Pfarrer Johannes Hartmann und seine Kollegen aus Tailfingen und Ebingen diskutierten mit den Kandidaten. Foto: Eyrich

Was dürfen Albstadts evangelische Kirchengemeinden vom neuen Albstädter OB erwarten oder erhoffen? Drei Kandidaten standen Rede und Antwort.

Alle suchen sie derzeit das Gespräch mit Vereinen, Schulen und eben auch den Kirchen – nachdem die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer in Ebingen und Tailfingen von den drei Bewerbern, deren Kandidatur schon seit längerem bekannt war, Terminanfragen erhalten hatten, beschlossen sie, ihre spärlich bemessene Zeit gut zu bewirtschaften, und luden gemeinsam alle Drei zu einer Gesprächsrunde mit sechs Geistlichen und drei Kommunalpolitikern ein.

Thomas Wenske, der vierte Bewerber, hatte, nachdem seine Kandidatur bekannt geworden war, noch eine Einladung per E-Mail erhalten, aber offensichtlich reichte die Zeit für eine Rückmeldung nicht mehr aus.

Matthias Ströhle (links) und Johannes Hartmann Foto: Eyrich

Diverse Fragenkomplexe wurden im Lauf des Vormittags angeschnitten, zu denen jeder der Drei sich zu äußern hatte. Dass die Zeitvorgabe – beinahe – eingehalten wurde, lag nicht nur daran, dass der auswärts angeheuerte Moderator, der Sigmaringer Pfarrer Matthias Ströhle, seinen Dienst an der Stoppuhr überaus gewissenhaft versah, sondern auch an der Natur dieses Wahlkampfs: Die Kandidaten scheinen in der Sache oft nicht besonders weit auseinander zu liegen. Entsprechend schwer fällt bei allem guten Willen die Suche nach den programmatischen Alleinstellungsmerkmalen; der Satz „Ich kann mich meinem Vorredner anschließen und mich kurz fassen“ fiel mehr als einmal.

Entscheidend ist der Weg

Pfarrer Christoph Fischer (links) und Markus Ringle Foto: Eyrich

Was nicht bedeutet, dass es keine Unterschiede gab – die Ziele ähneln sich, doch entscheidend, betonte Markus Ringle, sei der Weg. Sowohl er als auch Roland Tralmer und Udo Hollauer gaben die Devise „Gemeinsinn und Miteinander“ aus und wünschen sich gut durchmischte, heterogene Quartiere, deren Bewohner friedlich zusammen- und nicht nebeneinander herleben: „Weder Ghetto noch Villenviertel“ formulierte es Tralmer, und Ringle pflichtete bei, um sogleich zu betonen, dass die Ebinger Innenstadt von diesem Ideal derzeit weit entfernt sei.

Roland Tralmer Foto: Eyrich

Bei ihrer anstehenden Umgestaltung setzt er auf Transparenz und Bürgerbeteiligung mit langem Vorlauf – immerhin stünden spürbare Eingriffe in die Lebenswelt der Menschen an. Er war zwar bereit, Udo Hollauer, dem Ersten Bürgermeister, zu konzedieren, dass sich in dieser Hinsicht etwas in Albstadt getan habe, doch bleibe noch viel Luft nach oben.

Udo Hollauer Foto: Eyrich

Kein Fahrgeld für die Ebinger Tafel

Thema ÖPNV: Johannes Hartmann, der Pfarrer der Tailfinger Pauluskirche, sieht die Bedürftigeren seiner Gemeindeglieder im Nachteil gegenüber den Ebingern: Die Tafel sei weit weg, das Kauf-Wasch-Café weit weg und der Lidl angesichts der Kosten der Busfahrt am Ende doch die günstigste Option. Markus Ringle plädierte folgerichtig für einen enger getakteten, attraktiveren und billigeren ÖPNV und prophezeite, dass dieser sich dank steigender Fahrgastzahlen trotzdem rechnen werde. Udo Hollauer verwies darauf, dass der einheitliche Stadttarif nur zurückgestellt sei, Tralmer gab zu bedenken, dass es nicht nur darum gehe, die Stadtteilbewohner zu den Angeboten zu bringen, sondern ebenso die Angebote in die Stadtteile.

Pfarrerin Marlies Haist Foto: Eyrich

Die Kirchen sollen im Boot bleiben

Zu den Themen, welche die Kirchengemeinde unmittelbar betreffen, zählen die Kindergärten. Die zwei Tailfinger – Hartmann und Christoph Fischer – und die drei Ebinger – Thomas Soffner, Marlies Haist und Ilze Druvina – vernahmen mit Genugtuung, dass alle drei Kandidaten wünschen, die Kirchen mögen mit im Boot bleiben, sei es im Interesse der Angebotsvielfalt oder um der christlichen Werte willen. Dass die Zahl der Kindergartenplätze derzeit nicht ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen, wissen alle Drei; die Stadt plant, wie Hollauer anmerkte, auch einen neuen Großkindergarten in Onstmettingen und denkt über einen Sportkindergarten in Tailfingen nach.

Tanja Daus, Leiterin des evangelischen Familienzentrums Tailfingen, Pfarrer Thomas Soffner und Pfarrerin Ilze Druvina Foto: Eyrich

Mehr Wir-Gefühl täte Not

Die drängendste Frage blieb allerdings offen: Wo soll das Personal dafür – und für alles andere – herkommen? Wer immer nach dem 19. März Albstädter Oberbürgermeister ist, wird sich über seine gesamte Amtszeit hinweg mit dem Problem Fachkräftemangel konfrontiert sehen – und mit einer Schlange, die sich in den Schwanz beißt: Um attraktiv oder, mit Roland Tralmers Worten, „lebens- und liebenswert“ zu sein, braucht Albstadt Menschen; um Menschen anzulocken, muss es attraktiv sein – und dies zu allem Überfluss auch noch nach außen spiegeln. Mehr Wir-Gefühl, mehr Selbstbewusstsein, mehr Optimismus täten Not, auch darin sind sich die Kandidaten einig. Dass sie nicht von allein kommen, wissen sie auch.