Am häufigsten wird im Bereich Ernährung verzichtet. Foto: dpa

Von Aschermittwoch bis Ostern heißt es wieder Verzichten. Die meisten lassen Schokolade & Co. weg.

Region - Abends  auf dem Sofa liegen, die Chipstüte in der einen, die Colaflasche in der anderen Hand, Popcorn und Nachos beim gemütlichen Kinobesuch mit den Freunden teilen oder ein paar Bierchen in der Kneipe trinken. Für viele ist alle Jahre wieder von Februar bis April tabu. Denn dann sind wir wieder mittendrin in der  Fastenzeit.

Obwohl es scheint, als ob der »Fastentrend« rückläufig sei, hat einer Umfrage zufolge mehr als jeder zweite Deutsche schon einmal für mehrere Wochen verzichtet. 57 Prozent sagten in einer aktuellen Forsa-Studie im Auftrag der DAK-Gesundheit, sie fänden den mehrwöchigen Verzicht auf ein bestimmtes Genussmittel oder Konsum im Allgemeinen sinnvoll bis sehr sinnvoll.

In welchem Umfang und auf welche Art man fastet, ist dabei jedem selbst überlassen. Am häufigsten wird im Bereich Ernährung verzichtet. Fastenvorsatz Nummer eins dieses Jahr: weniger Süßigkeiten essen. Immerhin 62 Prozent der Befragten wollen darauf in den kommenden Wochen verzichten. Alkohol als Gegenstand des Fastens ist dieses Jahr zum ersten Mal nicht auf Platz eins. Nur 61 Prozent, beinahe zehn Prozent weniger als vergangenes Jahr, wollen den Durst erst einmal ohne Alkohol löschen. Und auch auf Fleisch verzichten  35 Prozent der Deutschen.

Was dem Körper im  Überfluss nicht gut tut, wird also einfach weggelassen. Einige nutzen die Fastenzeit  auch, um endlich den Ausstieg aus dem Raucherdasein zu finden. Und sogar  das geliebte Smartphone und den Laptop, auf die manch einer nicht einmal 24 Stunden verzichten könnte, legen andere für sechs Wochen aus der Hand.

Eine weitere Möglichkeit, die vor allem von Kommunen und Verkehrsbetrieben stark befürwortet und auch gefördert wird, ist der vorübergehende Verzicht auf das Auto – und damit das Umsteigen auf die öffentlichen Verkehrsmittel.

Kirchen rufen zum »Klimafasten« auf

Mehrere evangelische Landeskirchen hingegen rufen zum »Klimafasten« auf. Radfahren statt das Auto zu nehmen, die Wäsche auf 30 statt 40 Grad zu waschen und Leitungswasser statt Mineralwasser aus der Plastikflasche zu trinken, sollen die Umwelt schonen.  »Während des Klimafastens kann zudem jeder erleben, wie wohltuend und entlastend ein einfacher Lebensstil sein kann«, erklärt der Umweltbeauftragte der Nordkirche, Pastor Jan Christensen. 

Allgemein scheint der Verzicht auf Plastik dieses Jahr viele Menschen zu beschäftigen, das ist auch dringend nötig, denn jährlich fallen in Deutschland pro Kopf 37 Kilogramm Kunststoffmüll an. Um das zu vermeiden, wollen viele nun mit Jutebeutel und Einmachgläsern bewaffnet auf den Wochenmarkt ziehen. Aber auch im Bad lässt sich Plastik vermeiden. Etwa indem man sich mit einem Seifenstück statt mit flüssiger Seife wäscht oder eine Bambuszahnbürste anstelle einer Plastikzahnbürste verwendet.

Es muss allerdings nicht immer nur um Verzicht gehen. Manche nutzen die Fastenzeit auch, um sich bewusster mit sich selbst und dem eigenen Umfeld zu beschäftigen – Yoga oder Meditation können dabei helfen. Und auch einige religiöse Programme haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen durch die Fastenzeit zu begleiten und sie zu motivieren.

So auch das jährliche Projekt   der evangelischen Kirche. Es steht dieses Jahr unter dem Motto »Sieben Wochen ohne Kneifen« und soll als »Einladung zum Fasten im Kopf« verstanden werden. Dabei helfen sieben Themen für sieben Wochen. Alle haben ein Ziel: Erst zeigt sich Gott einem – dann soll man  sich zeigen. Seine Liebe, seine Fehlbarkeit, seine Werte, sein Mitgefühl und seine Hoffnung. Schlussendlich soll man sich Gott zeigen. Dabei helfen soll ein Kalender mit Zitaten und kurzen Geschichten.

Neben dem religiösen Fasten geht es außerdem  um weltliche Aspekte, wie das eigene Wohlempfinden. So nutzen die einen die Gelegenheit, um ihre fast schon vergessenen Neujahrsvorsätze doch noch einmal in Angriff zu nehmen. Andere betreiben es wiederum, um  den inneren Schweinehund zu überwinden, sich bewusster zu ernähren und so auch abzunehmen. Das war ganz sicher nicht der ursprüngliche Gedanke des Fastens, aber ist es deshalb verkehrt? »Gewicht zu verlieren ist nur ein, für manche angenehmer, Nebeneffekt. Wichtiger ist, sich darüber bewusst zu werden, wovon man abhängig ist – und sich davon frei zu machen«, sagt der Freiburger Erzbischof Stephan Burger. Warum man fasten sollte, ist für ihn ganz klar. »In unserer Überflussgesellschaft kann die Fastenzeit dabei helfen, Lebenseinstellung oder Lebenshaltung zu ändern.«
 

In Zeiten wie heute wichtiger denn je

Gewohntes infrage zu stellen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich frei von Zwängen und Konventionen zu machen, das ist in Zeiten wie heute  vielleicht wichtiger denn je.  In Zeiten, in denen »unerschrockene Debatten wieder dringend geboten sind und auch die Schwachen in unserer Gesellschaft gehört werden müssen«, heißt es von der Evangelischen Kirche Deutschland. »Dies hilft sich im Leben wieder neu zu justieren«, sagt auch Erzbischof Burger.