Verteidiger Igor Licikas (links) spricht im Landgericht Freiburg mit dem Tatverdächtigen. Foto: Ralf Deckert

Ein Pfleger wohnte in Herbolzheim mit einem betagten Ehepaar unter einem Dach. Er wollte laut Staatsanwaltschaft Schmuck entwenden – und ging dann bis zum Äußersten. Nun steht er wegen Mordes vor Gericht.

Vor dem Freiburger Landgericht wird seit Freitag einem 26 Jahre alten Altenpfleger aus Polen der Prozess gemacht. Dem Mann wird vorgeworfen, vor einem Jahr in Herbolzheim (Kreis Emmendingen) eine 89 Jahre alte Frau aus Habgier ermordet zu haben. Der 26-Jährige war seit Anfang Oktober 2022 im Haushalt der Frau und ihres dementen, ans Bett gefesselten Ehemannes als häusliche Pflegekraft tätig, da die betagte Frau mit der Pflege ihre 91 Jahre alten Mannes nicht mehr alleine fertig wurde.

Pfleger hatte es wohl auf Schmuck abgesehen

Staatsanwalt Karsten-Nils Schwarz geht in seiner Anklage davon aus, dass der Pfleger es auf den Schmuck seines Opfers abgesehen hatte: Die Frau habe ihn am 25. Oktober erwischt, als er ihre Sachen in einem Koffer verstecken wollte. Um seine Tat fortsetzen zu können, habe der Mann die alte Dame daraufhin brutal geschlagen und ihr mehrere Stichwunden zufügt. Ihren Tod habe er dabei zumindest billigend in Kauf genommen. Allerdings hatte die Frau noch einen Notruf abgesetzt, bevor der Mann sie niederschlug: Als die Polizei nach einer Viertelstunde am Tatort ankam, versteckte der Tatverdächtige die verletzte Frau im Heizungskeller und versuchte, die Beamten abzuwimmeln. Diese blieben aber hartnäckig, fanden schließlich das Opfer und nahmen den Polen fest.

Trotz einer Not-OP verstarb die 89-Jährige wenige Tage darauf in einer Klinik an den Folgen ihrer schweren Kopfverletzungen: Mit seinen Schlägen hatte der Täter ihr unter anderem beide Augenhöhlen zertrümmert, mehrere Rippen gebrochen und Einblutungen am Kopf, im Gesicht, am Oberkörper und im Gehirn verursacht. Der 91-jährige Ehemann starb kurz darauf ebenfalls, bei ihm wurden allerdings keine Verletzungen festgestellt.

Der Mann war bereits einschlägig vorbestraft

Der Sohn der Getöteten tritt in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Nicht nur für ihn wird dabei neben der Klärung des Mordes an seiner Mutter auch die Frage zu klären sein, wie der damals 25-Jährige überhaupt bei seinen Eltern als Pflegekraft zum Einsatz kommen konnte: Der Mann hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach alte Menschen auf Pflegestellen bestohlen und war auch einschlägig vorbestraft. Vermittelt wurde er über ein Büro für Pflegekräfte in Polen und einen in Deutschland ansässigen Agenten. Dieser wird zu einem späteren Zeitpunkt in dem Prozess auch als Zeuge gehört und dann sicher beantworten müssen, ob er wusste, dass er einen vorbestraften Dieb als Pfleger einsetzte und ob er keinen Blick ins Führungszeugnis des Mannes geworfen hat.

Vorläufiges Gutachten: keine Einschränkung der Schuldfähigkeit

Zur Tatzeit war der Angreifer mit rund zwei Promille Alkohol im Blut stark betrunken und machte auf die Polizisten vor Ort einen verwirrten Eindruck. Ein vorläufiges Gutachten habe aber keine Einschränkung der Schuldfähigkeit ergeben, so Staatsanwalt Schwarz. Zu Beginn des Verfahrens ließ der Angeklagte über seinen Verteidiger Igor Licikas mitteilen, dass er sich im Verlauf des verfahren zwar zu seinem Werdegang, nicht aber zu den Tatvorwürfen äußern wolle: „Da sind einfach keinerlei Erinnerungen da“, so der Anwalt über die Verfassung seines Mandanten. Für den Prozess sind fünf weitere Verhandlungstage vorgesehen, das Urteil soll noch im Oktober ergehen.