Schick, schick: Die prämierten Kostümträger bei der Lumpenfasnet machen was her. Fotos: Grumbach Foto: Schwarzwälder Bote

Ball: Lumpenfasnet in Hinterlehengericht / Anfahrt ist komplizierter als eine Reise auf den Mars

Schiltach-Hinterlehengericht. Am Fasnetsfreitag hatten die Schuhu-Hexen zu ihrer Lumpenfasnet in ihre Heimat nach Hinterlehengericht geladen. Im Gasthaus Welschdorf war der "Bruddelbock" aufgebaut, in dem so manch peinliche Geschichte aus den Reihen der Hexenzunft ans Tageslicht gebracht wurde. Auch die Hinterlehengerichter Bevölkerung ließ es sich nicht nehmen, die einzige Lehengerichter Fasnetsveranstaltung zu besuchen.

Brigitte Lehmann trat als erste "Bruddlerin" in den Bruddelbock und reflektierte die Geschichte von Hinterlehengericht mit seinem Mittelpunkt, dem Welschdorf, von wo Felgen in die ganze Welt exportiert und die Schuhu-Hexen einst gegründet wurden. Selbst der Bahnverkehr rollte dort bis in die 1990er-Jahre. "S‘ Hinterlehengericht ist zwischen Schramberg und Schiltach nur ’ne Station und doch ist es ein Flecken mit Tradition", sagte sie. Das alte Schulhaus diente als Jugendraum und auch als Hexenkämmerle für die Lehengerichter Zunft. Dem Trend entgegen eröffnen im Welschdorf wieder Wirtschaften und mit dem "Tante Welschdorf" auch ein Laden.

Die Schuhu-Hexen zogen mit ihrem "Kämmerle" jedoch im vergangenen Jahr ins Schiltacher Städtle, sodass in Hinterlehengericht nun ein Vereinsheim ohne Vereine steht, in dem neben den Landfrauen nun auch der Trachtenverein Einzug gehalten hat.

Säckelmeisterin Claudia Hettich alias "Sprengmeister Bob" schneite direkt von den Felsarbeiten herein. Dabei wurde festgestellt, wie gefährlich die Lehengerichter leben. "Ständig haglet Felsmoggel de Hang ra, was do älles passiere ka. Drum wurde meine Firma engagiert, die Gitter am Berg fixiert", sagte sie. So ist das Lehengericht nachts vom Rest der Welt abgeschlossen, sodass die Hexen an diesem Abend von ihren geparkten Autos 1,3 Kilometer zu Fuß zurücklegen mussten. Dabei wolle der Sprengmeister keinesfalls im "Schwarzwälder Boten" lesen, dass unschuldige Hexen von einem "Felsmoggel" erschlagen wurden und versprach, bei den Arbeiten den Schuhufelsen unversehrt zu lassen. Bob lobte die rege Teilnahme an der Veranstaltung trotz verkehrstechnischer Widrigkeiten.

Einfach unbequem: Die neuen Strohschuhe sitzen nicht richtig

Bei Kerstin Broghammer und Marion Faißt-Girod "ging der Punk ab". Die beiden Punker von "unter der Stadtbruck" erzählten, was die Schuhu-Hexen "untenrum" tragen. Sie nahmen das neue, unbequeme Strohschuh-Modell "à la U-Boot famos" der Hexen aufs Korn und appellierten an die "Strohschuhbesorger". Die Strohschuhe wurden von einem Nummerngirl vorgeführt. In früheren Zeiten seien die Strohschuhe noch rund, bequem und schön gewesen. "Die Sohle aus Gummi mit Sissal verwebt und oben mit einem zart schwarzen Rand umnäht." So ging dies selbst bei künstlerischer Inspirationsfreiheit zu weit, die Schuhe beidseitig tragen zu können.

Es sei zur Künstlerfreiheit auch zu sagen, dass es unter den Hexen zum Trend geworden ist, Viehmarker für Schweine und Rinder "auf die Wangen zu schmieren". "So viel schöner scheint es zu sein, dass wir uns bei den Tierherden reihen ein." Die sei eines Uhus jedoch nicht würdig. Abschließend wurde die geringe Teilnahme außerhalb der Fasnet angeprangert.

Der Anatole mit Schiltacher Akzent "Türken-Loui", der zu einer festen Institution an der Lumpenfasnet geworden ist, begrüßte die Hexen mit "Merhaba". Er selbst bräuchte im Gegensatz zu anderen "Bruddlern" kein Geleit durch Securitys. Einige Jahre sei es ruhig um ihn geworden, doch bei Trump, "Mädele Greta" und Co. sei ihm nun der Geduldsfaden gerissen. So habe er seine ganze "Manneskraft" in den Bau eines Steinkreises im Garten investieren müssen. Seine Töchter seien leicht zu pflegen, doch würden sie eher ihre Finger auf dem Handy bewegen. Als Geschenk habe er nun außerdem einen neuen Schwiegersohn bekommen. Als Zugabe stimmte "Türken-Loui" ein türkisches Volkslied an und brachte die Menge zum Gröhlen.

Einen kleinen "Wohlauf" nach dem Wolfacher Vorbild hielt Michael Bartsch ab, da er den Eindruck hatte, einigen Hexen war ein Lichtlein aufgegangen. Er berichtete in lyrisch nobelpreisverdächtiger Weise von der diffizilen Anreise ins Hinterlehengericht, wogegen ein Flug zum Mars ein Kinderspiel sei. Er erwähnte das neue verzwickte Busanmeldesystem, welches für Verdruss sorgte und für das es bei Nicht-Funktionieren gar einen Videobeweis gab. So habe es sich zugetragen, dass sich ein Mitglied einer gewissen "Randgruppe" für den Bus abgemeldet hat, wo er doch gar nicht angemeldet war.

Weiter wurde die erste "Schuhu-Apfel-Hex" parodiert, die sich von zwei Vertreterinnen der Dunninger Holzäpfelzunft aus dem Konzept bringen ließ. "Eure Maske, so grün mit roten Bäckle, welch ein Plaisir, so ein Holzäpfel passt einfach auch zu mir." Kurzerhand wurde die Maske zum Schuhu-Häs anprobiert. Selbiges Mitglied der Hexentruppe fand dazu die Lösung, die neuen Strohschuhe geschmeidiger zu machen. "Die mach’ ich breiter, so oder so – die überfahr’ ich, mit Cabrio Peugeot." So trug es sich auch zu, dass zwei Vertreter der Hinterlehengerichter Hexen an einem Umzug zu Ordnern mit Warnwesten bestellt wurden und sich kurzerhand zur selbst ernannten Narrenpolizei erklärten. Es sei dahingestellt, ob es hier mehr um die Einhaltung der Häsordnung ging. "Die Anschnallpflicht im Bus haben sie sich auch noch zum Thema genommen, in Wahrheit wollten sie nur einigen Hexinnen nahe kommen."

Eine weitere Hexe schloss sich einer Ochsenzunft an und bekam zur Warnung von Bartsch eine Ochsenschwanzsuppe. Der "Busfahrten-Nachweisführende Vorstandsbeauftragte Reservierungs- und Platzvergabe-Berechtigte", wie Bartsch ihn nannte, bekam von Brigitte Lehman zum Dank für diese Aufgabe den "Goldenen Bus am Bande" überreicht.

Bei der Kostümprämierung gewann das Häs der Schuhu-Hexe. Weitere Plätze belegten Asterix und Obelix, die grüne Thekenhexe, Sprengmeister Bob, Kingkong und Pink Panther sowie die beiden "Vollpfosten", die den Bruddelbock bewachten.