Mit der Erklärung der Bildtafeln entsteht eine Chronologie in Wort und Bild. Sie findet Aufmerksamkeit und Anerkennung. Foto: Holzer-Rohrer

Bochinger feiern Dorfgemeinschaft. Viel Engagement für Veranstaltung. Einstiges Manko wird zur Stärke.

Oberndorf-Bochingen - Wenn am kommenden Freitag der siebte Bochinger Biergarten seine Pforten öffnet, dann spricht dieses zehntägige Fest für ein beispielhaftes bürgerschaftliches Engagement.

Bedenkt man, dass man gerade mal sechs Jahre zurückblicken muss, um die Wurzeln dessen zu entdecken, was die Bochinger Bürgerschaft in diesem kurzen Zeitraum alles auf die Beine gestellt hat, dann lässt das aufhorchen.

Der Impuls resultierte aus der ersten Teilnahme am Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft". Mit Ausnahme der Kategorie "Bürgerschaftliches Engagement" war Bochingen in der Lage, hervorragend zu punkten. Angesichts einer Gesellschaft im Wandel und der anbrechenden Zeit knapper werdender Finanzmittel, wurde aber genau diesem Thema besondere Bedeutung zugemessen.

Was kann jeder ganz persönlich einbringen, dass es allen besser geht? Diese Frage nach der Lebensqualität quer durch alle Altersstufen gibt gleichzeitig auch die Antwort auf die Zukunftsfähigkeit einer Kommune.

Und darin lag dann auch die Vision von Ortsvorsteher Martin Karsten begründet, die ihn unermüdlich antrieb: "Viele im Einsatz für alle, für das Dorf, die Infrastruktur, den Wohlfühlcharakter." Im Zuge der Veröffentlichung des Bewertungstextes ging er dann gleich aktiv die Werbung für ein bürgerschaftliches Engagement an und legte den roten Faden an. Binnen kürzester Zeit fanden sich Interessierte zusammen, erstellten eine Projektliste und suchten Gleichgesinnte für bestimmte Aufgaben.

"Bürger für Bochingen" steckt an

Motor und Triebfeder blieb Karsten, der sich zum Ziel gesetzt hatte, beim 26. Landeswettbewerb 2017/18 wieder anzutreten, um für Bochingen auch in dieser Kategorie nun Punkte zu holen. Bereits am 8. Mai 2013 kam es zur Gründung des Vereins "Bürger für Bochingen", der den rechtlichen Rahmen für die Umsetzung der Projekte schuf. Schnell gelang es, die unterschiedlichsten Menschen anzusprechen, sie anzustecken, dort mitzuarbeiten, wo sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten einbringen können, sie zu motivieren, diejenigen Maßnahmen zu unterstützen, die ihnen persönlich am Herzen liegen.

Als Martin Karsten dann mit dem Vorschlag kam, ein zehntägiges Gründungsfest als "Biergarten auf dem Schafstallgelände" zu veranstalten, traf er mehr auf Skepsis als auf ungeteilte Begeisterung. Der Ausschuss des neuen Vereins zog jedoch mit, wohl auch, weil Karsten bislang stets das richtige Gespür für Dinge gezeigt hatte, die - anfangs meist kritisch beäugt - nach der Realisierung nicht nur positive Resonanz erfuhren, sondern auch zu Erfolgsgeschichten wurden.

Beispielhaft das Biergartenfest, dessen Reiz als Gründungsveranstaltung starken Nachklang fand und sich zwischenzeitlich zum Publikumsmagneten entwickelt hat.

Dieses Event wurde zum Gesicht des bürgerschaftlichen Engagements in Bochingen, weil in dieser Veranstaltung das größte Potenzial an ehrenamtlicher Arbeit steckt, und weil es den verbindenden Charakter zwischen allen Bevölkerungsschichten und das Zusammenwirken so vieler unterschiedlicher Menschen so deutlich hervorhebt.

Backhaus nicht mehr wegzudenken

Was 2012 noch als Manko im Wettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" eingeordnet wurde, fand schnelle, intensive und perfekt gesteuerte Aufarbeitung und führte 2018 zur Auszeichnung auf Regierungsbezirksebene. Die Hürde, die man sich selbst sechs Jahre zuvor gesteckt hatte, wurde bravourös genommen, denn das Ministerium für Ländlichen Raum sprach Bochingen einen Sonderpreis für "herausragendes bürgerschaftliches Engagement" zu. Im Würdigungstext der Kommission wird die Vereinsgründung, insbesondere aber die Aktivitäten, die dieser Zielsetzung dienen, als "spitze" bezeichnet. Das bürgerschaftliche Engagement werde gelebt nach dem Motto: "Was kann man als Mitbürger selbst für den Ort tun, damit es sich für alle gemeinsam gut leben lässt."

Wichtig seien Orte der Begegnung, des gemeinsamen Erlebens und Feierns. Das Biergartenfest beim historischen Schafstall erfülle nicht nur diese Kriterien im sozialen und kulturellen Bereich, sondern auch die Reinvestition des Gewinns in örtliche Bürgerprojekte werte das Dorfleben auf.

Der Bau des mobilen Backhauses zur Erhaltung der öffentlichen Backtradition in Bochingen zählt zu den ersten Bürgerprojekten, die zur Umsetzung kamen. Beim zweiten Biergartenfest wurde es in Betrieb genommen und ist aus dem Biergarten nicht mehr wegzudenken.

Am 18. Juli 2017 beendete die Wertungskommission ihren Ortsrundgang beim Schafstall, wo eine kleine Bild-Präsentation vorbereitet war. Aufmerksamkeit, Mimik, Gestik, Fragen und Aufzeichnungen der Mitglieder machten deutlich, wie angetan sie sich vom Engagement und der Motivation, von welcher diese Veranstaltung getragen wird, zeigten.