Wolfgang Tuffentsammer und Günter Bentele boten einen Einblick in Grimmelshausen und Moscherosch. Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder-Bote

Literatur: Das Duo Bentele/Tuffentsammer verbindet Kurzweil mit Tiefsinn und Satire

Von Johannes Fritsche

Schiltach. Grimmelshausen und sein Schelmenroman Simplicius Simplicissimus, aber auch der Satiriker Moscherosch waren Themen des vierten literarischen Gesprächs im Treffpunkt. Im Kinzigtal waren sie beide wichtig im 17. Jahrhundert: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen als bedeutendster Erzähler und Johann Michael Moscherosch als bekannteste Satiriker jener Zeit. Der Schiltacher Stadführer Wolfgang Tuffentsammer, Pfarrer im Ruhestand, stellte sie beide zusammen vor im vierten literarischen Gespräch des Historischen Vereins und der VHS.

Seit 1997 diskutieren Tuffentsammer und der Bietigheimer Romanautor, Historiker und Heimatforscher Günther Bentele über literarische Themen und Autoren. Das machen sie immer im wechselseitigen Zwiegespräch: Der eine liest, der andere kommentiert, erläutert. Manchmal bestätigend, manchmal verneinend. Das mag das Publikum aus Schiltach und Schenkenzell, wenn beide sich um die literarische Auslegung augenzwinkernd streiten, ein bisschen wie ein altes Ehepaar. Auch Vereins-Schriftführer Reinhard Mahn ließ es sich an seinem Geburtstag nicht nehmen teilzunehmen.

Moscherosch aus Willstätt und Grimmelshausen, seit 1667 Schultheiß im nicht weit entfernten Renchen, haben beide den "Teutschen Krieg" am eigenen Leibe erfahren, wie Tuffentsammer berichtete. Der zwanzig Jahre später als Moscherosch geborene Grimmelshausen schon als Vierzehnjähriger, Moscherosch habe also noch eine relativ behütete Jugend gehabt. Er hat seine Erlebnisse in einer Satire verarbeitet ("Soldaten-Leben" in "Gesichte Philanders von Sittenwalt", 1644). Hat darin bittere Wahrheiten in satirischer Form präsentiert. Grimmelshausens Hauptwerk, der barocke Schelmenroman Simplicissimus, erschien erst 1668, zwanzig Jahre nach dem Kriegsende. "Verfasst im Rückblick aus einer befriedeten Welt", erläutert Bentele. Weniger beißende Satire wie bei Moscherosch, dafür mehr deftiger Humor. Volks- und Jugendausgaben wurden in bereinigter Fassung gedruckt.

Sechs Bände füllt die pralle Handlung. Wie schon vor elf Jahren, als beide schon mal Grimmelshausen vorstellten, disputierten Bentele und Tuffentsammer auch diesmal über den besseren Schluss. Für Tuffent sammer wäre das Ende des fünften Bandes (Gang in die Einsiedelei, alleine auf einer Insel, erste Robinsonade) ein gelungener Schluss: "Das überzeugt mich". Nicht so Bentele. Er plädiert für den sechsten Band: "Simplicissimus wünscht sich dort am Ende Bretter und Schaufel (also Sarg und Grab?), er wünscht sich den Tod. Das muss das Ende sein, nicht der Einsiedler".

Gleichwie: Die über den Geschichten des Romans von Grimmelshausen und der Satire von Moscherosch liegenden Motive der Barockdichtung, nämlich "Carpe diem" ("Genieße den Tag"), "Memento Mori" ("Denke daran, dass Du stirbst") und "Vanitas" ("Nichtigkeit, Vergänglichkeit"), hätten auch heute noch (oder gerade heute?) Bedeutung, wie Tuffentsammer meint.

"Packend, wie Sie uns mitgenommen haben in die faszinierende Welt von Grimmelshausen und Moscherosch, und schön, dass sie nicht immer einer Meinung sind", dankte Peter Rottenburger, Sprecher des Historischen Vereins am Ende des literarischen Abends den beiden Literaturkennern.