Freud und Leid liegen dicht beieinander. Auch bei der Amtseinführung des neuen Landgerichtspräsidenten Dietmar Foth (Zweiter von rechts, mit Frau) ist das so. Minister Rainer Stickelberger (rechts außen) schaut verdutzt, während Rottweils OB Ralf Broß (links) und Landrat Wolf-Rüdiger Michel sich sehr gut zu amüsieren scheinen. Foto: Bienger Foto: Schwarzwälder-Bote

Dietmar Foth als Chef des Landgerichts Rottweil offiziell eingesetzt / Minister muss sich einiges anhören

Von Armin Schulz

Kreis Rottweil. Er ist ein erfolgreicher Kreisläufer. Vor Kurzem wurde er zum Vorsitzenden des Handballvereins HBW gewählt, gestern als Präsident des Landgerichts Rottweil offiziell begrüßt. Dietmar Foth pendelt zwischen Balingen und Rottweil, zwischen zwei Landkreisen. Das gelingt ihm scheinbar mühelos.

Es gibt Regeln, die bricht man besser nicht. Im Handball landet man ansonsten für zwei Minuten auf der Strafbank, im normalen Leben kann es gut sein, dass man die harte Gerichtsbank drücken muss – wenn nicht sogar noch mehr dazukommt. Und bei feierlichen Anlässen wie einer Einführung in das Amt des Landgerichtspräsidenten? Auch da gibt es einige Dinge zu beachten. Doch für Dietmar Foth, den neuen Chef am Landgericht, scheint dies nicht (immer) zu gelten.

In Balingen, seiner Geburtsstadt, kennt man den 57-Jährigen als streitbaren Bürger. In der dortigen Kommunalpolitik hat er als Stadtrat schon dem früheren Oberbürgermeister mit seinem scharfem Verstand das Leben schwer gemacht. Dem amtierenden Rathauschef geht es nicht besser. Foth bietet Paroli. Er gilt als Mahner, als einer, der den Finger in die Wunde legt. Sei es, dass er die Ansicht vertritt, die auf dem Rathaus seiner Heimatstadt würden das Geld zum Fenster rauswerfen, oder dass die Bürger zu wenig an wichtigen Entscheidungen beteiligt würden.

Das hat ihm freilich nicht geschadet. In Balingen ist er ein angesehener Bürger. Eben weil er etwas zu sagen hat, weil er sich ehrenamtlich engagiert, weil er da ist, wenn man ihn braucht. Ende November erst wurde er zum neuen Vorsitzenden des Vereins Handball Balingen-Weilstetten gewählt. Zu einer Zeit, in der andere angesichts der sportlichen Talfahrt des Bundesligisten dankend abgewunken hätten. Nicht so Foth.

Genau so hohes Ansehen genießt er in Justizkreisen. Obwohl oder vielleicht gerade weil Dietmar Foth auch hier kein Blatt vor den Mund nimmt. Wie gestern Nachmittag beim Festakt anlässlich seiner Amtseinführung im Jugendstilsaal des Vinzenz-von-Paul-Hospitals in Rottweil.

Foth befürchteteinen Qualitätsverlust

Sicher, es gibt gute Gründe, höflich und zurückhaltend zu sein und den anwesenden Minister nicht mit politischen Fragen zu konfrontieren. Der Vizepräsident des Landgerichts Wolfgang Reder weist in der Begrüßung darauf hin, um die Regeln mitunter dann doch geschickt zu umgehen. Das bekommt der anwesende Justizminister Rainer Stickelberger zu spüren. Reder fragt elegant, wie die Justiz denn das von der Landesregierung vorgegebene Sparziel von 39 Millionen Euro erreichen soll. Stickelberger muss darauf aber nicht antworten.

Das kommt jenem entgegen. Andere Antworten bleibt Stickelberger hingegen schuldig. Auf die Frage aller Fragen, wohin das neue Gefängnis denn jetzt hinkommt, weiß er nichts Neues zu berichten. Rottweil würde die neue Vollzugsanstalt gerne haben, seit Monaten, ja seit Jahren wartet man auf ein positives Signal aus Stuttgart. Aber Stickelberger sagt nur, eine zeitnahe Entscheidung werde bald kommen.

Das wird in der Stadt, die der Minister als historisch bedeutsamsten Standort eines Landgerichts bezeichnet, mittlerweile als alte Leier aufgefasst. Stickelberger erntet nicht nur beim Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß, der noch am Donnerstag einen Brief in Sachen Gefängnis nach Stuttgart losgeschickt hat, Kopfschütteln. Andere Gäste äußern am Rande der Veranstaltung ebenfalls Unverständnis über die Hinhaltetaktik des Landes und vermissen die von der grün-roten Landesregierung so gerne propagierte Transparenz. In Rottweil indes sieht man die Felle davonschwimmen.

Zurück zum Regelwerk einer Amtseinführung und den Möglichkeiten, es zu ignorieren: Nachdem Markus Schellhorn, der Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Tübingen, in seinem Grußwort daran erinnerte, das Justizwesen könne nicht nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten behandelt werde. Nachdem er betonte, wie wichtig die unabhängige Rechtspflege für die Demokratie ist. Und nachdem er vor einer "Zersparung" und "Zerstörung" der Jurisprudenz warnte, ist es an Dietmar Foth, weitere klare und klärende Worte zu finden.

Er sieht sich und seine Mitarbeiter vor große Herausforderungen gestellt. Er nennt die anstehende Notariatsreform und die angestrebte Einführung der elektronischen Gerichtsakte. Auf Papier zu verzichten, sei für viele nicht vorstellbar, so Foth.

Sorgen bereiteten auch die beschlossenen (Personal)-Einsparungen. Das sei nicht verkraftbar. Denn die Aufgaben würden zunehmen. Die Strafprozesse würden umfangreicher und komplizierter, doch Entlastungen an anderer Stelle seien nicht erkennbar. Foth sieht die Gefahr, dass die Qualität unter dem Druck zunehmender Aufgaben leidet. Er erinnert daran, dass die Politik die Rahmenbedingungen wahren müsse. Foth schwört seine Mitarbeiter darauf ein, an einem Strang zu ziehen und sich gegenseitig mit Wertschätzung zu begegnen.

Foth ist in Rottweil kein Unbekannter. Fünf Jahre lang, von 2003 bis 2008, war er Vizepräsident am Landgericht Rottweil, im Oktober kehrte er als dessen Präsident zurück. Seine Familie und er sind schon seit Jahren auf der Rottweiler Fasnet aktiv.

Dann wird es wieder höflich: Es geht zum gemütlichen Teil – mit Häppchen und dem einen oder anderen Gläschen. Überhaupt ist es eine sehr harmonische Veranstaltung, vor allem, da ein Blechbläserquartett der Stadtkapelle Rottweil mit Simon Busch und Volker Braun (beide Trompete) sowie Christine Bittner und Julian Könige (beide Posaune) die musikalische Umrahmung übernimmt. Stickelberger wird über den schönen Ausklang froh gewesen sein, blieben ihm so weitere Regelbrüche und unangenehme Fragen erspart.