Seit dem Frühjahr ist groß über der Lederstraße zu lesen „Schrittgeschwindigkeit fahren. Fußgänger haben Vorrang“. Der Appell ist an Radfahrer gerichtet, die in der Vergangenheit oftmals regelrecht durch Leder- und Badstraße gerast sind.
Zu Fuß gemütlich durch die Lederstraße schlendern, ungestört stehen bleiben, um in ein Schaufenster zu schauen, nicht auf den Verkehr achten müssen. Eine Vorstellung, die in der Realität der vergangenen Jahre oft wie eine Seifenblase zerplatzte, wenn mal wieder ein Fahrradfahrer in einem Affenzahn an einem Passanten vorbeiraste.
Die Lederstraße ist Teil des Nagoldtalradwegs sowie des Heidelberg-Schwarzwald-Bodensee-Radwegs. Die Lederstraße ist – wie Teile der Badstraße – aber eben auch Fußgängerzone. Was Fahrradfahrer eigentlich dazu verpflichtet, von ihrem Gefährt abzusteigen und es zu schieben.
Regel wird erst ein Jahr lang getestet
Das Ergebnis einer Verkehrszählung im Jahr 2018 brachte allerdings ernüchternde Ergebnisse: Nur drei von 41 Radfahrer hielten sich an diese Regel. Der Bau- und Umweltausschuss der Stadt Calw beschloss daher 2020 – wenn sich ohnehin keiner daran hält – das Fahrverbot für Radfahrer aufzuheben. Allerdings unter der Bedingung, dass sie Schrittgeschwindigkeit fahren müssen.
Diese Regel wurde ein Jahr lang getestet. 2022 fiel dann die Entscheidung: Da die Fahrerlaubnis weder eine Verbesserung noch eine Verschlechterung der Situation gebracht habe, müssen Radfahrer auch künftig nicht mehr absteigen.
Damit sie aber deutlich daran erinnert werden, dass sie ebenso wie Autos in Schrittgeschwindigkeit zu fahren haben, wurden im Frühling dieses Jahres entsprechende Banner an dem Fußgängerübergang am Calwer Markt aufgehängt, von beiden Seiten gut sichtbar. „Bitte Schrittgeschwindigkeit einhalten. Fußgänger haben Vorrang“, steht dort in Bildsprache.
Ob die Banner etwas bewirkt haben? „Es ist eine Verbesserung eingetreten. Das konnte unser Gemeindevollzugsdienst bei seinen Streifen feststellen“, sagt Irene Stamer, Leiterin des Ordnungsamtes der Stadt Calw. „Vereinzelt kommen von Bürgern immer noch Beschwerden, über zu schnelle Radfahrer, aber nicht mehr so häufig, wie früher“, verkündet sie die guten Nachrichten.
Banner werden demnächst entfernt
Trotzdem werde das Banner demnächst entfernt. Aber keine Sorge – nicht dauerhaft. „Die Banner werden immer wieder angebracht“, sagt die Ordnungsamtsleiterin Stamer. Und was soll das Ganze dann? Schlicht und ergreifend wolle man damit Aufmerksamkeit erregen, erklärt Jan Hambach, Leiter der Stabstelle Strategie und Projekte bei der Stadt Calw, die Idee. Und ergänzt: „Wir bezwecken damit mehr Wirkung zu erzielen, als wenn das Banner dauerhaft hängt und dann nicht mehr wahrgenommen wird.“