Geschichte des Schleifengrünbrunnens

Von Hans Harter

Schiltach. Eigentlich ein idyllischer Winkel und beliebtes Fotomotiv, ist der "Schleifengrünbrunnen" in Schiltach jetzt ins Gerede gekommen: Seit den Arbeiten am Bahnübergang am Lehen hat sein Plätschern nachgelassen, ist sein Strahl dünner geworden. Es ist nicht das erste Mal in seiner langen Geschichte.

Tatsächlich hat er seine Quelle drüben am Häberlesberg, gefasst in einem Schacht beim Bahntunnel. Von ihm wird sie unter der Bahntrasse und der Kinzig hinüber auf den Schleifengrün geführt, zum Brunnentrog vor den beiden alten Gerberhäusern. Bahn und Brunnen waren sich schon einmal ins Gehege gekommen, 1885 beim damaligen Tunnelbau, der die Quellfassung zerstörte und den Brunnen versiegen ließ. So blieben die Häuser ohne Trinkwasser, denn die Wasserleitung war noch nicht erbaut, was ihre Besitzer auf den Plan rief: Den Weißgerber Jakob Trautwein und den Färber und Scheermeister Georg Friedrich Trautwein, die sich das Haus Nummer 12 teilten, sowie Justine, die Witwe des Rotgerbers Johannes Wolber vom Haus Nummer 14. Sie setzten durch, dass die Königlich Württembergische Eisenbahnverwaltung die Quelle neu fassen, eine eiserne Brunnenleitung bis an die Mauer zur Kinzig bauen und auf dem Bahnareal die Unterhaltspflicht übernehmen musste. Dafür konnte "der nächst stationierte Bahnwärter" bemüht werden. Der von den Brunnenbesitzern und dem Bahnbauinspektor Völker unterzeichnete Vertrag wurde ins Grundbuch der zuständigen Gemeinde Kinzigtal eingetragen und hat bis heute Bestand.

Damals versorgte der Brunnen die Gerberhäuser bereits seit mehr als einem Jahrhundert. Benannt war er nach dem "Schleifengrün", dessen Namen auf die Schleifmühle am Kanal anspielt. Zum anderen auf den "Grien", wie man die kiesigen Aufschüttungen an den Bächen nannte, so auch beim "Grün" und "Sägergrün". 1767 hatten Johann Wilhelm und Johann Georg Trautwein, die Vorgänger der Gerber von 1886, die am Häberlesberg gelegene Quelle den Besitzern des Haberershofs abgekauft und das Wasser in Deicheln auf den Schleifengrün herübergeführt. Zuvor gab es hier wohl nur Tiefbrunnen, deren Qualität – alle Abfälle liefen "in den Bach" – keine gute war.

1769 wurde ein Vertrag über die Nutzung des Brunnens und des darauf gebauten Milchhäusle aufgestellt. Beide Parteien hatten das Recht, "das Wasser zu nießen", während sie das Häusle abwechselnd für ein Jahr brauchen durften. Alle sechs Jahre aber sollte der Brunnen vom einen zum anderen Haus verschoben werden, auf den leeren Platz durfte der jeweils andere dann seine "Farbstanden" mit den Gerberbrühen stellen.

Alte Schiltacher kennen den Brunnen auch als "Kropfbrunnen", nicht zufällig, da sein Wasser besonders gesund und sogar heilkräftig sein soll. Man sagt, dass es im Berg über Silberadern fließe, Ausläufer des edlen St. Antongangs im Heubach, der im 18. und 19. Jahrhundert für seine Ausbeute berühmt war. Davon abgesehen, war die Kropfbildung bei den Schiltachern, vor allem den Frauen, früher sehr häufig, was ihnen bei den württembergischen Nachbarn den Spottnamen "Kropftäler" eintrug. Der Brunnen wird bis heute geschätzt, und man sieht hier immer wieder Menschen, die sein Wasser abfüllen.