Barbara Hebsacker, 57, unterrichtet seit über 30 Jahren in Sachen Musik. Foto: Birgit Heinig

Kinder brauchen die Musik für eine gesunde Entwicklung. Davon ist Barbara Hebsacker aus tiefstem Herzen überzeugt. Doch nicht erst seit der Coronapandemie sieht die Musikpädagogin die Versorgung gefährdet.

Seit über 30 Jahren unterrichtet die 57-Jährige in Sachen Musik. „Musik ist ein großer Schatz“, weiß sie, denn sie hat in ihrer Laufbahn als Sozialpädagogin mit dem Schwerpunkt Musiktherapie und als elementare Musikpädagogin mit der Musik als „Türöffner“ schon Zugang gefunden zu verhaltensauffälligen Jugendlichen, zu psychisch Kranken und zu Kindern in inklusiven Kindergärten.

2000 gründete sie mit ihrem Mann Markus in der Villinger Innenstadt die Musikschule „Musik im Zentrum“ (MIZ). Hier bringt sie Kinder im Alter von zehn Monaten bis sieben Jahren mit Musik in Kontakt.

Die musikalische Früherziehung, die Anleitung zum Tanzen, Singen und Musizieren, gilt in Fachkreisen als das Mittel insbesondere für die Entwicklung von Sprache, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit. Musik fördert die Feinmotorik und ist Gehirntraining: Neurobiologen haben sogar einen Zusammenhang zwischen Musikunterricht und der Bildung von Intelligenz nachgewiesen.

Wenn Musik fehlt

Was das Fehlen von Musikpädagogik anrichtet, dass erfährt Barbara Hebsacker zurzeit täglich. Nachdem MIZ während der Pandemie eineinhalb Jahre lang um das wirtschaftliche Überleben kämpfte, litten die Kinder unter sozialer Isolation, geschlossenen Spielplätzen, Singverbot.

Heute kommen zu ihr Fünfjährige, die sich nicht von der Mama lösen wollen, Kinder, die wegen Nichtigkeiten in Tränen ausbrechen oder die keinen kindlichen Bewegungsdrang verspüren. „Eine krasse Rückentwicklung“ muss sie feststellen. „Die Auswirkungen der Pandemie habe ich unterschätzt“, gibt Barbara Hebsacker zu.

Versäumtes nachholen

Inzwischen hat sie alle Hände voll zu tun, um das Versäumte aufzuholen. Die Nachfrage ist groß. Doch nicht nur die Pandemie sorgte für Stolpersteine in der Musikerziehung. Den Anfang machten der Ganztagsbetrieb der Schulen und der G8-Zug an den Gymnasien. Die Zeit für Musik wurde immer knapper. Dann kam das Virus. Heute ist es der Personalmangel an den Schulen und in den Kindertageseinrichtungen, der die Beschäftigung mit Musik in den Hintergrund drückt. An nicht wenigen Schulen gibt es keinen Musikunterricht mehr.

Bundesweites Autorenteam

Seit mehr als 20 Jahren bildet Barbara Hebsacker pädagogische Fachkräfte weiter, unterrichtet angehende Erzieherinnen und Erzieher an der Albert-Schweitzer-Schule und im Auftrag des Badischen Chorverbandes Grundschullehrkräfte, Sonderpädagogen und Chorleiterinnen. 2014 war sie gemeinsam mit ihrem Mann Teil eines bundesweiten Autorenteams, das das Buchprojekt „Alle Lieder sind schon da“ realisierte. Mit Hilfe des begleitenden Praxishandbuches können sich Kitas für die „Carusos“-Zertifizierung fitmachen, ein Zeichen für fachgerechtes und tägliches Singen – wenn denn dafür Zeit und Personal vorhanden ist.

Mittendrin

„Von Anfang an mittendrin“ heißt der Slogan der Musikschule MIZ. „Das leben wir“, sagt Barbara Hebsacker. Generationsübergreifendes Musizieren gehört dazu. Das äußert sich unter anderem in Familienkonzerten. Seit 20 Jahren musizieren unter der Leitung der Hebsackers Familien in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen in Altenheimen und Gemeindesälen, demnächst sogar in der Waldkulturscheune bei Pfaffenweiler. Arrangiert wird dabei auch, was instrumental eigentlich gar nicht zusammenpasst. „Das ist nicht nur ein musikalisches, sondern auch ein pädagogisches Konzept, das gibt es sonst nirgendwo“, sagt Barbara Hebsacker, selbst Mutter dreier musikbegeisterter Kinder, ein bisschen stolz.

Das aktive Musizieren im häuslichen Umfeld zu fördern, mit der Musik „Brücken zu bauen“ und ein „Kulturgut“ zu erhalten, das haben sich Barbara Hebsacker und ihr Mann Markus zur Lebensaufgabe gemacht.

Kita-Plätze fehlen

In Villingen-Schwenningen fehlen in diesem Herbst voraussichtlich 500 Kindergartenplätze. In der MIZ wird derzeit abgewogen, ob man dann alternativ weitere Vormittagsgruppen für die musikalische Früherziehung einrichten kann. Damit die Kleinen ohne Kindergartenplatz trotzdem „von Anfang an mittendrin“ sein können.