Ministerien sollen nach Einsparpotenzial suchen. Justizminister: keine Zeitverzögerung bitte.
Rottweil - In der Landesregierung gibt es ein finanzielles Tauziehen um das Gefängnis, das in Rottweil gebaut werden soll. Es wird, wie berichtet, immens teurer. Allein der Standort Esch führt zu Mehrkosten von 18 Millionen Euro. Jetzt soll nach Einsparmöglichkeiten gesucht werden. Der Zeitplan solle indes eingehalten werden.
Grün gegen Grün und Schwarz versucht zu vermitteln. Das ist die landespolitische Dimension in der Auseinandersetzung darüber, wie die zu erwartenden höheren Kosten bei dem geplanten Gefängnisneubau in Rottweil im Gewann Esch gedrückt werden können.
Bürgerinitiative will Standortverlagerung
Konkret: Wegen des Standortes in dem sensiblen Bereich Esch verteuert sich der Bau um 18 Millionen Euro. Die Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" erwägt daher eine Standortverlagerung und stellt die Frage in den Raum, was wohl die baugrundliche Ertüchtigung des Standorts Stallberg (ebenfalls Rottweil) kosten würde. Dieser war aufgrund des Gipsvorkommens zuletzt nicht mehr berücksichtigt worden. Er war jahrzehntelang als Gefängnisstandort vorgesehen und gesellschaftlich und politisch in Rottweil am besten akzeptiert.
Während das von der grünen Ministerin Edith Sitzmann geführte Finanzministerium erstaunlich offensiv mit der möglichen Kostensteigerung um mindestens 62 Millionen Euro umgeht, versucht das Staatsministerium, genauer das Büro von Staatssekretärin Gisela Erler, zu beschwichtigen.
Staatsrätin: "Keine Kostenexplosion"
Die Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung (ebenfalls Grünen-Politikerin) war maßgeblich am Suchverfahren beteiligt und hatte versprochen, Anregungen und Wünsche der Bürger beim Bau des Gefängnisses zu berücksichtigen. Erler steht unter Zugzwang und bei den Rottweiler Bürgern im Wort. Anders das Finanzministerium, das rein die Kosten im Blick hat. Erlers Büro antwortete daher vor Kurzem der Bürgerinitiative Neckarburg ohne Gefängnis (wir berichteten exklusiv) etwas interessengeleitet: "Eine Kostenexplosion gibt es nicht. Denn es gibt gar keine gesicherte Kalkulationsbasis."
Das ist richtig und wiederum auch nicht. Gesicherte Zahlen gibt es in diesem Stadium des Vorhabens (der derzeitige Planungswettbewerb soll im Juni abgeschlossen werden) in der Tat nicht, aber es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass das Projekt deutlich teurer werden wird, als die zu Beginn prognostizierten 120 Millionen Euro.
Das geht aus jüngst erfolgten Antworten der Landesregierung an die Rottweiler Landtagsabgeordneten Stefan Teufel (CDU) und Gerhard Aden (FDP) hervor, die unserer Zeitung vorliegen und über die wir bereits in unserer Samstagsausgabe zum Teil berichtet haben.
Die Gesamtkosten liegen nach neuesten Schätzungen bei 120 Millionen Euro zuzüglich Zuschlägen von 44 Millionen Euro und standortbezogenen Kosten von 18 Millionen Euro, also bei gesamt 182 Millionen Euro. Auf Initiative des Justizministeriums von Guido Wolf (CDU) sollen die betroffenen Ressorts nun Einsparoptionen prüfen. Dabei soll es aber zu keiner Verzögerung des Vorhabens kommen und auch die vorgegebenen Mindeststandards sollen eingehalten werden, betont das Ministerium.
Info: Preistreiber
Standort Esch: Zum einen kommt es zu Mehrkosten (18 Millionen Euro) wegen des Standortes Esch, der mitten im Grünen liegt. Diese umfassen die öffentliche Erschließung, Sondergründungen einschließlich der notwendigen Erarbeiten sowie den Naturschutz.
Baukörper und Anlagen: Die Mehrkosten betreffen zum anderen den Bau selbst. Um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen, wurden strukturelle und bauliche Vorgaben entwickelt.
Das Projekt teurer machen demnach Anforderungen für die Außenmauer, Sicherheitszäume und weitere Sicherheitseinrichtungen sowie die vorgesehene Ausführung des Neubaus in Passivhausqualität und die Baustellensicherung (rund 44 Millionen Euro). Ziel ist es laut Koalitionsvertrag: "Moderne JVA-Architektur muss sich bestmöglich in die Landschaft einfügen und sich an den Zielen eines modernen Strafvollzugs orientieren."
Ausstattung: Mit Blick auf einen, auch im Koalitionsvertrag verankerten, stärkeren Resozialisierungsgedanken im Strafvollzug sind in der vollzuglichen Gebäudegestaltung kleinere Wohngruppen mit jeweils 15 Haftplätzen, eine Erhöhung der Haftraumgröße auf zehn Quadratmeter, ein barrierefreier Unterkunftsteil zur Unterbringung älterer Gefangener mit 75 Plätzen und ein Verkaufsraum des Vollzuglichen Arbeitswesens mit Räumen zur Begegnung im Erdgeschoss des Freigängerheims als Element der Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen.
Zudem wurden eine Aufwertung des Seelsorgebereichs und die Ausgestaltung der Sporthalle im Hinblick auf eine mögliche Nutzung durch städtische Vereine als Dreifeldhalle aufgenommen.