Johanna Stubenbrock überträgt die Musik ins Sichtbare. Fotos: Weber Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Abend für alle Sinne in der evangelischen Stadtkirche

"Bilder – Tanz – Poesie – Musik" waren die Schlagworte, unter denen ein Abend in der evangelischen Stadtkirche Oberndorf stand.

Oberndorf. Michael Link, der "Hausherr" an der digitalen Orgel, und Johanna Stubenbrock, die an der Musikhochschule Trossingen Rhythmik studierte und die Textbeiträge vortrug, hatten ein wohldurchdachtes Programm entwickelt. Dieses wirkte mit Brigitte Günthers großformatigen Bildern zusammen, die den Besucher schon vor dem Eingang begrüßten und unaufdringlich durch den gesamten Abend begleiteten.

Mit dem Präludium in C-Dur von Johann Sebastian Bach eröffnete Michael Link das Konzert; doch plötzlich war auch Johanna Stubenbrock – in schlichtem schwarzem Kleid, dessen einziger Farbtupfer ein breiter roter Gürtel war – mit dabei. Mit weichen, fließenden Bewegungen wird Bachs große Musik ins Sichtbare übertragen.

Monotonie des Regens

Nun begrüßte Xenia Werkmeister von den Orgelfreunden Oberndorf das Publikum, das die Stadtkirche doch recht gut füllte. Sie stellte auch die Bilder vor: florale Motive, Tanzende und Engel. Ein kleiner Hinweis, dass die Werke zu kaufen seien und Weihnachten vor der Tür stehe, war für das Wachsen des Kontos der Orgelfreunde gedacht.

Johanna Stubenbrock hatte für ihre Rezitation Gedichte von Elisabeth Borchers (1926-2013) ausgewählt. Im ersten Teil waren die Stücke dem Werk "Erde" entnommen. Manchmal nur kurze, vierzeilige Gedichte, doch immer bis ins Kleinste durchgebildet, wurden von ebenso durchdachten Improvisationen Michael Links unterstrichen.

Wenn er im Anschluss an ein Gedicht über Regen durch die vielfache Wiederholung des selben Tons die Monotonie des Regens andeutet, ist das mit den Gedichten Elisabeth Borchers eine Einheit.

In einem Solotanz, zunächst ohne Musik, zeigt Johanna Stubenbrock höchste Anspannung aber auch höchsten Genuss an ästhetischer Bewegung. Die einsetzende Klavierbegleitung war fugenlos auf den Tanz abgestimmt.

In einer zweiten Folge von Gedichten Elisabeth Borchers fesselte wieder die innige Übereinstimmung zwischen Wort und Improvisation.

Zwei Stücke aus dem Zyklus "Biblischer Tanz" von Andreas Willscher wurden von Johanna Stubenbrock und Michael Link in Szene gesetzt. Im "Tanz der Schulamit" (auch Sulamit) zeigt die Tänzerin wieder höchste Anspannung, um den fremdartigen Klängen, die Link der Orgel abverlangte, gerecht zu werden. Zu bewundern ist, wie eine so stimmige Choreografie entwickelt werden kann.

Das zweite Stück des Zyklus, der "Tanz um das goldene Kalb", wies in einem dichten Klangteppich ekstatische Töne auf. Johanna Stubenbrock verstand es, die totale Hingabe an den Götzen sichtbar zu machen.

Im "Norwegischen Tanz Nr. 2" von Edvard Grieg (1843-1907) ließ der Organist die fiktiven Tänzer zuerst gemessen schreiten, dann eine fast zügellose Lebenslust an den Tag legen, um sich wieder in einen gemäßigten Reigen einzureihen.

Ein Höhepunkt dieses Abends war die Kombination aus eingespielter Wiedergabe von "Jahreszeiten"-Texten Elisabeth Borchers’ in Kombination mit der Körpersprache Johannas Stubenbrocks.

Zum Dahinschmelzen

In diesem Zyklus "Jahreszeiten" steht unter anderem: "Es kommt eine Zeit, da nimmt’s ein böses Ende mit dem Schneemann. Er verliert seinen schwarzen Hut, er verliert seine rote Nase, und der Besen fällt ihm aus der Hand. Kleiner wird er von Tag zu Tag". Das Dahinschmelzen des Schneemannes derart in Bewegung zu fassen, war hinreißend.

Der abschließende "Blumenwalzer" aus Peter Tschaikowskis (1840-1893) "Nussknacker"-Suite, von Michael Link sorgfältig registriert und von Johanna Stubenbrock innig empfunden ins Sichtbare übersetzt, riss das Publikum zu einem Beifallsturm hin.

Xenia Werkmeister dankte Johanna Stubenbrock und Michael Link herzlich. Weiter lud sie alle ein, noch ein wenig zu bleiben, sich bei einem Getränk zu unterhalten und die sizilianischen Antipaste, die Carola und Enrico vom "La Bodega" vorbereitet hatten, zu genießen. Wahrlich ein Abend für alle Sinne.