Innenminister Thomas Strobl weiß nicht, wann im Disziplinarverfahren gegen den Polizeiinspekteur entschieden wird. Foto: Simon Granville/Simon Granville

Weil der bei vollen Bezügen vom Dienst beurlaubte Inspekteur der Polizei eine Planstelle braucht, wird jetzt zunächst offenbar das reguläre Gehalt des Karlsruher Polizeivizepräsidenten gekürzt.

Der vom Dienst entbundene und beurlaubte Inspekteur der Polizei (IdP), Andreas Renner, blockiert die rechtskonforme Vergütung von Vizepräsidenten in den Polizeipräsidien des Landes. Das geht offenbar aus der in der vergangenen Woche ausgeschriebenen Stelle des Vizepräsidenten des Polizeipräsidiums Karlsruhe hervor. Dieser Dienstposten „ist nach Besoldungsgruppe B 2 bewertet. Eine freie und besetzbare Stelle dieser Besoldungsgruppe steht derzeit nicht zur Verfügung. Der Dienstposten kann daher nur bis Besoldungsgruppe A 16 besetzt werden“, heißt es in der Stellenausschreibung. Der Dienstposten war frei geworden, weil Amtsinhaber Hans Matheis in den Ruhestand ging. Die ebenfalls ausgeschriebene Stelle des Polizeivizepräsidenten in Heilbronn wird hingegen planmäßig nach der Besoldungsgruppe B 2 vergütet.

Renner besetzt eigentlich die nach B 4 besoldete IdP-Stelle – das wären 9477,42 Euro brutto. In diese Besoldungsgruppe wurde er allerdings wegen gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahren wegen sexueller Verfehlungen im November 2021 nicht mehr eingewiesen. Er erhält deshalb ungekürzte Bezüge nach der Besoldungsgruppe B 2 – 8457,55 Euro brutto. Unklar ist, warum Renner nicht weiterhin die Planstelle des Inspekteurs besetzt, sondern stattdessen auf die Stelle eines Vizepräsidenten in den Präsidien umgesetzt wird. Dem Vernehmen nach soll Renner bis zur endgültigen Entscheidung über seine polizeiberufliche Laufbahn rollierend auf frei werdende Vizepräsidentenämter der Präsidien geparkt werden.

Wofür wird das frei werdende Geld der Planstelle des IdP verwendet?

In der Polizei wird spekuliert, dass Renner deswegen von der Stelle des IdP genommen wurde, weil das damit verbundene Geld für die im Juli von Innenminister Thomas Strobl (CDU) geschaffene Stabsstelle für moderne Werte- und Führungskultur benötigt werde. Zu deren Leiter wurde der frühere Amtschef des Finanzministeriums, Jörg Krauss, benannt, das Amt des IdP abgeschafft. Das Ministerium äußert sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht zu dem Thema.

Unklar ist, wann das Disziplinarverfahren gegen Renner endet. Im Strafverfahren vor dem Landgericht Stuttgart war er zwar vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft lässt jedoch das Urteil in einem Revisionsverfahren vom Bundesgerichtshof überprüfen. Das kann bis zum kommenden Jahr dauern. Möglich ist es, dass die Richter entscheiden, dass das Verfahren neu verhandelt werden muss.

FDP-Frau Julia Goll: Völliges Missmanagement des Innenministers

Das Innenministerium teilte dem Parlament Anfang August auf Anfrage der Liberalen mit Verweis auf den Datenschutz im Fall Renner ganz allgemein mit, man könne Disziplinarverfahren abschließen, wenn es ein rechtskräftiges Strafurteil gebe. Man könne parallel dazu aber auch Bezüge um bis zu 50 Prozent kürzen. Die FDP-Innenexpertin Julia Goll sagt: „Sollte sich herausstellen, dass die Stelle des Polizeivizepräsidenten in Karlsruhe tatsächlich nicht mit dem vorgesehenen Statusamt besoldet wird, weil der suspendierte IdP seit anderthalb Jahren eine B2-Stelle blockiert, wäre das ein weiterer Beleg für völliges Missmanagement des Innenministers in der Landespolizeiführung.“ Das Problem IdP dürfe nicht weiter aufgeschoben werden, das Disziplinarverfahren müsse umgehend wiederaufgenommen, eine Kürzung der Bezüge geprüft werden. „Das Innenministerium hat seit Jahr und Tag diese Forderung mit Verweis auf angebliche rechtliche Unmöglichkeit vollmundig abgetan. Auf unsere Anfrage hin musste das Ministerium jetzt aber zurückrudern, und eingestehen, dass beides möglich wäre. Wie genau man die Situation in Bezug auf den Inspekteur einschätzt, will man gleichzeitig aber nicht mitteilen. Erstaunlich, hat doch Minister Strobl im Mai im Landtag ganz öffentlich erklärt, dass er sich aufgrund der Sachverhalte eine Rückkehr von des beurlaubten Inspekteurs nicht vorstellen könne. Das zeigt: Herr Strobl könnte – er will nur offenbar nicht.“

SPD-Mann Sascha Binder: Polizisten bekommen nicht, was ihnen zusteht

SPD-Mann Sascha Binder sagt: „Die Abschaffung der Stelle des IdP kommt andere Polizeibeamte teuer zu stehen. Gleichzeitig lässt der Minister das Disziplinarverfahren liegen. Der Inspekteur bekommt seine Bezüge und andere Polizisten bekommen deshalb nicht, was ihnen zusteht. Dass zentrale Stellen in unseren Polizeipräsidien nicht so besoldet werden können, wie sie es eigentlich sollten, geht auf die Kappe des Innenministers.“

AfD-Mann Hans-Jürgen Goßner: Schlag ins Gesicht für alle Bewerber

Hans-Jürgen Goßner von der AfD sagt. „Man kann nur hoffen, dass die ungewöhnliche Stellenausschreibung für den Dienstposten des Polizeivizepräsidenten in Karlsruhe nicht ihre Ursache in der Weiterverwendung des Andreas Renner hat. Sollten die Präsidien ihre frei werdenden Vize-Ämter auf unabsehbare Zeit für Renner reservieren müssen, wäre das ein Schlag ins Gesicht aller Bewerber, die sich ihre Beförderung redlich und ehrlich verdient haben. Das Versagen Strobls darf nicht auf dem Rücken nachgeordneter Beamten abgeladen werden. Offenbar denkt Strobl nicht im Entferntesten daran, seine Seilschaften aufzulösen. ‚Abou-Strobl-Clan’ scheint eine in die richtige Richtung gehende Bezeichnung zu sein.“