Hans Pfarr ist unermüdlich im Kampf gegen Polio. Foto: Schwarzwälder Bote

In Nusplinger Gemeinde ist jetzt das Sammelfieber für eine Welt ohne Polio ausgebrochen

Nusplingen. Plastikdeckel können im Kampf gegen Kinderlähmung eine wichtige Rolle spielen. Wie ein gutes Beispiel sprichwörtlich Schule machen kann, zeigt jetzt die Gemeinde Nusplingen. Rot, blau, grün, gelb – die Rede ist von Plastikdeckeln von Getränkeflaschen, die Schulen, Kindergärten, Firmen, Privatpersonen im Landkreis im Kampf gegen die Kinderlähmung emsig sammeln.

500 von ihnen erbringen durch Recycling und Spenden die Kosten für genau eine Polio-Impfung, denn die Kunststoffe, die zur Produktion verwendet werden, sind hochwertig.

Grund genug für den Rotary Club Ebingen-Zollernalb und seine Jugendorganisation Rotaract, die Sammelaktion weiter voranzutreiben.

In Nusplingen war es der Elternbeirat der Kallenbergschule, der zur Teilnahme anregte. Die Grundschüler waren sofort mit Feuereifer dabei, genauso deren Eltern. Zwischenzeitlich hat sich die gesamte Gemeinde vom Sammelfieber anstecken lassen. Abgabebehälter zur Aktion "500 Deckel für ein Leben ohne Kinderlähmung" stehen unter anderem im Schul- und Kindergartenzentrum, in örtlichen Läden und im Rathaus-Foyer.

Ein Schneeball-Effekt, wie Hans Pfarr weiss – noch dazu in der Adventszeit. "Es ist so schön zu sehen, wie Kinder sich für andere Kinder einsetzen", freut er sich. Pfarr koordiniert als Botschafter für Rotary deutschlandweit die Polio-Kampagne. Täglich ist er dafür im Einsatz, sitzt am Computer, schreibt Newsletter, knüpft Kontakte, führt Telefonate. Das Programm "End Polio Now" ist für ihn längst zur Herzenssache geworden.

In Nusplingen sind Lehrer und Eltern angetan davon, mit welch kleinem Einsatz man Gutes tun kann. Daran lässt Christine Kaiser, Rektorin der Kallenbergschule, keinen Zweifel. Um den Kindern transparent zu machen, wie viel "Masse" die für eine Polio-Impfung benötigten 500 Deckel sind, wurde das Sammelgut feinsäuberlich abgezählt. Innerhalb weniger Tage, so rechneten die Mädchen und Buben hoch, hatten sie bei 12 000 Deckeln 24 Impfungen zusammen.

In ihrer Freizeit treffen sich Kinder und Eltern zum "Abschrauben" in Getränkemärkte, denn Pfandflaschen werden auch ohne Deckel zurückgenommen. Für Christine Kaiser wird damit neben der Nächstenliebe der Nachhaltigkeit Rechnung getragen – ein Thema, das im Schulalltag ebenfalls eine große Rolle spielt.

Hans Pfarr, der die Nusplinger Kinder im neuen Jahr besuchen möchte, freut sich, wie sich die Aktion in den vergangenen Monaten von Norddeutschland her immer weiter in richtig Süden vorgearbeitet und immer mehr Menschen sensibilisiert hat.

Wie viele Deckel im vergangenen Jahr gesammelt wurde, vermag er nicht mehr abzuschätzen. Für ihn ist jedoch klar: "Unser Ziel, eine Welt ohne Polio, ist zu 99,9 Prozent erreicht."

Weitere Informationen zur Aktion gibt es unter www.deckel-gegen-polio.de.

Poliomyelitis, kurz Polio, die Kinderlähmung, gilt als eine der grausamsten Infektionskrankheiten überhaupt. Heute ist sie dank intensiver Impfung fast verschwunden. Solange aber irgendwo auf der Welt Polio-Viren existieren, sind Kinder bedroht – auch in Deutschland. Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Erst wenn aus betroffenen Ländern wie Nigeria oder Pakistan drei Jahre lang keine neuen Polio-Fälle mehr gemeldet werden, ist die akute Gefahr gebannt. Indien beispielsweise ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zwischenzeitlich als poliofrei zertifiziert worden. Eine Therapie gegen Kinderlähmung gibt es bis heute nicht; behandelt werden lediglich die Symptome. Die WHO stuft das erklärte Ziel von Rotary, eine Welt ohne Polio, als realistisch ein.