Volker Kauder kündigt seinen Rückzug an. Der langjährige Unionsfraktionschef hört zum Ende der Regierungszeit auf

Das ist ein Einschnitt in der politischen Landschaft der Republik: Volker Kauder, langjähriger Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion in Berlin, tritt bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr an. Das gab er auf einer Kreisvorstandssitzung bekannt.

Rottweil/Tuttlingen. Man hat es geahnt. Doch jetzt, wo Volker Kauder seine Entscheidung mitteilt, wirkt sie nicht nur in politischen Kreisen nach. Kauder, der seit 1990 den Wahlkreis Tuttlingen-Rottweil im Deutschen Bundestag vertritt, wird sich bei der kommenden Wahl nicht mehr für ein weiteres Mandat bewerben. Das gibt er auf einer gemeinsamen Sitzung der beiden CDU-Kreisvorstände Rottweil und Tuttlingen am Donnerstagabend bekannt, kurz nachdem er 70 Jahre alt geworden ist.

"In den vielen Jahren meiner politischen Tätigkeit habe ich sehr viel mehr erreicht als ich jemals gedacht hätte", sagt Kauder im Kreise seiner Getreuen. "Es war mir wichtig, dass die beiden Kreisvorstände dies als Erste erfahren." Sollte die Legislatur formgerecht zu Ende gehen, steht der nächste Urnengang im September 2021 an. Somit bleibe genügend Zeit, die Nachfolge in einem ordentlichen und einvernehmlichen Verfahren zu regeln, meint Kauder.

Er teilt seinen Beschluss fast auf den Tag genau ein Jahr nach seiner Abwahl als Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit. Es ist Ende September 2018 eine seiner schmerzlichsten Niederlagen, die er im Berliner Politbetrieb erleidet. Eine Niederlage, die er mit Fassung trägt, denn er weiß, politische Ämter werden nur auf bestimmte Zeit übertragen.

13 Jahre lang sitzt er der Fraktion vor. Sich so lange auf dieser Position zu halten, das schafft keiner vor ihm. Er ist der engste Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihre rechte Hand. Merkel gilt als die mächtigste Frau in Deutschland, Kauder lange Zeit als einer der mächtigsten Männer in der Republik.

Der Vorsitzende der CDU im Kreis Rottweil, der Landtagsabgeordnete Stefan Teufel, spricht von einer "Zäsur, die uns vor große Herausforderungen stellt". Doch welche Konsequenzen der angekündigte Rückzug Kauders für die CDU im Schwarzwald haben wird, darüber wird am Donnerstagabend in der Hirsch-Bierwelt in Wurmlingen (Kreis Tuttlingen) nicht gesprochen. Kein Wort über einen möglichen Nachfolger, der auch noch nicht in Sicht ist. Es überwiegt der Respekt gegenüber einem Mann, der seit fast 30 Jahren die Interessen seiner Heimat zuerst in Bonn, dann später in Berlin mit Geschick vertritt.

Für seinen Einsatz für verfolgte Christen erhält der CDU-Mann den Gregoriusorden

Er wird dies auch weiterhin tun, verspricht er seinen Parteifreunden bei Wurstsalat und Bier. Er wolle sich bis zum Ende dieser Legislaturperiode mit ganzer Kraft für die noch verbleibenden Projekte im Wahlkreis einsetzen. Er sagt, er sehe insbesondere für die Talumfahrung Schramberg (Kreis Rottweil) gute Chancen. Die Stimmung ist gelöst. Dazu passt, dass der Landes-Justizminister Guido Wolf (Tuttlingen) Kauder in einem Gedicht huldigt.

Kauder hat eine politische Bilderbuchkarriere hingelegt. Geboren in Hoffenheim (Rhein-Neckar-Kreis), kommt er über die politische Station in Konstanz nach Tuttlingen, übernimmt dort für viele Jahre den Kreisvorsitz und wird 1991 Generalsekretär der Südwest-CDU. Als Ministerpräsident Erwin Teufel 2005 zurücktritt, gibt Kauder dieses Amt ab. Er wird im selben Jahr Generalsekretär der Bundes-CDU und lässt sich im November erstmals zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wählen. Er sitzt nun an den politischen Machthebeln. In seinem Wahlkreis, in Tuttlingen, Rottweil, Oberndorf und Sulz, sind die Menschen stolz darauf.

Unermüdlich ist sein Einsatz für verfolgte Cristen in der ganzen Welt. Der gläubige Protestant erhält für sein Engagement im Jahr 2014 den von Papst Franziskus verliehenen Gregoriusorden. Es ist der höchste päpstliche Orden für Laien. In seiner Laudatio würdigt der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, Kauders Eintreten für Lebensschutz als "sichtbares Zeichen seiner christlichen Prägung und seines Gedankenaustausches mit katholischen Geistlichen zu Fragen unserer Zeit".

In zwei Jahren, wenn die nächste Bundesregierung gewählt und gebildet wird, wird Kauder nicht mehr dabei sein. Langweilig wird ihm nicht. Zurzeit arbeitet er an einem Buch, das das Christsein in der Politik beleuchtet.