In dieser Demonstration war wohl der Austritt aus dem Völkerbund das Thema. Foto: Stadtarchiv Schiltach

"Ein Jahr mutiger Arbeit liegt hinter uns … das Jahr der politischen Entscheidung liegt vor uns." Das versprach die Schiltach-Lehengerichter Ortsgruppe der NSDAP Anfang 1932.

Schiltach - Als Erfolg galten die "Deutschen Weihnachten", welche hauptsächlich "von unseren Schülern und unserer Jugend ausgeführt" worden seien.

Die Zustimmung der Jugend stellte man heraus. Befördert wurde der Aufstieg von der Wirtschaftskrise, die auf die Schocks des verlorenen ersten Weltkrieges und der Hyperinflation gefolgt war. So zählte Schiltach 1931 exakt 77 Arbeitslose.

Pfarrer öffentlich angeprangert

Einen Triumph eigener Art hatte die NSDAP hier schon bei den Kommunalwahlen 1930 laut Parteizeitung erlebt: Im Bürgerausschuss "trauerten Staatspartei und Sozialdemokraten gemeinsam dem ehemals ›Brüderlichen Verhältnis‹ zwischen den Rathausfraktionen nach. Uns Nationalsozialisten konnte keine größere Schmeichelei gesagt werden, denn wir sind nicht auf die Rathäuser gegangen, um dort Liebesmahle zu feiern, sondern zum Gemeindewohl zu arbeiten und wer uns daran stört, dem kommen wir eben nicht ›brüderlich‹, sondern sacksiedegrob."

1932 war die Partei stark genug, Gegner öffentlich anzuprangern. Der katholische Pfarrer Carl Bihler wurde so bedroht: "Nur der Wohlerzogenheit der Nationalsozialisten von Schenkenzell und der trotz aller Vorkommnisse noch bewahrten Respektierung ihres Amtes als Priester (nicht Person) haben Sie es zu verdanken, daß ihre volkstümlichen Predigten nicht schon längst mit volkstümlichen Mitteln bekämpft werden."

Grundrechte außer Kraft

Noch waren aber Gegner unüberhörbar. Im Februar 1932 sprach Redakteur Meurer vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold oder im Juli 1932 der Kehler Kommunist Voht. Die Straßen in Beschlag nahm die NSDAP trotzdem am 17. Juli 1932 mit einer Tour des SA-Sturmbanns I/169. Die NS-Zeitung behauptete übermütig, die "ganze Schiltacher Jugend begleitete uns nach Schenkenzell".

Was dem Tag der Machtübertragung an Adolf Hitler folgte, passierte überall in Deutschland: Notgesetze setzten direkt die Grundrechte außer Kraft, Polizei schützte die NSDAP-Propaganda, wie einen Fackelzug am 23. Februar 1933, behinderte und verfolgte aber Antifaschisten. Am 4. März fand letztmals eine SPD-Veranstaltung statt. Zur gleichen Zeit veranstaltete die NSDAP einen "Deutschen Abend". Am 5. März 1933 zeigten die letzten Reichstagswahlen die NSDAP mit 514 Stimmen (40,7 Prozent) in Schiltach an erster Stelle. Die hohe Wahlbeteiligung war ihr zugute gekommen.

Gottlieb Trautwein versteckt Fahne

Als Kommunisten Sowjetsterne auf den Hohensteinfelsen malten, wurden sie in das KZ Ankenbuck eingeliefert. Gustav Dieterle wurde im August entlassen. Die Liste der Inhaftierungen von Gegnern ließ sich fortsetzen, unter anderem mit Ferdinand Wöhrle, der im November 1933 nach wenigen Wochen in Freiheit erneut festgenommen wurde. In Schiltach lebten keine Juden. Wahrscheinlich war es nur diesem Umstand zu verdanken, dass es hier nicht auch zu antijüdischen Exzessen kam.

Im März veröffentlichte die Ortsgruppe des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold ihre Auflösung – allerdings unter der Falschangabe, die Fahne sei verbrannt worden. Dieses Symbol der Demokratie versteckte, in einen Sack eingenäht, Gottlieb Trautwein.

Widerständiges Verhalten

Typisch waren ständige Großveranstaltungen. Selbst wer den Nationalsozialismus ablehnte, stand unter Bekenntnisdruck. An einen trotzdem sichtbaren Akt widerständigen Verhaltens erinnert Hans Harter: "Als Nazis eine Hakenkreuzfahne auf den Stadtbrunnen steckten, verlangte der am Marktplatz wohnende Gottlieb Trautwein beim Bürgermeister ihre Entfernung, da sie keine ›Staats-, sondern eine Parteifahne‹ sei. Als ihm dies verweigert wurde, stieg der als überzeugter Demokrat bekannte ›Gerbergottlieb‹ selber hinauf und holte sie herab".

Am 21. März fanden ein Fackelzug sowie eine Versammlung auf dem Marktplatz anlässlich der Eröffnung des Reichstags statt. Stadtkapelle, Schuljugend und weitere Vereine wurden ins Programm eingebunden. Dabei drohte Ortsgruppenleiter August Vornfett: "Nun muss das deutsche Volk von Mensch zu Mensch sich wieder zusammenfinden. Wer sich dem Staate nicht fügen will, setzt sich der Härte des Gesetzes aus." Gegner wurden zum Schweigen gezwungen, wollten sie nicht härteste Strafen riskieren.

Vorbereitungen für den Krieg

1934 war die Arbeitslosigkeit beinahe beseitigt. Neben der Ansiedlung der Firma Kumpf sorgten dafür aber schlecht bezahlte Notstandsmaßnahmen, zum Beispiel für das Kinzig-Strandbad. Wie sehr im Alltag aber die dunkle Realität durchschimmerte, davon zeugt unter anderem die schon 1934 einsetzende Vorbereitung eines Luftschutzes im Kriegsfall.