In Freudenstadt sind täglich viele Busse unterwegs. Wie bekommt der Kreis mehr Fahrgäste an Bord? Foto: Rath

Wie bekommt der Landkreis Freudenstadt mehr Gäste in Busse und Bahnen? Ein kostenloses ÖPNV-Ticket für das Wochenende jedenfalls wird es nicht geben.

Kreis Freudenstadt - Beim Thema Öffentlicher Personennahverkehr ist derzeit in der Region viel in Bewegung. Schiltach führt für ein Jahr ein kostenloses Schnupperticket ein, der Nachbarkreis Calw ebenfalls. Der Landkreis Rottweil geht jetzt einen ganz anderen Weg und will aus bislang acht Tarifzonen des Verkehrsverbunds Rottweil (VVR) drei machen. Außerdem stimmte der dortige Technische Ausschuss der Verbundfusion in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ab dem 1. Januar 2023 zu.

Angebot aus Rottweil

Mit den Nachbarverbünden – der Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (Naldo), die Verkehrsgemeinschaft Freudenstadt (VGF) und der Tarifverbund Ortenau (TGO) – sollen nun Gespräche für die künftige Übergangsregelung geführt und mit dem Landes-Verkehrsministerium abgestimmt werden.

In diese Gemengelage hinein platzte die Fraktion der Grünen im Freudenstädter Kreistag mit ihrem Antrag, nach Calwer Vorbild im Kreis Freudenstadt ebenfalls ein Jahr lang als Modellprojekt den ÖPNV am Wochenende kostenlos anzubieten. Den Verlust – der Kreis Calw rechnet mit einem Defizit von 270 000 Euro für seinen Versuch – müsste sich Freudenstadt trotz defizitären Haushaltsplans leisten können. Der Antrag scheiterte jedoch mit klarer Mehrheit, die sich dagegen aussprach. Sieben Räte von Grünen und Frauenliste stimmten für den Antrag, der Rest bei einer Enthaltung dagegen.

Die Kreisverwaltung hatte eindringlich empfohlen, den Antrag abzulehnen, und das nicht nur mit der Begründung, der Versuch koste den Landkreis Freudenstadt mindestens 450 000 Euro. Der Kreis subventioniere den Freizeitverkehr bereits mit 300 000 Euro pro Jahr, außerdem gebe es bereits ein Rabatt-Modell: Für 62 Euro im Jahr – Ehepaare zahlen 93 Euro – gibt es den "Freizeitpass", der zur kostenlosen Nutzung des Freizeitverkehrs berechtigt.

Vergleich kaum möglich

Um mehr Gäste in Busse und Bahnen zu bekommen, will das Landratsamt lieber das Geld im System lassen und stattdessen das Angebot weiter verbessern. "Der ÖPNV im Kreis Freudenstadt ist viel dichter als in Calw. Das lässt sich nicht vergleichen", so Landrat Klaus Michael Rückert. Außerdem habe der Landkreis viel vor: "Wir sind dabei, auf ein neues Nahverkehrskonzept umzusteigen, mit App, On-Demand-Verkehr und Mobilitätsgarantie für das gesamte Kreisgebiet", so Rückert. Außerdem wolle Freudenstadt das Modell des "Car-Sharing" – eine neue Form des Mietwagens-Konzepts – "massiv voranzutreiben". Dieses Angebot aufzubauen, koste viel Geld, verspreche jedoch langfristig mehr Erfolg als "ein Strohfeuer kostenloses Wochenend-Ticket". Rückert kündigte für das Frühjahr eine Sondersitzung des Technischen Ausschusses alleine zu diesem Thema an.

Die Diskussion:

Wolf Hoffmann (Grüne): "Kostenloser ÖPNV am Wochenende wäre eine klimapolitische Sofortmaßnahme. Zu teuer? Kann ich mir nicht vorstellen. Wir wollten es wagen."

Uwe Hellstern (AfD): "Das Land Baden-Württemberg will nächstes Jahr das 365-Euro-Ticket für Schüler und Lehrlinge einführen. Der Landkreis Freudenstadt wird dazu auch seinen finanziellen Beitrag leisten müssen."

Bärbel Altendorf-Jehle (Frauenliste): "Es wäre gut, wenn wir das Modellprojekt ein Jahr lang kostenlos ausprobieren. Derzeit ist es schon ab zwei Personen günstiger, das Auto zu nehmen, anstatt in Bus oder Bahn zu steigen."

Michael Franke (AfD): "Im Kreis Calw sind am Wochenende nur die Busse kostenlos, nicht die Bahnen. Aber auf vielen Strecken braucht man die Bahn, um von A nach B zu kommen. Man fährt dort also nicht kostenlos."

Stephanie Hentschel (FWV): "Ich und mein Mann nutzen das Freizeit-Ticket. Es kostet uns umgerechnet zwei Euro pro Wochenende. Studien zeigen, dass es im ÖPNV weniger auf den Preis, sondern auf gute Verbindungen ankommt."

Gerhard Gaiser (SPD): "Attraktivität des ÖPNV hat Vorrang. Wie wir das schaffen, ist eine Abwägungssache."