Beschmierte Wahlplakate stoßen auf Unverständnis. Foto: Parage

Ob Abriss oder Graffiti: Plakatzerstörung trifft alle Parteien. Oft mit rechtsradikalen Parolen beschmiert.

Oberndorf - Die Landtagswahl ist noch lange nicht gelaufen. Aber in einem Punkt sind sich alle Parteien schon einig: im Kampf gegen Vandalen und Schmierfinken, die ihre Wahlplakate zerstören oder verunstalten – oft mit rechtsradikalen Parolen.

Für die Polizei ist der Plakatvandalismus Alltag: Allein an einem Wochenende wurden 40 gestohlene Plakate in Offenburg, 20 zerstörte Plakate in Schwäbisch Hall und 15 abgerissene Plakate in Sindelfingen (Kreis Böblingen) registriert. Anderswo im Land ein ähnliches Bild.

FDP-Landstagskandidat Gerhard Aden aus Rottweil riss schließlich genauso wie SPD-Kandidat Daniel Steinrode und seinem CDU-Mitbewerber Thomas Blenke (Kreis Calw) der Geduldsfaden. Alle drei erstatteten Anzeige gegen Unbekannt, weil ihre Wahlplakate vornehmlich mit rechtsradikalen Parolen oder Hakenkreuzen besudelt worden waren. "Bei rechtsradikalen Parteien hört bei mir der Spaß auf", machte Sozialdemokrat Steinrode aus Nagold seinem Ärger Luft. Auch in Sulz (Kreis Rottweil) vermutet Freidemokrat Aden wegen der aufgesprühten Parole "Wehrt Euch!" Schmierfinken aus der rechten Ecke am Werk.

Die Plakate der AfD sind von der politisch motivierten Zerstörungswut nicht ausgenommen – im Gegenteil: In Stuttgart waren ganze Stadtteile von den Wahlplakaten der rechtskonservativen Partei befreit worden. Die AfD, die das linke Spektrum hinter den Aktionen vermutet, plädierte gestern im Gemeinderat der Landeshauptstadt für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der sich der "beispiellosen Orgie von Plakatzerstörungen und -diebstählen" annehmen sollte. Über dieses Stöckchen wollten die anderen Parteien nicht springen. Sie lehnten den Antrag ab.

Auch in Wertheim (Main-Tauber-Kreis) machten AfD-Gegner Tabula rasa: Die komplette Wahlwerbung der Petry-Partei verschwand aus der Innenstadt. In Singen (Kreis Konstanz) sollen 80 Prozent ihrer Großplakate beschmiert oder zerstört worden sein.

Während die anderen Parteien den Rechtsweg beschreiten wollen, um die Täter ausfindig zu machen, hat der AfD-Kreisverband Emmendingen die Sache selbst in die Hand genommen und auf seiner Facebook-Seite eine "Prämie" ausgelobt für diejenigen, die Hinweise auf Zerstörer geben können – "300 Euro aus Spenden unserer Wahlkampfhelfer", wie der zuständige Sprecher sagte.

Auffällig ist für die Wahlkämpfer aller Couleur bei der Art der Zerstörung eines: eine Radikalisierung in der Wortwahl. Im Ostalbkreis ist jüngst ein SPD-Großplakat mit dem Wort "Volksverräter" übersprüht worden.

Eine Strafverfolgung oder Verhinderung des Vandalismus ist indes schwierig, weil – so der Pressesprecher der Stuttgarter Polizei, Stephan Widmann, "die Täter ja in der Regel keine Spuren hinterlassen." Die FDP in Pforzheim versuchte mit einer Plakatierung nach der Devise "Je höher desto besser" Zerstörer fernzuhalten. Vergeblich: Ein ganzer Stadtteil wurde "liberal" abplakatiert.