Auch in Rottweil ist Nahrungsangebot für Füchse und Marder attraktiv. Friedhöfe, Kindergärten und Parks besonders beliebt.
Rottweil - Es ist spät in der Nacht am Nägelesgraben mitten in Rottweil. Kaum jemand ist auf der Straße. Bis auf einen vierbeinigen Gesellen, der vor dem Auto steht und augenscheinlich interessiert das Nummernschild liest.
Ohne Scheu springt der pelzige Passant Augenblicke später in eine nahe Hecke. Reinecke Fuchs ist auf der Pirsch.
Nach Auskunft von Kreisjägermeister Otmar Riedmüller hat die Zahl solcher Begegnungen in den vergangenen Jahren auch in Rottweil zugenommen. Die wilden Tiere drängen in die Stadt. Die heimlichen Neubürger haben selbst dicht besiedelte Bereiche der Städte als komfortablen Wohnsitz entdeckt.
Immer wieder werde die tierische Zuwanderung am Beispiel der großen Städten in den Medien beschrieben, aber auch im Kreis und in der Stadt Rottweil sei dies zu beobachten, so Riedmüller im Gespräch mit unserer Zeitung. Er nennt besonders Fuchs, Marder und Waschbär, die ihr Herz, oder besser, den Magen für die Stadt entdeckt hätten.
Nagende Marder im Auto nerven
Wie bitte, Waschbär? Sie seien da, bestätigt der Jäger, man sehe sie halt nicht. Dass ihre Zahl zunehme, bemerke man an den Streckenzahlen, das heißt an den erlegten oder in Fallen gefangenen Tieren.
Besonders Kindergärten, Friedhöfe und Parkanlagen seien bei den Tieren als Wohnort sehr beliebt. "Sie profitieren vom Nahrungsangebot in der Stadt", weiß Riedmüller. Komposthaufen im Garten, aber auch Mülltonnen sehen die Tiere als reich gedeckten Tisch. Sie hätten schnell gelernt, welche Nahrungsquellen für sie in der Stadt zu erschließen sind. Wenig Stress bei der Nahrungssuche, das macht den Einwanderern das Leben leichter. Da nimmt man als praktisch denkender Marder die Nähe des Menschen durchaus in Kauf.
Normalerweise verlaufe das Zusammenleben von Tier und Mensch völlig ohne Probleme, so Riedmüller. Allerdings sind selbst die tierliebsten Rottweiler genervt von nagenden Mardern im Auto oder lärmenden Jungtieren auf dem Dachboden.
Und die Tierchen wieder loszuwerden, ist gar nicht so einfach. "Schießen geht in der Stadt gar nicht", betont Riedmüller. Eine Falle wäre eine Möglich-keit, die man allerdings einem Jäger mit der nötigen Sachkunde überlassen muss. Auch die Verwaltungen können wegen lästiger Mitbewohner kontaktiert werden. Gegen die Auto-Enthusiasten unter den Mardern könnte ein Stück Maschendraht unter dem Fahrzeug helfen, so ein Tipp Riedmüllers.
Energisch rät der Kreisjägermeister davon ab, das possierliche Füchschen im eigenen Garten mit einem leckeren Happen ans Haus binden zu wollen. Das könne leicht nach hinten losgehen. "Wo ein Fuchs ist, sind schnell zwei oder drei. Man will ja nicht, das der vierbeinige Besucher seine gesamte Ver-wandtschaft nachholt", schmunzelt der Jäger.
Er warnt auch davor, mit einem Fuchs Freundschaft schließen zu wollen. Immerhin könnte er für den Menschen ein Gesundheitsrisiko darstellen. Riedmüller stellt allerdings auch klar: "Ein Fuchs hat in der Stadt eigentlich nichts zu suchen, er ist und bleibt ein Wildtier." Aber mancher Fuchs oder Marder scheint das ein bisschen vergessen zu haben. Für sie ist ein Komposthaufen mit einem Wurstzipfel obendrauf allemal attraktiver als der schönste Wald.