Nach einem Monat Auszeit hat Oberbürgermeister Boris Palmer seinen ersten öffentlichen Auftritt. Die Tübinger scheinen sich zu freuen – nicht nur wegen des Freibiers.
Klack – Klack! Schon läuft das Bier. Und es läuft auch wieder bei Boris Palmer. Nach einem Monat der selbst auferlegten Auszeit – wegen seines N-Wort-Eklats bei einer Migrationskonferenz in Frankfurt – hat sich der Tübinger Oberbürgermeister zurückgemeldet. Genau genommen sogar fünf Stunden früher, wie er betont. „Denn sonst wäre das Fass auf dem Sommerfest zu geblieben“, sagt Palmer gut gelaunt. Und das will ja keiner.
Der Drei-Wochen-Bart hat sich zu einem gepflegten Vollbart ausgewachsen. Dass ihm die Kur, die er in den Alpen verbracht haben soll, gut getan hat, merkt auch Dietmar Kübler, der Organisator des Rummels auf dem staubigen Tübinger Festplatz. Im vergangenen Jahr hatte Palmer noch sieben Hammerschläge gebraucht. Jetzt klappt es in zwei. Das ist fast schon so gut wie Stuttgarts Frank Nopper.
Der OB als Popstar
„Ich bin immer gern ins Geschäft gegangen, kann aber auch ohne“, erklärt Palmer, als er am Nachmittag schon mal kurz im Rathaus vorbeischaut und einen Stapel mit dringenden Akten abarbeitet. Dass das Amt des Tübinger Oberbürgermeisters aber der schönste Beruf der Welt ist, merkt er wohl erst beim Gang übers Sommerfest, der standesgemäß mit einer Riesenradfahrt beginnt. Wegen des Regens rutschen die Antriebsräder durch. „Bin ich zu schwer“, fragt Palmer und muss noch einmal aus der Gondel. Zugenommen hat er also auch.
Gustav Kalbfell hält derweil ein Plakat in die Höhe. „Boris finde ich gut“, steht darauf. Jeden Freitag läuft der 69-jährige Reutlinger damit durch Tübingen. Diesmal ist er auf den Festplatz gekommen. Immer wieder klopft Palmer jemand auf die Schulter. Andere bitten ihn zum Selfie. Ein paar Jugendliche kreischen und rufen „Super Boris“. Natürlich meinen sie es nicht ernst, aber so ein bisschen eben doch – der OB als Popstar.
Vollgas beim Autoscooter
Am Autoscooter steht Altin Gasi mit seinen Kumpels. Der Palmer sei schon ok. „Der nimmt seinen Job ernst“, sagt der 19-Jährige. Aber dass er jetzt einen Monat weg war, habe er gar nicht mitbekommen. Was ein OB so mache, habe mit seinem Leben wohl doch nicht so viel zu tun. Doch da wird Altin Gasi schon wenige Minuten später eines Besseren belehrt. Palmer hat bei Kübler den Autoscooter klar gemacht. Honoratioren und Jugendliche stürmen in die Boxautos. Alle lachen. Palmer selbst vertraut sich den Fahrkünsten eines Zwölfjährigen an.
Auch der Medienauflauf ist groß – als ob der Bundeskanzler zur Regierungserklärung schreitet, wie Palmer witzelt. Alle wollten wissen, welches Fass er sonst noch aufmacht nach seiner Rückkehr von der selbst gewählten Strafbank. Aber da bleibt er brav. Auch zu seiner Auszeit sagt er nichts, er nennt nur eine Bibelstelle: Matthäus 7, Vers 16. „An den Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Mal sehen.