Zum britischen Vatertag veröffentlichte der Kensington Palace ein Bild von Prinz William mit seinen drei Kindern Prinz George (rechts), Prinzessin Charlotte und Prinz Louis. Foto: AFP/Kensington Palace/MILLIE PILKINGTON

Er ist erst fünf, aber schon der neue royale Liebling: Prinz Louis. Frech und immer für eine Überraschung gut – die britischen Medien inszenieren ihn schon als neuen Prinz Harry.

Vor ein paar Wochen, nach der Krönung, gab es in der einschlägigen britischen Presse Kritik: Prinzessin Kate, die Unfehlbare, Glamouröse, Perfekte, stehle ihrem Schwiegervater König Charles III. die Show. Bei „Trooping the Colour“, der traditionellen Geburtstagsparade an diesem Samstag, war es ein ganz anderer, der das Rampenlicht für sich beanspruchte: Einmal mehr war der fünfjährige Prinz Louis mit seinen wilden Gesten, Grimassen und seinem unverfälschten kindlichen Enthusiasmus für die ganze Veranstaltung der heimliche Star des Tages.

Der jüngste Sohn von Prinz William und Prinzessin Kate fuhr zusammen mit Königin Camilla, seiner Mutter und seinen Geschwistern Prinz George und Prinzessin Charlotte in der Kutsche bei der Parade mit. Fotografen hielten fest, wie sich der kleine Prinz die Nase zuhielt – wahrscheinlich beim Anblick der Pferdeäpfel, die die 200 Rösser, die an „Trooping the Colour“ teilnehmen, hinterließen. Später, beim „Fly Past“ der Flugzeuge der Royal Air Force, salutierte er auf dem Balkon des Buckingham Palace den vorbeidonnernden Maschinen. Die britische Boulevardpresse war entzückt. „Frecher Louis begeistert Fans bei Opas erster Trooping the Colour“, titelte der „Sunday Express“. Die „Daily Mail“ schwärmte, der Fünfjährige sei der geborene Charmeur.

Am Sonntag dann veröffentlichte der Kensington Palace, das Büro des Thronfolgers, neue Bilder der Wales’. Anlass war der Vatertag in Großbritannien. Auf einem der beiden Fotos umarmt Louis seinen Vater William lachend von hinten – seine älteren Geschwister lächeln nachsichtig zu dem Nesthäkchen hoch.

Es ist, als sei Louis Arthur Charles im zarten Alter schon auf die Rolle gebucht, die einst sein Onkel Prinz Harry bei den Windsors inne hatte: Die des Spaßvogels, des frechen Hofnarren, dem man einfach nicht böse sein kann. „Ohne Zweifel denke ich immer, wenn ich den kleinen Louis mit seinen zuckersüßen Grimassen sehe, an den wilden und kindlichen Prinzen Harry“, sagt Michael Begasse, der Royalexperte des Fernsehsenders RTL. Harry hatte über Jahre nicht nur bei seiner Großmutter, der inzwischen verstorbenen Queen Elizabeth II., einen Stein im Brett – auch die britische Öffentlichkeit hatte einen Narren an ihm gefressen. Entsprechend groß ist die Enttäuschung bei vielen Britinnen und Briten, dass der Prinz das Spiel Monarchie nicht länger mitspielen wollte.

Harry der Spaßvogel, William der Ernste – es war eine Rollenverteilung, die vor allem die Medien den Prinzen zuschrieben, die die beiden über Jahre aber auch zuverlässig wieder und wieder bedienten. Dass der jüngere Prinz mit seiner Rolle als „spare“ (in Anlehnung an den Spruch vom „heir and a spare“: einen Erben und einen Ersatz, sollte dem Erstgeborenen etwas zustoßen) ein Problem hatte, sich nicht ernst genommen fühlte, thematisierte Harry erst später, als er mit dem Königshaus schon über Kreuz lag.

Wiederholt sich dieses Narrativ nun in der neuen Generation der Wales-Kinder? Prinz George, die Nummer zwei der britischen Thronfolge, wirkt mit seinen neun Jahren deutlich bedächtiger als sein jüngerer Bruder. Schaut man sich die Drei an, scheint aber die achtjährige Charlotte diejenige zu sein, die unter den Geschwistern den Ton angibt. Sie maßregelt auch mal ihren älteren Bruder, wenn der bei der Nationalhymne nicht ganz formvollendet da steht – künftiger König hin oder her. Sogleich werden auch hier Parallelen gezogen: Zur „Princess Royal“ Anne, Charles’ Schwester, die nicht nur die Fleißigste der Windsors ist, sondern in der Familie auch über erhebliche Autorität verfügen soll.

Die Geschwister der Monarchen spielten in der Vergangenheit stets eine wichtige Rolle: Queen Elizabeth II. hing sehr an ihrer rebellischen Schwester, Prinzessin Margaret, die einen Teil der repräsentativen Aufgaben schulterte. Auch der jetzige Monarch teilt sich die Last der öffentlichen Auftritte mit zwei seiner drei Geschwister: „König Charles III. macht gerade vor, wie wichtig seine Geschwister Anne und Edward für ihn sind“, sagt Michael Begasse. „Und William wünscht sich garantiert auch, er hätte noch einen verlässlichen Bruder an seiner Seite.“

Was die Zukunft für Charlotte und Louis bringt? Der Adelsexperte glaubt, dass der Druck auf die Prinzessin größer sein könnte als auf den Jüngsten: „Je näher am Thron, desto weniger Privatleben ist möglich.“ Momentan genießt Prinz Louis mit seinen erst fünf Jahren sowieso noch viel Narrenfreiheit: Bei der Krönung seines Großvaters musste er nicht während der ganzen Zeremonie auf seinem Platz in der Westminster Abbey bleiben – im Gegensatz zu George und Charlotte. Vermutlich haben seine Eltern etwas gelernt aus dem vorigen Jahr, als Louis beim Umzug zum „Platinum Jubilee“ seiner Urgroßmutter Elizabeth II. irgendwann genug vom Stillsitzen hatte, sich auf seinem Sitz fläzte und seiner Mutter Kate sogar eine lange Nase zeigte. Die bewies vorbildlichen elterlichen Langmut und begegnete Louis’ Eskapaden freundlich, aber bestimmt.

William und Kate führen ihre Kinder behutsam an die repräsentativen Aufgaben heran, die sie in Zukunft erwarten. Das letzte, was sie wollen, ist, dass George, Charlotte und Louis schon in jungen Jahren die Lust an öffentlichen Auftritten verlieren. Ihre Kinder nehmen die Wales’ meist dann zu öffentlichen Terminen mit, wenn diese auch kindergeeignet sind und Spaß versprechen: Zum „Big Help Out“ zum Beispiel, der Freiwilligentag, der am Montag nach Charles’ Krönung stattfand. Da half die Familie Wales in Slough im Süden von England bei der Verschönerung eines Pfadfinderlagers. Der Termin war ganz nach dem Geschmack des kleinen Louis: Emsig flitzte er mit der Schubkarre hin und her, bediente zusammen mit seinem Vater die Schalthebel eines Minibaggers und röstete Marshmallows über dem Lagerfeuer. In diesem Zuge lernte die Öffentlichkeit auch den Spitznamen, den Kate für ihren Jüngsten hat: „Lou Bug“, Lou-Käfer.