Wegen Raubes und Mordes an einer 66-jährigen Frau in Rottenburg muss sich ein 44-Jähriger derzeit vor dem Tübinger Landgericht verantworten. (Symbolfoto) Foto: M. Bernklau

Wie ein Puzzle setzt sich die Rottenburger Raubmordnacht vom 8. Januar am zweiten Verhandlungstag vor dem Tübinger Landgericht zusammen. Die Aussagen der Notärztin, die gerufen wurde, als die 66-jährige Frau Anfang des Jahres tot in ihrer Wohnung gefunden wurde, eines Kriminalhauptkommissars und des Gerichtsmediziners ergeben ein immer klareres Bild vom Opfer und von der blutigen Tat.

Rottenburg/Tübingen - Der 44-jährige wegen Raubes und Mordes Angeklagte sagt kein Wort am zweiten Verhandlungstag am Tübinger Landgericht. Der Tag beginnt mit der Notärztin, die am 8. Januar in das Mehrfamilienhaus in Rottenburg gerufen wird. Dort lebten das Opfer und auch der Angeklagte. Die Tübinger Notärztin wird allerdings lediglich gerufen, um den Tod der 66-Jährigen festzustellen.

"Als wir ankamen, kam uns schon die Besatzung des Rettungswagens entgegen. Sie hatten schon sichere Todeszeichen festgestellt", berichtet die Ärztin. In der Wohnung habe sie die Frau mit dem Rücken auf dem Bett liegend angetroffen. Eine bereits eingetretene Kieferstarre und Todesflecken ließen keinen Zweifel offen. Am Auge sei ein Hämatom zu sehen gewesen. Eine unnatürliche Todesursache durch Gewalteinwirkung war offensichtlich.

Rätselhafter Tatort

Der Tatort stellt sich zunächst rätselhaft dar. Zahlreiche Blutspuren findet die Kriminalpolizei in einem als Büro genutzten Zimmer. Ein Zeuge von der Spurensicherung berichtet von Blutspritzern am und um den Schreibtisch. Blutige Kleidung entdecken die Ermittler im Badezimmer. Trotzdem sei die Wohnung ordentlich und aufgeräumt gewesen. Keine Spuren eines Kampfes.

Was war also geschehen? Ein mit dem Fall befasster Kriminalhauptkommissar kennt die Hintergründe des Opfers: "Die Frau war eine ältere Dame, der Mann verstorben." Sie habe eine gute Rente gehabt, sei eher vermögend gewesen, habe aber sparsam gelebt. Mehr als 20.000 Euro Bargeld habe sie in ihrer Wohnung in Schränken, Schubladen, in als Bücher getarnten Tresoren versteckt gehabt. Geld, das der Täter aber nicht findet.

Stattdessen greift er die Frau in ihrer Wohnung an, fügt ihr mit Schlägen Verletzungen zu. Er nimmt dann wohl den Wohnungsschlüssel, das Handy und die EC-Karte des Opfers an sich. Eine dazu notierte PIN-Nummer wird später auf einem Zettel gefunden.

Als der Täter weg ist, kann die Frau ohne Telefon keine Polizei rufen. Stattdessen schreibt sie um kurz nach 22 Uhr eine E-Mail an die Sparkasse, in der sie mitteilt, dass sie überfallen worden sei und man ihre Karte sperren solle. Einem Freund schreibt sie: "Ich wurde von dem Typ aus dem EG überfallen und soll keine Polizei einschalten."

Der Kriminalhauptkommissar sagt: "Dann hat sie wahrscheinlich geputzt, die Kleidung entsorgt und ist ins Bett gegangen."

Täter kommt zurück

Wenige Stunden später geschieht die zweite Tat: Der Täter kommt zurück, aus Angst, die Frau könne doch noch zur Polizei gehen. Der Gerichtsmediziner stellt später bei der Obduktion einen gebrochenen Kehlkopf und den Tod durch Sauerstoffmangel fest. "Der Todeszeitpunkt muss zwischen 2 und 8 Uhr gelegen haben", sagt der Gerichtsmediziner.

Die Sparkasse verständigt am Morgen die Polizei. Den jetzt Angeklagten vernehmen die Beamten zunächst als Zeugen, nehmen ihn dann aber unter dringendem Tatverdacht fest.

Über den Angeklagten ist bisher nur wenig bekannt. Er habe eine ehemalige Lebensgefährtin und einen Sohn in Tschechien. Am kommenden Prozesstag, Donnerstag, 8. Juli, möchte er durch seine Dolmetscherin einen Brief verlesen lassen. Möglicherweise könne das Schwurgericht auch am Donnerstag schon zu einem Urteil kommen und damit das Verfahren um einen weiteren Verhandlungstag verkürzen.