Landrat Wolf-Rüdiger Michel spricht bei einer Kreisumlage von 29,25 Prozentpunkten, die dem Landkreis von Städten und Gemeinden knapp 60 Millionen Euro in die Kasse bringt, von einem fairen Kompromiss, während vor allem aus den Reihen von Freien Wählern und FDP gemeckert wird. Beim Sozialetat des Landkreises wird für 2018 mit einem Anstieg um 10,7 Millionen auf knapp 69,3 Millionen Euro gerechnet. Foto: Pleul Foto: Schwarzwälder Bote

Kreisetat 2018Eigentlich sind sich fast alle bei allem einig: Doch das Thema Kreisumlage verlockt dazu, die Muskeln spielen zu lassen

Mit einem Programm, so groß wie noch nie zuvor, startet der Landkreis Rottweil bei einem Haushaltsvolumen von knapp 194,5 Millionen Euro ins Jahr 2018.

Kreis Rottweil. Für soziale Aufgaben, Straßenertüchtigung und ein weiteres Voranbringen der Beruflichen Schulen ist ein erheblicher Mittelbedarf reserviert, der über die Kreisumlage von den Städten und Gemeinden entscheidend mitfinanziert wird.

Nach 30,5 im laufenden Jahr sind für 2018 29,25 Prozentpunkte spruchreif geworden. Trotz der niedrigeren Abgabenquote steigt wegen der teilweise deutlich gestiegenen Steuerkraft der Städte und Gemeinden die Einnahme für den Landkreis aus dieser Quelle mit knapp 60 Millionen Euro immer noch um gut 4,5 Millionen Euro gegenüber 2017.

Das ist gut so, könnte man sagen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Ressourcenbedarf des Sozialetats beim Landkreis sich im kommenden Jahr insbesondere wegen der Flüchtlingsaufgabe um 10,7 Millionen auf knapp 69,3 Millionen Euro nach oben bewegt.

Die vor allem in der Fraktion der Freien Wähler zahlreich vertretenen Bürgermeister lassen über ihren Sprecher Thomas J. Engeser allerdings ausrichten, dass sie dem Planwerk nur zähneknirschend zustimmen können. Soll heißen: Man hätte es gerne gesehen, wenn – durch eine niedrigere Kreisumlage – noch einiges mehr in den Schatullen direkt vor Ort verblieben wäre.

Bei diesem "Streit ums Goldene Kalb" kann auch angesichts der erstmals in Form der Doppik absolvierten Haushaltsrechnung viel hin- und hergerechnet werden. Mit dem in ungewohnter Etatform präsentierten Plan 2018 scheint der eine oder andere am Ratstisch auch zu Spekulationen ermuntert zu werden, dass da der Kreiskämmerer zugunsten der eigenen Haushaltskasse so einiges schöngerechnet haben könnte.

Solche Ahnungen lassen den für seine ruhige Sachlichkeit bekannten Finanzdezernenten Gerald Kramer zwei mal schlucken. Dies wohl auch deshalb, weil der im Rahmen der Haushaltsberatungen in den vergangenen Wochen durchgekaute Kreisetat von den Ausschüssen weitgehend einvernehmlich abgesegnet wurde. Starken Worten zu oft subtil gehaltenen inhaltlichen Infragestellungen müssten bei Abstimmungen doch auch entsprechende Taten folgen, sagen sich Beobachter. Doch Nein-Sager gibt es dann doch nicht.

Steigender Personaletat ein Dorn im Auge, dennoch gibt es einhellig Zustimmung

So wird am Ratstisch bei Wortmeldungen zwar gerne zum von 30,377 auf 31,744 Millionen Euro ansteigenden Personaletat lamentiert – auch FDP-Sprecher Gerhard Aden ergreift diesbezüglich öfters mal das Wort. Von Kräften für die Asylbewerber-/Flüchtlingsbetreuung bis zur Einstellung eines Klimaschutzmanagers reicht das für weitere Stellen konzipierte Portfolio. Vor allem bei Freien Wählern und FDP wird wegen des zunehmenden Personaletats gehüstelt. Konkrete Stellen werden aber nicht in Frage gestellt.

Auf Nachfrage, ob der Haushalt tatsächlich mit unnötiger "Luft" versehen sei, versichert Kramer, dass bei der Planaufstellung der Aufgabenkatalog in den Fachbereichen akribisch abgefragt und die angegebenen Planerfordernisse bei den Ressortleitern nochmals gründlich hinterfragt worden seien. Der jetzt vorliegende Gesamtplan sei realistisch, beim Sozialetat sei ohnehin alles gesetzlich vorgeschrieben.

Bei den Haushaltsreden zum Kreisetat 2018 lieferte CDU-Fraktionssprecher Rainer Hezel am Montag mit einem Statement, das von den örtlichen Gegebenheiten bis zur Eruierung von sich aus der Weltpolitik ergebenden Chancen und Risiken für die Kommunen vor Ort reichte, wieder einmal eine Fleißarbeit. Er räumt auch ein, dass der Kreis Rottweil seit Jahren mit einer beachtlich niedrigen Kreisumlage unterwegs ist. So liegt 2017 (Kreis Rottweil 28,5 Prozentpunkte) der Durchschnitt im Land bei 31,45 Prozentpunkten.

Finanzdezernent verwahrt sich gegen Mutmaßung, im Etat sei unnötig Luft enthalten

FWV-Sprecher Engeser lobt, wie alle Redner, den ersten guten Schritt für die Breitband-Offensive. Er stellt auch fest, dass nicht bei allen Kommunen die Gewerbesteuern gleichermaßen sprudeln. "Manche Firma investiert angesichts der Hochkonjunktur in Neubauten", deutet er auf "ein Paradoxon", durch das bei entsprechenden Gemeinden Gewerbesteuerzuflüsse in der Gegenwart deutlich gebremster ankommen. Um – auch deshalb – den Gemeinden mehr Geld in der Kasse zu lassen ("Direkt vor Ort wird am effektivsten gewirtschaftet") könne der Landkreis ja auch an Grundstückserlöse denken, insbesondere durch den Verkauf des Areals hinter der Helios-Klinik für Wohnungsbau, meint der frühere Rottweiler Oberbürgermeister.

SPD-Fraktionssprecher Berthold Kammerer stellt seinen Haushaltsbemerkungen die Erkenntnis voran, dass der Kreis Rottweil gut dasteht und optimistisch in die Zukunft blicken kann, und diese Zustandsbeschreibung sich auch in einem Ranking "im ersten Fünftel der Republik" niederschlägt. Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse bleibe aber eine Daueraufgabe, sagt der Dunninger und präsentiert dazu gleich auch einen Antrag zur Entwicklung einer Strategie zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus.

Gleich wie Grünen-Sprecher Hubert Nowack ("Flüchtlinge ins Ungewisse zurückschicken darf nicht sein") und ÖDP-Sprecher Bernd Richter betont Kammerer ökologische Schwerpunkte wie die Förderung des ÖPNV. Dass die im Auftrag des Landkreises vielfältig tätige Stiftung Lernen-Fördern-Arbeiten mittlerweile tarifliche Entlohnungen gewährt, ist für Kammerer eine "mit großer Freude" registrierte Entwicklung.

Aden: Wegen sachlich-kritischer Nachfragen noch lange nicht fremdenfeindlich

Gerhard Aden war mit Verweis auf die Ausführungen seiner Vorredner bei seinem Etat-Statement schnell fertig. Neben der Feststellung, der Haushalt sei "wetterfest" machte er bezüglich der Interpretation öffentlicher Diskussionen zum Thema Asyl/Flüchtlinge aus seinem Herzen keine Mördergrube. Bei (seinen) kritischen Nachfragen, zum Beispiel zu von der Landkreisverwaltung geschlossenen Mietverträgen (Anmerkung der Redaktion: zur Hochzeit des Flüchtlingsstromes sorgte der Wohnraumdruck für teilweise sehr üppig ausgestattete Mietvereinbarungen), werde man ganz schnell der Fremdenfeindlichkeit bezichtigt, lässt der Landtagsabgeordnete das Kreistagsgremium genervt wissen.

Allein Bernd Richter stimmt letztlich gegen den Kreishaushalt 2018. Insbesondere, weil sein Credo, in guten Zeiten antizyklisch zu wirtschaften und deshalb in heutiger Zeit mit einer Nullverschuldung zu arbeiten, bei einer Kreditaufnahme von 2,3 Millionen Euro deutlich verfehlt wird. Der Kreditbedarf erhöhte sich kurzfristig um 800 000 Euro auf diese Größe. Ein Dachschaden im Alten Kreiskrankenhaus, in dem verschiedene Einrichtungen untergebracht sind, hat für den plötzlichen Nachschlag gesorgt.