte die Gesetzesänderung scharf und sprach von einer „Lex AfD“. „Dieses Gesetz reiht sich ein in die vielen Versuche, die AfD mittels eines politischen „cordon sanitaire“ auszugrenzen“, sagte Rupp. Er warf den anderen Fraktionen eine „zutiefst antidemokratische Gesinnung“ vor und sprach von der Einführung eines „Generalverdachts“ durch die Gesetzesänderung. Zudem sei unklar, welche Stelle überhaupt befugt sei, die Verfassungstreue von Bewerbern festzustellen.

Zustimmung zum Gesetzentwurf äußerte dagegen Justizministerin Marion Gentges (CDU). „Wir müssen gewährleisten, dass die, die im Namen des Volkes Recht sprechen, ohne Zweifel auf dem Boden unserer Verfassung stehen“, sagte sie. Verfassungsfeinde hätten auf dem Richterstuhl nichts verloren.

Neuwahl von rund 7000 Schöffinnen und Schöffen

Im Herbst werden in Baden-Württemberg nach Angaben des Justizministeriums rund 7000 Schöffinnen und Schöffen neu gewählt. Bis Anfang August werden die Kandidatinnen und Kandidaten von den Gemeinden vorgeschlagen. Gewählt werden sie dann bis spätestens Ende September von Gremien an den Gerichten. Nach Angaben des Ministeriums gibt es viele Bewerberinnen und Bewerber. Die Sorge, dass sich zu wenig Menschen bewerben könnten, habe sich zumindest in Baden-Württemberg nicht bewahrheitet, hieß es.

Als ehrenamtliche Richter stehen Schöffen in der Verantwortung, einen Teil ihrer Zeit in Gerichten zu verbringen und sorgsam „im Namen des Volkes“ zu entscheiden. Schöffen können im Gericht nicht nur über schuldig oder nicht schuldig mitentscheiden, sie haben auch eine eigene Stimme beim Strafmaß - gemeinsam und gleichberechtigt mit ausgebildeten hauptamtlichen Richterinnen und Richtern.