Ulrich von Kirchbach (von links), Thekla Walker, Hans-Werner Hölscher und Edgar Gimbel eröffnen stolz Deutschlands erste „Vino-PV“-Anlage. Foto: Ralf Deckert

Der Ingenieur und Nebenerwerbswinzer Edgar Gimbel hat für rund eine halbe Million in Freiburg Deutschlands erste „Vino-PV“-Anlage installiert. Zahlreiche Stimmen loben das Projekt als richtungsweisend.

Wenn Edgar Gimbel von den Widerständen redet, auf die seine Idee im Ortschaftsrat in Munzingen („Du verschandelst unsere Landschaft!“) zunächst gestoßen ist, kämpft er mit den Tränen: „Ohne den Rückhalt durch meine Familie hätte ich vermutlich aufgegeben“, so der Solar-Experte und Winzer. Aber am Ende hat er das Ding durchgezogen: Eine Rebfläche, überdacht mit lichtdurchlässigen Solar-Modulen . Die erste, die bundesweit installiert worden ist, bestätigt Thorsten Kuhlmann, der energiepolitische Sprecher beim Energieversorger Badenova in Freiburg, dessen Innovationsfond das Vino-PV-Projekt 2022 mit 150 000 Euro gefördert hat.

Insgesamt, so Gimbel, hat seine Anlage rund eine halbe Million Euro gekostet. Und sie kann Strom produzieren für 200 bis 300 Menschen, sobald sie ans Netz angeschlossen ist. „Zehn bis 15 solcher Anlagen, und wir können einen Ort wie Munzingen autark mit Strom versorgen“, so Michael Klein, Chef der Badenova-Tochter Wärmeplus GmbH, die als Partner bei Gimbels Anlage mitmacht.

Positive Effekte für den Anbau

Bis zur Munzinger Stromunabhängigkeit ist der Weg aber noch lang: in den kommenden drei Jahren werde man die Anlage in Munzingen wissenschaftlich begleiten und beispielsweise einen Blick werfen auf die Weinqualität, die dort unter den Sonnenkollektoren heranwächst, erklärt Weinbau-Ökologe Michael Breuer vom Weinbauinstitut in Freiburg. Auch Fragen der technischen Machbarkeit müsse man noch tiefer analysieren und beispielsweise klären, wo ein Anschluss der PV-Reben ans Stromnetz überhaupt wirtschaftlich durchführbar sei.

Schon jetzt zeichne sich aber ab, dass auch die Trauben von den Solaranlagen profitieren, zeigt Edgar Gimbel auf: Unter den Kollektoren haben die Trauben weder mit Sonnenbrand noch mit Pilzbefall zu kämpfen, vermutlich komme man in so einer Anlage perspektivisch auch mit weniger Pflanzenschutzmitteln aus als in vergleichbaren Reben ohne Solardach. Außerdem sind die Trauben gegen Hagel und Starkregen besser geschützt.

Vereinfachung der Bürokratie gefordert

Das kommt natürlich auch bei Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) gut an: „Wir haben im Land die ganze Palette der Folgen des Klimawandels hautnah erlebt in diesem Sommer“, sagte die Ministerin beim Besuch der Vino-PV-Anlage. „Wir müssen mehr einsteigen in die erneuerbaren Energien. Und gleichzeitig sparsam mit unseren Flächen umgehen.“ Eine „doppelte Ernte“ in Form von Strom und Wein, wie sie sich in Munzingen nun darstelle, sei daher zu begrüßen, zumal auch andere PV-Projekte im Obstbau am Bodensee ebenfalls positive Effekte auf die Qualität der überbauten landwirtschaftlichen Produkte erwarten ließen.

„Wenn wir die Lebensqualität unserer Region erhalten wollen, brauchen wir einen Pioniergeist, wie Edgar Gimbel ihn an den Tag legt“, ist auch Badenova-Chef Hans-Werner Hölscher überzeugt. „Die Vino-PV-Anlage ist extrem wichtig für unsere Region.“ Das findet auch Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach (SPD): „Zurzeit kommt in Freiburg fünf Prozent des Strombedarfs aus Solaranlagen. Unser Ziel sind aber 25 Prozent!“ Standorte wie die PV-Anlage in den Munzinger Reben seien da eine ideale Maßnahme.

Nun müsse die Politik in die Gänge kommen und die Bürokratie für den Bau solcher Projekte vereinfachen, sagt der badische Weinbaupräsident Rainer Zeller: „Der Weinbauverband steht voll hinter Edgar Gimbels Arbeit, ich habe großen Respekt vor seinem Projekt!“ Die Chance für die Winzer, mit ihren Rebflächen zusätzlich als Stromerzeuger Geld zu verdienen, sei bestechend.

Was die Vino-PV-Anlage kann

1600 Module
Die Vino PV Anlage in Munzingen produziert auf einer Fläche von 3200 Quadratmeter rund 300 000 Kilowattstunden Strom und spart 120 Tonnen CO2 ein. Sie ist mit 1600 lichtdurchlässigen PV-Modulen ausgestattet.

Weitere Planungen
Weitere Projekte sind beispielsweise in Ihringen/Breisgau-Hochschwarzwald, Riegel/Kreis Emmendingen und Oberkirch/Ortenau in Planung und Realisierung.