Am zweiten Versammlungstag äußerte sich der Angeklagte zum Tatvorwurf. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der 27-Jährige beteuert am zweiten Versammlungstag, dass er in der Asylunterkunft in Sielmingen angegriffen worden sei, ehe er zustach. Ob ihm das Gericht glaubt, wird sich bereits am Donnerstag zeigen.

Im vergangenen November ist es in einer Flüchtlingsunterkunft in Sielmingen zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Männern gekommen, die derzeit das Landgericht Stuttgart beschäftigt. Im Laufe des Streits soll der 27-jährige Angeklagte achtmal mit einem Küchenmesser auf seinen Kontrahenten eingestochen haben. Der 25-Jährige verstarb noch vor Ort.

Während die Staatsanwaltschaft von Totschlag ausgeht, beteuerte der Angeklagte am zweiten Prozesstag, dass er in Notwehr gehandelt habe. „An besagtem Morgen wurde ich durch Hämmern an meine Tür geweckt.“ Es sei das spätere Opfer gewesen, das früher auch in der Einrichtung gewohnt hatte. „Er fragte, ob er bei mir im Zimmer schlafen dürfe. Ich war verärgert, schlug ihm die Tür vor der Nase zu und legte mich wieder hin.“ Zwei Minuten später habe der Mann, in dessen Blut später Alkohol und Kokain nachgewiesen wurde, erneut gegen die Tür gehämmert. „Zusätzlich beleidigte er meine Mutter und mich. Ich riss die Tür auf und fragte, ob er spinnen würde.“

Angeklagter sah sich im Recht

Was anschließend geschah, bedauerte der Angeklagte, der bei der Tat unter dem Einfluss von Cannabis stand, aber nichts getrunken hatte, am Montag vor Gericht. „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich in meinem Zimmer bleiben. Leider konnte ich das damals nicht. Ich sah mich im Recht und war wütend.“ Weil der 25-Jährige ihn mit einer Flasche bedroht habe, habe er zum Messer gegriffen. „Ich hatte damit gerechnet, dass er Angst bekommt und sich entfernt. Als er das Messer bemerkte, wurde er aber noch aggressiver.“

Er würde sich nicht trauen zuzustechen, soll sein Gegenüber gerufen und ihm zugleich mit der Flasche auf den Kopf geschlagen haben. Es sei zu einer Rangelei gekommen. „Ich habe zugestochen, um mich zu verteidigen.“ Doch der 25-Jährige habe ihn weiter attackiert. „Die Stiche zeigten keine Wirkung.“ Erst als der 27-Jährige, der bei seiner Festnahme eine Platzwunde an der Stirn hatte, seinen Kontrahenten aus dem Gleichgewicht brachte und dieser mehrere Treppenstufen hinunterfiel, soll er realisiert haben, was passiert sei. „Wie benommen bin ich in mein Zimmer gegangen. Wir hatten keine Probleme miteinander, waren eigentlich befreundet. Daher ist die Sache so tragisch. Ich kann mir sein Verhalten nur damit erklären, dass er ziemlich unter Alkohol- und Drogeneinfluss gestanden haben muss.“ Er sei ausfallend und aggressiv geworden.

Am Donnerstag, 22. Juni, wird der Prozess seinen Abschluss finden. Ab 9 Uhr stehen die Plädoyers und das Urteil auf dem Programm.