Die Zahlen und Zeichen am "Strumpfstrickerhaus" im Oberen Städtle Fotos: Harter Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Häuser zeugen vom Beruf des Strumpfstricker und -weber/ Profession einst weit verbreitet

In Schiltach erinnern zwei Häuser an Handwerke, die längst ausgestorben sind: das "Strumpfstrickerhaus" im Ober- und das "Strumpfweberhaus" im Hinterstädtle.

Schiltach. Dass ihre Profession einst weit verbreitet war, zeigt ein Bericht von 1839. Damals gab es in Schiltach neun Stricker und einen Strumpfweber, die aus Wolle Kleidungsstücke herstellten.

Bereits 1720 erschienen unter den 140 Schiltacher Meistern "zwei Strumpfstricker". Von ihnen "hat der eine einen lahmen Fuß und besucht daher keine Märkte", was der andere, Jacob Trautwein (1690 bis 1750), offenbar tat.

Hin und wieder übten auch Frauen den Beruf aus, so Catharina Trautwein, "Strickerin", die 1833 unverheiratet starb. Die Stricker fertigten in emsiger Arbeit Strümpfe und Strumpfhosen "aus freier Hand", ihr Material war Wolle, Baumwolle oder Leinengarn. Im Repertoire waren auch Jacken und Handschuhe, die sie auf Märkten anboten.

Der Beruf geht auf die Zeit um 1600 zurück, als sich körperbetonte Beinkleider nach spanischer Mode verbreiteten. Die Strumpfstricker waren dort der Schuhmacherzunft zugeordnet, Zunftherberge war die "Sonne". Dort hängt noch die Zunfttafel von 1837. Als Zeichen der Stricker zeigt sie zwei gekreuzte Hakennadeln.

1830 wandten sich die Stricker Isaac Arnold und Margaretha Trautwein an den Landtag in Karlsruhe: Sie wollten ihre Waren "zum Färben und Appretieren ins Ausland verführen und verbessert zurückbekommen". Gemeint war Württemberg, wo – im Gegensatz zu Baden – entsprechende "Etablissements" bestanden.

Das Anliegen fand politische Unterstützung, damit "diese Leute mit ihren Geschäften fortkommen". Mit Margaretha trat wieder eine Frau als Strickerin auf: Nach dem Tod ihres Mannes führte sie das Geschäft mit Sohn Christian.

Im Oberen Städtle erbauten sie ein Fachwerkhaus, auf dessen Türsturz "18 CT 34", das Jahr und die Initialen von Christian Trautwein, stehen. Sie finden sich nochmals im rechten Eckpfosten, wo, von einem Herz umschlossen, auch "Margarethe Trautweinin" eingehauen ist, darunter ein gestrickter Strumpf und ein rotierender Ball. Er wurde schon als "Wirbelrad" gedeutet, als germanisches Sonnensymbol und Heilszeichen, was jedoch einer völkischen Ideologie entsprungen ist.

Der Hausgeschichte entsprechend ist es ein Wollknäuel, das Fleiß und Arbeit der Strumpfstricker verkörpert. Christian Trautwein (1816 bis 1889) ging es als Strickermeister wirtschaftlich so gut, dass er beruflich umsatteln konnte: Er begann einen Weinhandel, 1850 erwarb er den "Engel" im Alten Spittel, 1854 erhielt er das Schifferrecht, 1872 kaufte er die Kirchensäge. Anderen Strickern war ein solcher Aufstieg nicht vergönnt: Viele waren im Zweitberuf Flößer – die Strickerei ernährte sie nicht, sodass sie sich auf dem Bach verdingen mussten.

1881 arbeitete im Hinterstädtle der Strumpfweber Jakob Koch. Seine Werkstatt war im Erdgeschoss des Hauses, das seitdem "Strumpfweberhaus" genannt wird. Anders als die Stricker hatte er einen mechanischen Wirkstuhl. Dieser erzeugte Wirkgewebe, denen die industrielle Zukunft gehörte. An das Wollhandwerk erinnert auch das hier abgehende "Baumwollegässle". Der letzte Stricker, in einem kleinen Haus am Spittelsteg, war Johann Georg Bühler (1850 bis 1906). Nach ihm hieß seine Familie noch lange "s’Stricker-Bühlers".