Bauprojekt: Inklusion in der Oberstadt soll auch ohne Café im Lebenshilfe-Wohnheim funktionieren

Das aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auf zwei Geschosse abgespeckte Bauprojekt der Lebenshilfe in der Wasserfallstraße war am Montag eines der Themen im Gemeinderat.

Oberndorf. Gleich mehrere Gemeinderäte äußerten ihr Bedauern über diese Entscheidung. Die Geschäftsführerin der Lebenshilfe Kreis Rottweil Heidemarie Hofmann-Princ und Architekt Jürgen Bauer erläuterten die Beweggründe. Nach einer Mitteilung des KVJS (Kommunalverband für Jugend und Soziales) an die Lebenshilfe, dass das Erdgeschoss nicht förderfähig sei und eine Erstinvestition von zwei Millionen Euro im Raum stand, von den Folgekosten für den Betrieb des Cafés und der ursprünglich geplanten Kaffeerösterei ganz zu schweigen, habe der Aufsichtsrat am 8. Juli entschieden, dass im Baukörper ausschließlich das solitäre Wohnheim für Rehabilitanten realisiert werden soll. Es werde dringend gebraucht. Geringe Restchancen wurden einer Aufstockung über dem zweiten Obergeschoss mit Wohnraum für externe Bewohner eingeräumt.

Dieter Rinker (Freie Wähler) hätte sich das Café als zwischenmenschliche Begegnungsstätte gewünscht. Er wollte wissen, inwieweit die Aufenthaltsmöglichkeiten für die Bewohner auf das Gebäude beschränkt würden. "Ist es ohne Café noch der richtige Standort, oder wäre das Wohnheim im Grünen besser aufgehoben?", fragte Thorsten Ade (CDU).

Beide Besucher erläuterten, es werde ein Mehrzweck- und Gemeinschaftsraum in der Gebäudemitte für gemeinsame Aktivitäten geschaffen. Die Anbindung an die Oberstadt bleibe ein wichtiger Aspekt der Inklusion. Von Corona-Sondersituationen abgesehen, gebe es keinen geschlossenen Bereich und völlige Barrierefreiheit. Deshalb würden die Bewohner nach draußen gehen und die Oberndorfer Angebote nutzen können.

Ruth Hunds (SPD) wollte keine Kritik üben, sondern die geänderte Entscheidung nachvollziehen. "Sie sind schon jahrelang am Planen. Daher verstehe ich den späten Einwand der KVJS nicht." Hofmann-Princ sagte, es habe keine schriftliche Fördermittel-Zusage seit den ersten Überlegungen 2016 existiert. Seither hätte ein Umdenken bei der KVJS bei der Umsetzung von Projekten stattgefunden.

Erste Bedenken wegen der Mehrkosten für die Schaffung eines Arbeitsbereiches für Bewohner gab es demzufolge schon im Frühjahr 2019. Hinzu kam der Dezentralisierungsgrundsatz nach dem Bundesteilhabegesetz, dass Wohnen und Arbeiten nicht an einem Ort vereint werden müssen. Nach drei Personalwechseln bei der Lebenshilfe innerhalb von zwei Jahren inklusive ihrer Person und einem großen Fragezeichen für Gastro-Betriebe seit Corona "sind wir ins Nachdenken gekommen", so Hofmann-Princ.

"Uns ist alles zur Belebung der Oberstadt willkommen, obwohl wir uns über diesen Begegnungsort für die Oberndorfer mit den Bewohnern gefreut hätten", betonte Bürgermeister Hermann Acker. Hans Häckel (SPD) bekannte, der Bau des Wohnheims in der Wasserfallstraße gefalle ihm besser als etwa auf dem Lindenhof. Ihn überzeuge das Konzept auch ohne Café, dessen Frequentierung durch externe Besucher fraglich gewesen wäre.

Auf Rückfrage erklärte Bauer, noch dieses Jahr solle das Baugesuch vorbereitet und die Zuschussanträge gestellt werden. Mit deren Zusage werde im März oder April 2021 gerechnet. Man gehe von anderthalb bis zwei Jahren Bauzeit aus. Der Gemeinderat folgte der Empfehlung des Verwaltungsausschusses und stimmte dem geänderten Baukonzept einstimmig zu.