Bei ihrem Rottweil-Besuch 2009 war die Strahlkraft von Angela Merkel noch ungeschmälert. Archiv-Foto: Kienzler Foto: Schwarzwälder Bote

Aufreger: Rücktritt der Bundeskanzlerin als CDU-Parteivorsitzende beschäftigt die Gemüter sehr

CDU-Beben nach der Hessen-Wahl: Kanzlerin Angela Merkel will nicht nur umgehend den CDU-Parteivorsitz abgeben, sondern mittelfristig sogar ganz raus aus der Politik. Das Thema ist natürlich auch vor Ort in aller Munde.

Kreis Rottweil. Für den Vorsitzenden des CDU-Stadtverbands Oberndorf, Robert Häring, ist Merkels Angebot, auf den Parteivorsitz zu verzichten, der richtige Schritt. Das erst löse den Knoten, meint der langjährige Kommunalpolitiker, und biete eine Perspektive für die Zukunft der Partei. Die Kanzlerschaft von Merkel stellt Häring jedoch nicht in Frage.

Einen Seitenhieb teilt er noch in Richtung Horst Seehofer aus. Wenn der CSU-Vorsitzende sage, die Migration sei die Mutter aller Probleme, so sei Seehofer selbst der Vater aller Probleme. Aus Sicht von Robert Häring müsste der Bayer deshalb genauso konsequent sein wie Angela Merkel.

Günter Posselt, CDU-Fraktionsvorsitzender im Rottweiler Gemeinderat, konstatiert, dass es Zeit geworden sei für eine Veränderung in diesem "Amt auf Zeit". Schon nach der letzten Bundestagswahl habe er in diese Richtung nachgedacht, sagt der Rottweiler Kommunalpolitiker. Der Blick könne vor der Realität eben nicht verschlossen bleiben. Auch Volker Kauders Abwahl vom Vorsitz der Bundestagsfraktion passe ins zusehends von Forderungen nach Erneuerung geprägte Bild. Die bitteren Wahlschlappen hätten das Tempo dafür deutlich erhöht.

"Ich finde es sehr schade. Ich habe Angela Merkels Kurs immer unterstützt und ihre humanitäre Leistung nie infrage gestellt", sagt Brigitte Sum, Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Schiltach/Schenkenzell. Andererseits sei der Unmut an der Basis spürbar. "Mit ihrer Weitsicht hat sie den richtigen Schritt gemacht", sagt Sum daher. Sie könne Merkels Entscheidung nachvollziehen, bedauere diese aber dennoch.

Otto Ginter aus Aichhalden, jüngst für 50 Jahre in der CDU geehrtes Mitglied, findet den angekündigten Rückzug von Angela Merkel "sehr schade". Es gebe weder in der CDU noch in anderen Parteien jemanden, der ihr als Kanzlerin das Wasser reichen könne. Und auch für ihre Nachfolge als Parteivorsitzende sieht er niemanden, der geeigneter wäre. Er verstehe zudem, so Ginter, die derzeitige Unzufriedenheit in der Bevölkerung nicht, vor allem, weil es 90 Prozent der Menschen in Deutschland gut gehe.

Den Rückzug Merkels von der Parteispitze bedauert Andrea Kopp, Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Vöhringen, sehr: "Sie hat es immer gut gemacht und ein unwahrscheinliches Arbeitspensum geleistet." Ihr wäre es lieber gewesen, wenn Horst Seehofer seinen Rücktritt angekündigt hätte. "Sein Stil ist untragbar", fügt die Vöhringer Ortsverbandsvorsitzende hinzu. Sie würde es begrüßen, wenn wieder eine Frau den Parteivorsitz der CDU übernehmen würde, beispielsweise CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Andrea Kopp kann sich bei einem Neustart durchaus auch wieder neuen Schwung für ihre Partei vorstellen.

Ihr Parteifreund und Sulzer CDU-Stadtrat Robert Trautwein hält Merkel trotz aller Anfeindungen für eine Integrationsfigur. Insofern bedauert auch er ihren Rückzug. Es sei aber richtig, dass sie die Legislaturperiode als Kanzlerin noch beenden wolle. In Europa stehe Merkel für Ausgleich: "Das brauchen wir auch." Der Wandel musste nun eingeleitet werden, um "neuen Kräften Platz zu machen". "Ich habe Sympathie für Friedrich Merz", sagt Trautwein. Merz sei politisch nicht verschlissen, ein kluger Kopf und unkonventionell, sagt Trautwein zur Nachfolgerfrage. "Ich möchte Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel meinen Respekt und Anerkennung für 18 Jahre als Parteivorsitzende der CDU Deutschland aussprechen. Frau Merkels Entscheidung ist ein richtiges Signal an die Wählerschaft und an die Parteibasis. Die personelle Veränderung an der Parteispitze bietet die Chance, für die Zeit nach der Kanzlerschaft von Angela Merkel gerüstet zu sein. Die CDU ist die einzig verbliebene Volkspartei in Deutschland und hat die Kraft, aus dem eigenen Erneuerungsprozess heraus eine breit aufgestellte Mannschaft für die Zukunft zu präsentieren. Die neuen Impulse der Grundsatzkommission sowie die personelle Veränderung der Parteispitze bietet Chancen, die CDU für die anstehenden Herausforderungen aufzustellen", kommentiert Landtagsabgeordneter Stefan Teufel die Entwicklung.

Der Bezirksvorsitzende der CDU Südbaden, Andreas Schwab, fordert nach der Hessen-Wahl eine bessere Arbeit in der Regierung und innerhalb der CDU. Ein Weiter so dürfe es nicht geben.

Zum Verzicht der Bundeskanzlerin auf eine erneute Kandidatur als CDU Bundesvorsitzende erklärt Schwab: "Mit großem Dank und viel Respekt nehme ich die Entscheidung von Angela Merkel zur Kenntnis. Sie hat in den vergangenen Jahr viel für unser Land erreicht. Jetzt geht es darum, die CDU neu aufzustellen und um jede verlorene Stimme zu kämpfen."