Aus Existenzangst beging ein 35-Jähriger aus dem Kreis Rottweil innerhalb von vier Monaten 14 Straftaten. Sein Hauptziel waren vor allem Bankautomaten, die er unter anderem mittels Sprengung zu öffnen versuchte. (Symbolfoto) Foto: © Rawf8 – stock.adobe.com

Angeklagter verübt 14 Taten vom Diebstahl über Einbruch bis zur Brandstiftung. Arbeitslosigkeit motiviert 35-Jährigen.

Kreis Rottweil - Aus Existenzangst beging ein 35-Jähriger aus dem Kreis Rottweil innerhalb von vier Monaten 14 Straftaten. Sein Hauptziel waren vor allem Bankautomaten, die er unter anderem mittels Sprengung zu öffnen versuchte. Nun stand er vor dem Rottweiler Amtsgericht.

Sechs Diebstähle, ein Wohnungseinbruchsdiebstahl, Brandstiftung, sechs versuchte Diebstähle, Urkundenfälschung, versuchtes Herbeiführen einer Sprengung und mehrere Sachbeschädigungen - eine lange Liste an Straftaten für einen Bürger, der zuvor ein geradliniges Leben geführt hatte. Der Auslöser für all die Taten? Die kurzzeitige Arbeitslosigkeit des 35-Jährigen.

Keine Bezüge vom Arbeitsamt

Es fiel ihm vor dem Amtsgericht in Rottweil sichtlich schwer, sein Verhalten im Zeitraum von Dezember 2018 bis April dieses Jahres zu erklären. Richter Oliver Niefer interessierte sich aber brennend dafür, warum der Angeklagte so "außer Rand und Band" war. Die Ungerechtigkeit habe ihn aufgewühlt, meinte der Mann schließlich. Er sei immer ambitioniert gewesen, sich im Berufsleben zu verbessern. Ende 2018 kündigte er seinen Arbeitsvertrag, weil ihm ein besserer Job zugesichert worden war. Als er dort nach wenigen Tagen gefeuert wurde, kein Kündigungsschreiben bekam, und es daher auch keine Bezüge vom Arbeitsamt gab, startete er seine kriminelle Laufbahn.

Alles begann im Dezember 2018 damit, dass er bei einem Freund in Sulgen, der zu dieser Zeit im Urlaub war, einbrach und dort unter anderem eine Schreckschusspistole, ein E-Bike und Werkzeug entwendete. Sein Mandant habe das Diebesgut zurückgegeben, meinte der Verteidiger Wolfgang Hoppe. Zudem seien die beiden Männer inzwischen wieder befreundet.

Geplante Sprengung

Die nächste Tat war gleichzeitig der Beginn einer kleinen Serie und ereignete sich Anfang April. In Peterzell bohrte der Angeklagte ein Loch in einen Bankautomaten und wollte offenbar ein Sauerstoff-Propangas-Gemisch einleiten und anzünden, um den Automaten mit rund 127 000 Euro Inhalt zu sprengen.

Dies scheiterte, doch der Angeklagte ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Wenig später versuchte er dasselbe an einem Bankautomaten in Herrenzimmern - potenzielle Beute: rund 74.000 Euro. Doch auch dort klappte es nicht. Der 35-Jährige ließ lediglich einige Brandflecken und einen Sachschaden in Höhe von 1000 Euro zurück. Ein weiterer Versuch nach der gleichen Vorgehensweise scheiterte auch in Rötenberg. Wie er überhaupt auf die Idee der Sprengung gekommen sei? "Ich habe das auf Youtube gesehen", so der Angeklagte.

Gut eine Woche lang hielt er die Füße still. Dann wurde er wieder straffällig. Er betrat er eine unverschlossene Wohnung in Winzeln und entwendete unter anderem Werkzeug und ein Auto aus der Garage. Damit die Polizei ihm nicht auf die Schliche kommt, montierte er in Eschbronn und in einer Tiefgarage in Freudenstadt mehrere Kennzeichen ab und brachte sie am gestohlenen Fahrzeug an. Mit diesem fuhr er nach Birkenfeld (Enzkreis) und stahl dort mehr als 1000 Euro aus Büroräumen seines früheren Arbeitgebers.

Bankautomaten waren wieder sein Ziel

Als Nächstes waren wieder Bankautomaten sein Ziel, diesmal in Betzweiler mit einer anderen Taktik. Mithilfe eines Drahtseils, das er an der Anhängerkupplung des gestohlenen Wagens und am Ausgabeschacht des Automaten anbrachte, wollte er diesen aus der Verankerung reißen.

Er probierte es ebenfalls in Loßburg-Wittendorf, und versuchte am Automaten in Herrenzimmern erneut sein Glück. Der Versuch scheiterte jedes Mal.

In die Serie der Taten reihte sich der Aufbruch eines Bauwagens im Dunninger Gewann Eichwald ein. Aus diesem entwendete der Angeklagte Werkzeug im Wert von mehreren tausend Euro. Zudem trat er wenig später in Freudenstadt in Erscheinung, wo er das Schaufenster eines Motorgerätehandels einschlug und diverse Exemplare stahl.

Störung diagnostiziert

Die letzte kriminelle Handlung des 35-Jährigen war sein Versuch, den gestohlenen Wagen loszuwerden. In Flözlingen zündete er das Auto, das einen Restwert von rund 16.000 Euro hatte, auf einem freien Feld an, so dass es komplett ausbrannte.

"Mir ist einfach alles über den Kopf gewachsen", meinte der 35-Jährige. Er könne keine richtige Erklärung für die Taten liefern. Existenzängste hätten ihn geplagt. Seiner Partnerin gegenüber habe er sich nicht geöffnet, weil er sich selbst offenbar als Belastung empfand.

Psychische Probleme waren von einem Facharzt attestiert worden. Demnach leidet der 35-Jährige, der ursprünglich aus Ostdeutschland kommt, wohl unter einer ost-west-deutschen Anpassungsstörung und einer depressiven Verstimmung.

Eineinhalb Monate Untersuchungshaft bis er gestand

Der Ermittlungsbeamte der Polizei bezeichnete die Automaten-Aufbruchsversuche als "wenig professionell". Dank der Überwachungskameraaufnahmen und der Aussage eines Zeugen, der beobachtet hatte, wie das gestohlene Auto in Brand gesteckt wurde, war es zu drei Wohnungsdurchsuchungen bei dem 35-Jährigen gekommen. Dort hatte die Polizei Ende April das Diebesgut gefunden. Daraufhin saß der Angeklagte gut eineinhalb Monate in Untersuchungshaft, ehe er alle Taten einräumte.

In der Vergangenheit war der Angeklagte lediglich wegen kleinerer Vergehen auffällig. Seit einigen Monaten arbeite er wieder. Zudem hat er eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen. Zu seinen bisherigen Schulden in Höhe von 10.000 Euro kommen noch rund 19.000 Euro durch seine Taten.

Richter Niefer verurteilte ihn zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Es sei ein Grenzfall. "Mit dieser Strafe fahren Sie nicht schlecht." Er argumentierte mit der dilettantischen Ausführung, dem bis dato geradlinien Leben des 35-Jährigen und damit, dass die Taten innerhalb eines kurzen Zeitraums verübt wurden. Irgendwann habe der Angeklagte es offenbar – aus welchem Grund auch immer – nicht mehr geschafft, aufzuhören.