Straftat: Drei Jugendliche begehen Diebstahl im Zug / Erzieherische Maßnahmen statt Sanktionen

Schiltach . Weil sie auf einer Zugfahrt von Offenburg nach Schiltach einen Koffer mitgenommen und die darin befindlichen Wertgegenstände entwendet hatten, mussten sich ein 19-Jähriger aus Schiltach, sein 18-Jähriger Bruder sowie ein 19-Jähriger aus Schramberg vor dem Amtsgericht in Oberndorf verantworten.

Im August vergangenen Jahres sollen die Angeklagten am Bahnhof in Haslach mit dem fremden Koffer den Zug verlassen haben. Diesen hätten sie anschließend durchsucht und die stehlenswerten Gegenstände eingesteckt. Zum Tatzeitpunkt waren die Angeklagten 18, beziehungsweise 17 Jahre alt. Sie stehen zum ersten Mal vor Gericht.

Alle drei Jugendlichen gaben zu, den Koffer mitgenommen zu haben und bezeichneten dies als Fehler. Der 19-Jährige Schiltacher beteuerte jedoch, dass sie diesen keinem Besitzer zuordnen konnten und lediglich nach einer Nummer oder Adresse des Eigentümers suchen wollten. Sein Bruder und der Schramberger stimmten dieser Aussage zu. "Wir haben Bilder mit den Uhren auf Snapchat verschickt", räumte er noch ein. Richter Wolfgang Heuer betonte, dass die Sachlage klar für einen Diebstahl spreche und wies die Jugendlichen daraufhin, dass ihre Aussage kein Geständnis sei, das sich strafmildernd auswirke.

Koffer stand in Sichtweite

Die Geschädigte schilderte, dass ihr Koffer während der Zugfahrt in Sichtweite abgelegt war und sie eine Station nach Haslach dessen Fehlen bemerkt habe. Die Polizeidienststelle in St. Georgen, wo sie den Diebstahl meldete, informierte die Kollegen in Haslach. Gleichzeitig sei die Geschädigte mit ihrem Lebensgefährten zurück nach Haslach gefahren, um den Koffer zu suchen. Diesen habe sie bei einem Fahhrradunterstand gefunden. "Der Koffer war nicht mehr so geordnet, wie ich ihn gepackt habe und die Wertsachen haben gefehlt", so die Bestohlene.

Danach seien sie durch den Ort gefahren, um möglicherweise die Täter ausfindig zu machen. Bei einem Dönerladen, dem einzigen noch geöffneten Geschäft, hätten sie einen Hinweis bekommen und die Jugendlichen schließlich auf einer Bank am Bahnhof gefunden.

Ein Polizist, der als Zeuge auftrat, habe bei seinem Eintreffen am Bahnhof die Geschädigte, die auf die drei Jugendlichen deutete, angetroffen. Er habe die Ausweise und Rucksäcke der Angeklagten kontrolliert und dabei zwei Uhren und einen Lockenstab sicher gestellt. Auch ihm gegenüber leugneten die Jugendlichen den Diebstahl. Die Geschädigte bestätigte auf Nachfrage Heuers, dass sie alle Gegenstände unbeschadet zurück bekommen habe.

Die Täter überreichten der Geschädigten im Gerichtssaal einen Entschuldigungsbrief. Darin wiederholte sich, was sie vor Gericht ausgesagt hatten: "Wir entschuldigen uns, weil wir gemerkt haben, dass wir den Koffer nicht hätten nehmen dürfen. Wir wollten nur eine Adresse oder Nummer finde"

Der Richter zeigte sich damit nicht zufrieden. "Wenn man die Uhren einsteckt, dann versucht man nicht den Besitzer ausfindig zu machen. Ihr sagt jetzt: ›Wir entschuldigen uns, dass wir gestohlen haben‹", forderte er die Täter auf, die dem auch Folge leisteten.

Täter sind noch Schüler

Im Anschluss erkundigte Heuer sich nach den Lebensumständen und dem familiären Hintergrund der Jugendlichen. Alle drei seien 2016 von Syrien nach Deutschland gekommen und besitzen einen Aufenthaltstitel für drei Jahre, der bald erneuert werden soll.

Der Schramberger mache zurzeit seinen Hauptschulabschluss und jobbe am Wochenende. Der 19-Jährige Schiltacher schließe in diesem Jahr die Werkrealschule ab. Sein Bruder habe diesen Abschluss bereits und mache einen Ausbildung zum pharmazeutischen Assistent.

Der Jugendgerichtshelfer, der auch ein Gespräch mit der Mutter der Schiltacher geführt habe, bestätigte das die Jugendlichen sich bezüglich Integration und Schule anstrengen. Wegen der Erlebnisse auf der Flucht nach Deutschland plädierte er dafür, die Angeklagten nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen. Er halte eine Geldbuße und gemeinnützige Arbeit als erzieherische Maßnahmen für angemessen, räumte jedoch ein, dass Sozialstunden aus Kapazitätsgründen nicht möglich seien.

Richter Heuer sprach sich gegen eine Geldbuße aus und war sich sicher, dass eine Stelle für den Sozialdienst zu finden sei. Der Jugendgerichtshelfer meinte, dass dadurch die schulische Ausbildung der Jugendlichen gefährdet werden könnte.

Heuer, dem es mehr um erzieherische Maßnahmen als Sanktionen ging, beschloss, dass die Angeklagten jeweils ein dreiseitiges, handschriftlich angefertigtes Entschuldigungsschreiben, in dem die Tat reflektiert wird, bis 15. März bei der Jugendgerichtshilfe einreichen müssen. Das Verfahren wurde eingestellt.