„Rechtswidriges Verwaltungshandeln“ wirft Waldmössingens Ortsvorsteher Reiner Ullrich der Schramberger Stadtverwaltung hinsichtlich einer Ergänzung zu einer nichtöffentlichen Vorlage des Ortschaftsrats vor. Foto: Wegner

Rechtswidriges Verwaltungshandeln wirft Waldmössingens Ortsvorsteher Reiner Ullrich der Stadtverwaltung Schramberg vor. Denn während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit wurden Zusätze zu einer Sitzungsunterlage für den Ortschaftsrat versandt, ohne ihn zu beteiligen, so sein Vorwurf.

Zwischen der Stadtverwaltung Schramberg, speziell Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, und dem Ortsvorsteher Reiner Ullrich in Waldmössingen, knirscht es derzeit heftig im Verwaltungsgetriebe. Schon vor wenigen Monaten hatte eine Differenz fast zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten geführt.

Die Stadt Schramberg will das alte Pfarrhaus der katholischen Kirchengemeinde St. Valentin Waldmössingen kaufen – unter anderem um dort auch dezentral Flüchtlinge unterbringen zu können. Indes Ortsvorsteher und Ortschaftsrat sehen dort aber auch einen Platz für Vereine – und, wie von der Stadt so nicht gesehen, auch mehr Platz für die Schule. Und so liegt ein intensiver interner Mailverkehr zwischen Stadtverwaltung und Ortsvorsteher über die Frage der Zuständigkeit vor. In dessen Verlauf wirft Ortsvorsteher Reiner Ullrich dem Fachbereichsleiter Allgemeine Verwaltung, Uwe Weisser, „rechtswidriges und verfassungswidriges Verwaltungshandeln“ vor.

„Die Frau Oberbürgermeisterin hat gegenüber dem Vorsitzenden des Ortschaftsrates kein Weisungsrecht und er ist somit in seiner eigenständigen Funktion als Vorsitzender nicht an Weisungen gebunden“, schreibt Ullrich jetzt mit Kopien an Ortschafts- und Gemeinderäte.

„Im Ermessen des Ortsvorstehers“

„Die Frau Oberbürgermeisterin kann nicht vorgeben, wie ein bestimmter Tagesordnungspunkt zu behandeln ist, vor allem kann sie nicht anstelle des Vorsitzenden handeln … Entgegen den Ausführungen des Herrn Weisser stellen die Vorlagen der Ortsverwaltung für eine Ortschaftsratssitzung kein Gemeinschaftswerk der Verwaltung dar, sondern sind ausschließlich in der Zuständigkeit des Ortsvorstehers. Stellungnahmen der Verwaltung können hinzugezogen werden, dies liegt dennoch im Ermessen des Ortsvorstehers.“

„Ausführungen und Korrekturen“

Weisser hatte – Ullrich vermutet „auf Veranlassung der Oberbürgermeisterin“ „Ausführungen und Korrekturen“ zur nichtöffentlichen Vorlage verschickt. Dabei verweist Weisser darauf, dass die Unterbringung von Geflüchteten im Stadtgebiet von grundlegender Bedeutung sei – „es existiert auch ein Beschluss des Gemeinderats, Geflüchtete in allen Stadtteilen unterzubringen – und deshalb kann es sich bei der Beratung im Ortschaftsrat Waldmössingen am Montag, 4. März, nur um eine Vorberatung mit einer Empfehlung an den Gemeinderat handeln, der abschließend beschließen wird.“

Was darf in Waldmössingen selbst beschlossen werden?

Dabei geht es auch um die Frage, wer über künftige Kosten für das Gebäude entscheiden kann. Sieht hier Weisser den Gemeinderat, verweist Ullrich auf einen Passus im Eingemeindungsvertrag, der die Bewirtschaftung des Budgets für den Stadtteil diesem selbst überlässt. Ullrich schreibt: „Die Zuständigkeit für die Nutzung des Alten Pfarrhauses liegt „expressiv verbis“ der Hauptsatzungsregelung beim Ortschaftsrat.“ Dazu verweist der Ortsvorsteher auf eine Stellungnahme eines Lehrbeauftragten der Hochschule Kehl, die er dazu eingeholt hat.

Ortsvorsteher sieht „Glatten Rechtsbruch“

Und fährt weiter Vorwürfe gegen die Stadtspitze auf: „Die am Montag vorgenommene Handlungsweise, unter Ausnutzung meiner krankheitsbedingten Abwesenheit, stellt ein glatter Rechtsbruch dar, denn der Ortsvorsteher trägt alleine die volle Verantwortung für ein einwandfreies Arbeiten des Ortschaftsrates in seiner unabhängigen Funktion als Vorsitzender der unmittelbar gewählten Volksvertretung Ortschaftsrat. Die vorstehend beschriebene Handlungsweise ist ein unzulässiger und rechtswidriger Eingriff in die geltende Ortschaftsverfassung ... Die Rechtsstellung des Vorsitzenden des Ortschaftsrates wurde vorsätzlich missachtet, zumal dadurch die Ortschaftsräte und Gemeinderäte den Sachverhalt nicht objektiv rechtlich vermittelt bekommen.“

Aufforderung „Missstände zu beseitigen“

Aufgrund eines Gesprächs vom Dezember mit dem Ältestenrat, „wende ich mich direkt an den damaligen Sprecher des Ältestenrates, Herrn Gemeinderat Neudeck, und bittet [ihn] … die von mir erkannten Missstände im Verwaltungshandeln, seitens der Oberbürgermeisterin und der Fachbereichsleitung 1 gegenüber dem Ortschaftsrat und dem Vorsitzenden des Ortschaftsrates zu beseitigen, damit ein verfassungskonformes und rechtsstaatliches Verwaltungshandeln bei der Stadtverwaltung Schramberg gewährleistet wird.“

„Organbeschwerde“ ins Gespräch gebracht

„Als Vorsitzender des Ortschaftsrates behalte ich mir vor, dem Ortschaftsrat zu empfehlen, kommunalverfassungsrechtliche Organbeschwerde bei der Rechtsaufsichtsbehörde einzureichen, damit verfassungswidrige Eingriffe in die Rechte des Ortschaftsrates sowie des Vorsitzenden künftig unterbleiben.“

Die Antwort der Verwaltung

Für die Stadtverwaltung Schramberg kündigt Uwe Weisser an, dass diese in der angesetzten Ortschaftsratssitzung am kommenden Montag für die Unterbringung von Flüchtlingen im früheren Pfarrhaus in Waldmössingen werben werde. 

An Rechtsaufsicht zur Begutachtung geben

Mit den Äußerungen des Ortsvorstehers zur Frage der Zuständigkeiten werde die Stadtverwaltung nach den Worten von Uwe Weisser und Stadtsprecher Hannes Herrmann "sachlich umgehen" und zur Begutachtung an die Rechtsaufsicht weiterreichen.