Auf dem Podium sitzen am Donnerstagabend im Oberndorfer Schwedenbau Thorsten Ade, Egon Kalbacher, Lothar Kopf, Moderator Bodo Schnekenburger, Joachim Knöpfel und Alexander Schiem (von links). Fotos: Danner Foto: Schwarzwälder Bote

Arbeiterwohlfahrt: Podiumsdiskussion im Schwedenbau / Forderung lautet: Politik muss reagieren

"Mangelware bezahlbarer Wohnraum – wer kümmert sich" – so war die Podiumsdiskussion, zu der die AWO in den Schwedenbau eingeladen hatte, überschrieben. Für Ortsvereinsvorsitzenden Hans Häckel war klar, dass man am Donnerstagabend keine Lösungen findet. Aber ins Bewusstsein der Menschen, vor allem der Politiker, soll das Thema rücken.

Oberndorf. Zumindest einer, der politisch tatsächlich etwas mit entscheiden kann, saß auf dem Podium: CDU-Stadtrat Thorsten Ade findet, Oberndorf habe bereits viel getan. Er verwies aber auch auf ein Modell der Kommune Freudenstadt. Dort habe man mit einem Investor einen Mietvertrag abgeschlossen, der sich für diesen – in Zeiten von unzähligen Bauvorschriften und hohen Baupreisen – rechne. Die Stadt vermiete die Wohnungen aber günstiger weiter. Für Ade ein gangbarer Weg.

Ob eine Kommune ein Defizit trage, sei eine politische Entscheidung des Gemeinderats, betonte der Erste Beigeordnete Lothar Kopf, der zugleich Geschäftsführer der Oberndorfer Wohnungsbaugesellschaft (OWO) ist. 190 Wohnungen sind im Besitz der Stadt. Die durchschnittliche Miete liege bei 4,65 Euro pro Quadratmeter, höchstens würden 6,50 Euro verlangt. Mit der Ausweisung von Neubaugebieten entzerre man den Mietmarkt zudem. Denn wer Eigentum beziehe, mache in der Regel eine Wohnung frei. Zudem betonte er, es müsse in der Diskussion zwischen bezahlbaren Wohnraum und Sozialwohnungen unterschieden werden.

Für Egon Kalbacher vom Kreisseniorenrat hat die Politik "total versagt" – und zwar auf allen Ebenen. Tagtäglich werde er mit älteren Menschen konfrontiert, die sich einen Umzug von einer großen in eine kleinere und barrierefreie Unterkunft nicht leisten können, weil diese viel zu teuer seien.

Das bestätigte auch eine Diskussionsteilnehmerin aus dem Publikum. Sie war übrigens eine von gerade mal zwei Mietern unter den 30 Gästen. In bestehenden Mietverhältnissen dürfen die Mieten laut Gesetz zwar nur begrenzt erhöht werden. Doch wer umziehen will oder muss, sehe sich mit vielen Mitbewerbern konfrontiert. Schlussendlich bekomme der die Wohnung, der bereit sei – zum Teil – völlig überhöhte Mieten zu bezahlen.

Ein Stichwort für Podiumsmitglied Joachim Knöpfel vom Deutschen Mieterbund Baden-Württemberg. Die Mieter müssen auf die Straße gehen, lautet seine Forderung. Zudem bedürfe es viel mehr gesetzlicher Regulierungen auf dem Markt.

Das sieht Alexander Schiem von der Wohnungsnotfallhilfe der AWO im Kreis Rottweil – zumindest teilweise – anders. Anstatt die Wohnungsbesitzer zu gängeln, müsste deutlich mehr Wohnraum in öffentliche Hand kommen. So könnte sich neben dem bestehenden freien quasi ein zweiter Wohnungsmarkt etablieren, der für Entspannung bei den Preisen sorge.

Schiem vertritt eine Klientel, die am äußersten Rand der Gesellschaft steht: die Obdachlosen. Zwar gebe es in der Spittelmühle und in betreuten Wohnplätzen auch für diese Menschen ein Dach überm Kopf. Wenn sie allerdings soweit seien, sich auf dem freien Markt eine Wohnung zu suchen, scheiterten diese Menschen oft, weiß Schiem. Daher müssten sie länger als nötig in den sozialen Zentren bleiben und belegten dort die Plätze, die für neue Notfälle gebraucht würden.

Einige, durchaus erstaunliche Zahlen hatte Moderator Bodo Schnekenburger im Gepäck. So leben im Land der "Häuslebauer" – Baden-Württemberg – nur 47 Prozent in Eigentum. Zum Vergleich: In Frankreich sind es 64 Prozent.

Fazit nach rund zweieinhalb Stunden Diskussion: Die Politik muss reagieren – auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Und um dies durchzusetzen und entsprechend Druck zu machen, biete sich ein Zusammenschluss der Betroffenen an – ähnlich wie bei den Demonstrationen für den Klimaschutz.