Mit der Brücke am Haken tastet sich der Kran mit einem Gewicht von insgesamt zirka 1100 Tonnen in Richtung Widerlager an die Kinzig heran. Foto: Baumgartner

Spektakulärer Einsatz: Eisenbahnbrücke an der OSB-Strecke zwischen Schiltach und Schenkenzell wurde ausgetauscht.

Schiltach -"Durchgefallen" war das harte Urteil der Brückenkontrolleure der Deutschen Bahn AG (DB) für die alte Eisenbahnbrücke aus dem Jahr 1886 an der OSB-Schienenstrecke zwischen Schiltach und Schenkenzell auf Höhe des Freibads.In einer 324-stündigen Sperrpause für den Schienenverkehr vom 18. August bis zum 1. September sollte eine neue Stahlverbindung über die Kinzig eingehoben werden.

Mit dem finalen Ausruf des präzisen DB-Vermessungstechnikers "Sitzt, passt, wackelt und hat Luft!" verbindet nun seit Samstag eine allen sicherheitstechnischen Maßgaben entsprechende neue Schienenbrücke die Gemarkungen Schenkenzell und Schiltach. Zuvor war die 305 Tonnen schwere Brücke in Einzelteile zerlegt von Dessau nach Schiltach transportiert und vor Ort zusammengebaut worden. Die neuen Widerlager wurden ebenfalls auf der seit Juni eingerichteten Baustelle aus Beton gefertigt.

Mit der Streckensperrung ging die "heiße Phase" des Baus los, die nach einem bis auf die Stunde genauen Zeitplan ablief. Der Abbruch der alten Brücke begann am Montag vergangener Woche. Was im Zeitplan für Mittwoch und Donnerstag kurz und bündig "WL (Widerlager) in Endlage verschieben" hieß, war schon ein kleiner spektakulärer Vorgeschmack auf den eigentlichen Brückentausch. Vier, auf einem Stickstoffpolster schwebende und an die Eckpunkte des neuen Widerlagers angesetzten, Hydraulikpressen hoben den Betonkoloss mit Leichtigkeit an. Auf Kommando des Vermessungstechnikers, der zuvor mit einem Lasergerät ein Lichtkoordinatenkreuz über den jeweiligen Pfosten gelegt hatte, drückte der Vorschub die Pressen mit den Widerlagern Meter und Meter auf geölten und damit gut gleitenden Stahlbahnen an ihre geplanten Plätze.

"Das machen wir heute auf einen halben Zentimeter genau", erklärt Oberbauleiter der Firma B+H Ettlingen Thomas Rüsing. Fast unbemerkt spielte sich im Kinzigtal während dieser Baumaßnahme eine weitere logistische Meisterleistung ab. Aus Schwäbisch-Gmünd schickte die Firma Helling GmbH ihren größten Gittermast-Raupenkran zerlegt auf 31 Lastwagen nach und nach ins Flößerstädtchen. Damit der Verkehr nicht zum Erliegen kam, parkten die Transporter im gesamten Kinzigtal. Je nachdem welches Teil beim Zusammenbau des Krans benötigt wurde, kamen die LKW auf Abruf. "Heute Nacht haben wir die "Baggermatratze" gelegt", erklärt Josef Kaiser, Inhaber der Firma Kaiser Abbruch GmbH aus Hofstetten und meinte, dass der Untergrund unter dem zirka 50 Meter langen Weg, den der Kran beim Brückeneinhub nehmen muss, bis in zwei Meter Tiefe abgetragen und mit hochverdichtetem Material gefüllt werden musste. Darauf wurden zwei Hartholzwege für die Raupenantriebe des Krans gelegt. Die "Ränge" der Baustelle waren mit interessierten Zuschauern gut gefüllt, als die Brücke endlich gegen 12 Uhr mittags an den Stahlseilen des Auslegers hing und der Kran sich langsam in Richtung Widerlager schob.

Mit vier Seilen, befestigt an deren Eckpunkten, wurde die schwebende Brücke auf ihrem Weg von wenigen Arbeitern in Position gehalten. Als sie schon fast über der Kinzig hing, kam mit dunklen Wolken Gewitter, starker Regen und Wind auf. "Wenn das Ding mal Haken hängt, kann nichts mehr passieren. Nur zum Einsetzten auf die Widerlager sollte es windstill sein und deshalb machen wir jetzt erst mal Mittagspause und warten ab", erklärte ein Techniker den verdutzten Zuschauern, die die Brücke in der Luft während dieser Unterbrechung genau beobachteten. Der Kran wurde zwischenzeitlich mit weiteren Gegengewichten beladen und schon bald war die Brücke auf den Widerlagern platziert.