Forschung: Rottweilerin Nora Mehl beleuchtet in "O’Brain-Project" Ursachen von Übergewicht

Nora Mehl aus Rottweil arbeitet in Leipzig an einem spannenden Forschungsprojekt für Übergewichtige

Kreis Rottweil. Sich den kompletten Tag über mit dem Thema Essen zu befassen, ist für viele ein Traum. Für Nora Mehl aus Rottweil ist es Tag für Tag eine Herausforderung. Die 29-Jährige arbeitet derzeit am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und schreibt ihre Doktorarbeit. In dem Forschungsprojekt, das "O’Brain-Project" heißt, beschäftigt sie sich mit dem Essverhalten von Menschen, die etliche Kilos zu viel auf die Waage bringen. Bei dem Forschungsprojekt werden Trainingsmethoden entwickelt, die aus der Kalorienfalle führen.

Ein Beitrag über Nora Mehl und das Forschungsprojekt war jüngst im Focus (32/16) zu lesen. "Ich muss für unsere Probanden manchmal tagelang Fotos mit leckerem Essen raussuchen, da kann einem schon das Wasser im Mund zusammenlaufen, obwohl man gar keinen Hunger hat", sagt sie. Und damit sei man auch schon beim Problem. Heute werde man überall mit dem Thema Essen konfrontiert, überall gibt es riesige Werbeplakate mit überdimensionalen Burgern, Currywurst und Co. "Da kann nicht jeder widerstehen", weiß Nora Mehl. Essen finde heute nicht mehr nur aus Gründen des Überlebens statt. Gemeinsam mit der Neurowissenschaftlerin Annette Horstmann vom "Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum IFB AdipositasErkrankungen" arbeitet sie an dem Projekt.

"Wir beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven und betreiben sozusagen Grundlagenforschung", erklärt Nora Mehl. Es gehe um die Prozesse, die hinter dem Essverhalten stecken. Es werde auch untersucht, welche Veränderungen Essen im Gehirn auslöse. Für die Neurowissenschaftlerin Horstmann ist klar: "Essen beginnt im Kopf". Und genau deswegen müsse man die Prozesse erstmal erforschen, um dann hier ansetzen zu können.

Gründe, um zu essen gebe es viele. Neben dem echten Hungergefühl gebe es Essen aus Frust oder stressbedingt, aus Gründen des Genusses, oder weil einem einfach der Appetit kommt, wenn nebendran jemand isst, und, und, und...

Bei dem computergesteuerten Trainingsprogramm geht es darum, die Leute so weit zu bringen, dass sie sich per Joystick für die gezeigten gesunden Nahrungsmittel entscheiden und nicht für die kalorienreichen. Nora Mehl kann gut nachvollziehen, wie sich Übergewichtige fühlen. "Ich esse selbst unheimlich gerne. Und auch zu ganz verschiedenen Anlässen, nicht nur, wenn ich wirklich Hunger habe", sagt sie und betont, dass sie ein echter Genussesser sei. Aber dennoch stehe sie dem Essen kritisch gegenüber. "Ich achte darauf, ganz bewusst und nicht irgendwie nebenher zu essen", so ihr Tipp. Außerdem treibe sie regelmäßig Sport.

Viele Leute hätten das Problem, dass ihnen gar nicht bewusst sei, wie viel sie essen. Ganz wichtig sei es, auf die Signale des Körpers zu achten und diese richtig wahrzunehmen.

Nora Mehl ist in Rottweil aufgewachsen und hat ihr Abitur am Droste-Hülshoff-Gymnasium gemacht. Während ihrer Jugend war sie in der Leichtathletik aktiv. Sie bekam nach dem Abi ein Sportstipendium in den USA und studierte dort Psychologie und Soziologie und machte nebenher Leistungssport. Als sie nach Deutschland zurückkam, absolvierte sie ihren Master in Psychologie in Leipzig und wechselte dann an das Max-Planck-Institut. Hier arbeitet sie und schreibt ihre Doktorarbeit. "Es ist ein tolles Team hier. Und die Arbeit macht Spaß und Appetit", sagt sie lächelnd.