Der 78-jährige Rolf Zähringer aus Rottweil sagt: "Es geht auch ohne Auto." Foto: Otto

78-jähriger Rottweiler ist bewusst auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen. "Ohne Auto lebt sich's besser."

Rottweil - Das Thema "Senioren am Steuer" hat in Rottweil in den vergangenen Wochen Wellen geschlagen – Auslöser waren mehrere Unfälle mit betagten Fahrern. Der 78-jährige Rolf Zähringer aus Rottweil sagt: "Es geht auch ohne Auto." Er hat seine Fahrerlaufbahn freiwillig beendet.

Nach der Debatte um Fahrer älteren Semesters – nicht zuletzt nach einer spektakulären Unfallfahrt einer 84-Jährigen in der Rottweiler Innenstadt – sprechen wir mit einem Senior, der sich ohne Auto nun "regelrecht befreit" fühlt.

"Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mit 75 aufzuhören mit dem Fahren", berichtet der Pensionär beim Gespräch in unserer Redaktion. Doch aus diesem Vorsatz wurde zunächst nichts. "Es war einfach bequem, ins Auto zu steigen – und ich bin ja auch sehr gerne gefahren." Doch dann erkrankte Zähringer schwer und erhielt in der Folge einen Schwerbehindertenausweis. Er besorgte sich die silberne Marke, die zur Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln berechtigt, und begann, sich mit Bus und Bahn fortzubewegen – und natürlich, viele Strecken zu Fuß zurückzulegen.

Batterie leer: "Das ist wohl ein Zeichen"

"Als ich dann eines Tages wieder das Auto nutzen wollte und es nicht mehr ansprang, weil die Batterie leer war, dachte ich: Das ist wohl ein Zeichen", sagt Zähringer. Er verkaufte sein Auto, vermietete seinen Tiefgaragenstellplatz – und vermisst nichts. "Endlich muss ich mich nicht mehr um Dinge wie Winterreifen, Tüv und Versicherungen kümmern".

Sein Vorteil ist freilich, dass er unweit der Rottweiler Innenstadt wohnt. Viele Strecken bewältigt er zu Fuß, auch solche, die nicht unbedingt ein Katzensprung sind – zum Bahnhof hinunter zum Beispiel. Für weitere Strecken nutzt er die öffentlichen Verkehrsmittel. Und er sagt: "Es fahren viel zu wenig Leute mit dem Bus." Wenn man sich ein wenig mit den Fahrplänen beschäftige, komme man schnell dahinter, versichert er. Dieses "einfach in den Bus setzen" genieße er auch, wenn er beispielweise irgendwo wandern ist und zurück zum Ausgangsort möchte.

Doch es gibt auch Einschränkungen, die ihm ein Dorn im Auge sind: Abends oder sonntags, wenn er kulturelle Veranstaltungen besuchen möchte, endet das Busfahrvergnügen, bevor es angefangen hat. Der Stadtbus fährt dann nicht, und eine Unternehmung wie ein Besuch bei den Sommersprossen-Konzerten im Saal des Rottenmünsters wird zum logistischen Problem.

Vorwurf: Nahverkehr zielt eher auf Schüler ab

"Dann muss ich ein Taxi nehmen oder jemanden fragen", bedauert Zähringer. Und Letzteres sei ihm nicht sehr angenehm. Auch einen Besuch bei einem der regelmäßigen Pensionärs-Treffen in Zimmern hat der ehemalige Lehrer bislang nicht geschafft. Abends um 20 Uhr nach Zimmern und wieder zurück – das sei ein schwieriges Unterfangen.

Er bemängelt: "Für Leute wie mich ist der öffentliche Personennahverkehr nicht eingerichtet, er zielt eher auf die Schüler ab." Seiner Ansicht nach würden womöglich mehr ältere Menschen auf Bus und Bahn umsteigen, wenn sich hier etwas verbessern würde.

Natürlich habe er Verständnis für Leute, die in kleineren Dörfern und Gemeinden wohnen, und die auch im Alter noch ihr Auto nutzen wollen, weil die Wege länger und die Verbindungen schlechter sind. Und er betont: "Ich habe viele Bekannte, die älter sind als ich, und sehr gut fahren."

Doch würde er sich selbst das Autofahren denn noch zutrauen? "Mittlerweile fehlt die Übung", sagt Zähringer. Und er habe durchaus auch bemerkt, dass seine Reaktionsfähigkeit nachgelassen hat. Ganz abgegeben hat er seinen Führerschein dennoch nicht. Und das wird er auch nicht tun. "Wer weiß, was ist, vielleicht muss ich bei meinem Sohn oder meiner Tochter mal unerwartet am Steuer einspringen." Dann werde er übernehmen – aber wirklich nur im Ausnahmefall.