CDU-Chef Friedrich Merz verknüpft mit der Berufung von Carsten Linnemann (re.) zum neuen Generalsekretär die Hoffnung auf ein konservativeres CDU-Profil. Foto: Chris Emil Janßen/IMAGO

Angesichts der schlechten Werte für die Ampel müsste es für die CDU eigentlich gut aussehen. Aber es gibt erhebliche Debatten über die künftige Strategie. Die Christdemokraten in der heutigen Folge unseres Parteien-Checks.

In der CDU ist viel in Bewegung. Ein neuer Generalsekretär, bald ein neues Grundsatzprogramm. Aber es gibt auch einige alte und neue Probleme. Wir analysieren den Stand der Dinge zur Halbzeit der Legislaturperiode.

Die Lage

Oppositionszeiten sind im Selbstverständnis der CDU Ausnahmezeiten. Und tatsächlich war die Partei nach einer vollkommen verstolperten Bundestagswahl 2021 im Ausnahmezustand. Alle Hoffnungen ruhten auf Friedrich Merz. Er sollte als Parteivorsitzender und Fraktionschef in Personalunion nach 16 Regierungsjahren die havarierte Partei wieder flott machen. Ist das gelungen? Merz jedenfalls ist davon überzeugt. Er hat die Bundestagsfraktion zu einer kampfstarken Einheit geformt, die in wichtigen tagespolitischen Fragen – etwa bei Migration und Zuwanderung – eigenständige Konzepte präsentieren kann.

Er selbst zeigt sich im Bundestag als kompetenter Gegenüber des Bundeskanzlers. Er hat einen Debattenprozess angestoßen, der zu einem neuen Grundsatzprogramm führen soll. Gleichzeitig gilt: Merz macht Fehler. Seine Interview-Äußerung, mit der er eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene nicht mehr ausschloss, musste er wieder einkassieren. Mit ihr hatte er auch große Teile der CDU gegen sich aufgebracht. Der Schaden ist groß.

Das Problem

In der Partei ist zuletzt erhebliche Unruhe entstanden. Es macht sich Frustration darüber breit, dass die große Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die Ampel nicht zu einem wesentlich größeren Zuspruch für die CDU führt. Stattdessen muss die Partei mit ansehen, wie die AfD Rekordwerte erreicht. Wie sollen die Christdemokraten darauf reagieren? Genau auf diese Kernfrage der künftigen Ausrichtung der Partei gibt es keine einheitlich getragene Antwort.

Viele in der Partei mahnen, die CDU dürfe nicht in einen Überbietungswettbewerb mit den Nationalpopulisten eintreten, nicht ihre Themen stark machen, keine Kulturkämpfe lostreten. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sieht das so. Wüst bringt sich zudem als Alternative für Merz ins Spiel, wenn die Kanzlerkandidatur von Merz scheitern sollte. Auch das sorgt für eine neue Hintergrundspannung in der Partei. Friedrich Merz verfolgt einen anderen Kurs: Migration, Integration, innere Sicherheit – gezielt greift er, oft auch mit kräftiger Wortwahl, AfD-Themen auf. Die Spannbreite zwischen den verschiedenen Milieus wird innerhalb der CDU immer größer, und entsprechend schwerer wird es, die Gegensätze zusammenzuhalten.

Die Strategie

Friedrich Merz hat die Grünen als Hauptgegner ausgerufen. Eine Personalentscheidung hat seine strategischen Vorstellungen glasklar gemacht. Er hat Mario Czaja als Generalsekretär abgelöst. Czaja hatte seiner Partei empfohlen, in der Sozial- und Klimapolitik endlich wieder sprechfähig zu werden. Er vermied laute Töne und zugespitzte Aussagen. Nun hat der enge Merz-Vertraute Carsten Linnemann übernommen: ein Mann des Wirtschaftsflügels seiner Partei, der schon in seinen ersten Äußerungen plakativ formuliert. Konservative Profilierung als Programm. Friedrich Merz hat das kürzlich auf eine umstrittene Formel gebracht: Die CDU wolle die wahre „Alternative für Deutschland“ sein, aber „mit Substanz“.

Auf- und Absteiger

Natürlich ist Mario Czaja der große Absteiger. Er hatte die Aufgabe, die CDU nach der Bundestagswahl-Pleite wieder kampfstark aufzustellen. Zumindest in den Augen des Vorsitzenden ist er gescheitert. Merz hat mit Carsten Linnemann einen Nachfolger installiert, der auf Anhieb viel Sichtbarkeit entwickelt. Als eine Alternative zum Merz-Konzept bringt sich Hendrik Wüst immer mehr in Stellung. Und weil es für die CDU fundamental wichtig ist, in der Klimaschutzpolitik Glaubwürdigkeit zu entwickeln, wird Partei-Vize Andreas Jung ebenfalls immer wichtiger.

Parteiencheck: In unserem Parteiencheck nehmen wir die sechs größten Parteien Deutschlands unter die Lupe.