In Bad Wildbad gaben knapp 68 Prozent der Stimmberechtigten ihr Votum ab. Hier beteiligt sich Bürgermeister Klaus Mack (CDU) aktiv an der Auszählung. Foto: Kugel

In Baiersbronn bricht nach Auszählung Jubel aus. Befürworter ziehen einzig aus aktueller Umfrage neue Hoffnung.

Nordschwarzwald - Ein bitterer Sonntag für Nationalparkbefürworter und die grün-rote Landesregierung: Die Mehrheit der befragten Bevölkerung im Nordschwarzwald lehnt den Park ab – und das in allen teilnehmenden Gemeinden.

Als Baiersbronns Bürgermeister Michael Ruf (CDU) gestern gegen 19.30 Uhr das Ergebnis der Bürgerbefragung verkündet, ist es in der Schwarzwaldhalle kurz ganz still, dann jubeln die Gegner. 12.000 Bürger konnten sich hier für oder gegen den Nationalpark aussprechen, 68 Prozent haben die Chance genutzt, und 78 Prozent davon wollen den Park nicht. Schon lange vor Auszählung der Stimmzettel gestern Abend galt die Feriengemeinde im Kreis Freudenstadt als eines der Widerstandszentren gegen das Projekt. Und spätestens nach den lautstarken Pfeifkonzerten, die Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) dort bei der Gutachtenvorstellung zum Nationalpark in der Schwarzwaldhalle empfangen hatten, war klar: Der Nationalpark ist hier nicht erwünscht! Das sei nicht der Querschnitt aller Baiersbronner, hatte Bürgermeister Michael Ruf damals die heftigen Reaktionen kommentiert. Gestern wurde er eines Besseren belehrt: "Das ist ein super Ergebnis", verkündete er in der Halle, meinte aber lediglich die Wahlbeteiligung.

Ablehnung auch in Bad Wildbad (Kreis Calw): 75 Prozent stimmten hier gegen den Park bei einer Wahlbeteiligung von fast 60 Prozent. "Ich hätte nicht gedacht, dass das Votum der Bürger in Bad Wildbad und den anderen teilnehmenden Gemeinden so deutlich ausfällt", kommentiert Bürgermeister Klaus Mack (CDU) das Ergebnis. Damit ist für ihn auch die Position der Stadt gegenüber der Landesregierung klar: "Nach dieser eindeutigen Aussage aus der Region muss die Diskussion über das Projekt erneut beginnen."

Eine hohe Beteiligung wünschte sich Bürgermeister Kuno Kußmann (CDU) in Forbach (Kreis Rastatt) für die Befragung. Und die bekam er auch: Von den rund 4000 Befragten in seinem Ort haben fast 76 Prozent ihre Stimme abgegeben, 82 Prozent davon gegen den Nationalpark. Überrascht hat ihn vor allem die hohe Bürgerbeteiligung: "Das zeigt, dass der Nationalpark die Bürger mehr bewegt als die Landtagswahlen", sagte Kußmann, der mit der großen Ablehnung gerechnet hat: "Ich habe fast noch mehr erwartet." "Es ist schwer zu sagen, was die Stillen denken", hatte Bürgermeisterin Petra Nych noch vor wenigen Tagen die Stimmung in Enzklösterle beschrieben. Nun weiß sie es: Die Mehrheit der 1000 Befragten hier will den Nationalpark nicht: Fast 76 Prozent sind dagegen. Protestspitzenreiter ist Seewald: 87 Prozent gaben dort dem Nationalpark eine Abfuhr. Für Bürgermeister Gerhard Müller (CDU) nicht überraschend: "Hier sorgen sich die vielen Privatwaldbesitzer um ihre Bestände."

"In Bevölkerung machen viele Missverständnisse die Runde"

Als Chance für die Region sieht Bürgermeister Norbert Mai (CDU) in Bad Herrenalb den Nationalpark. Das Ergebnis ist für ihn daher wohl bitter: 63 Prozent sind gegen den Park, und die Wahlbeteiligung lag bei nur 16 Prozent.

Mit rund 18.000 Teilnahmeberechtigten hatte Freudenstadt den größten Einzelanteil an der Befragung. Oberbürgermeister Julian Osswald (CDU) hoffte ebenfalls auf ein "Ja" seiner Einwohner zum Nationalpark. Das bekam er gestern allerdings nicht: Bei einer Beteiligung von 49 Prozent sagten 68 Prozent "Nein".

Das durchweg negative Ergebnis zum Nationalpark sorgte gestern bei der Landtagsfraktion der Grünen für besorgte Mienen: "Wir nehmen die Ergebnisse sehr ernst und werden in den kritischen Gebieten Gespräche anbieten", kündigte gestern der naturpolitische Sprecher der Fraktion, Markus Rösler, an. Er glaubt, dass in der Bevölkerung noch viele Missverständnisse über das Projekt die Runde machen: "Wir hören immer noch, dass ein Nationalpark viele Einschränkungen bringen wird. Das ist nicht so, denn wir wollen, dass die Menschen den Park erleben können", so Rösler.

Peter Hauk, Chef der CDU-Landtagsfraktion, ist von der Eindeutigkeit des Ergebnisses der Bürgerbefragung überrascht. Für ihn steht fest: "Die Regierung muss nun zurück auf Los." Hauk fordert einen "interaktiven Prozess mit allen Beteiligten", der nun neu begonnen werden müsse. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat das Projekt inzwischen komplett abgeschrieben. Schließlich könne die Landesregierung den Park nicht gegen Dreiviertel der befragten Bevölkerung durchboxen. Sorgenfalten gab es bei der Landes-SPD: "Wir nehmen das Ergebnis mit Bedauern zur Kenntnis", sagt deren Fraktionsvorsitzender Claus Schmiedel. Die Befürworter des Projekts, so vermutet er, hätten sich zu spät aus der Deckung gewagt und den Gegnern zu lange das Feld überlassen. Was die Standortfrage des Parks anbelangt findet er klare Worte: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gemeinden mit heftigem Widerstand im Suchraum bleiben", so Schmiedel. Wenn der Nationalpark kommen soll, seien jetzt positive Voten der kommunalpolitisch verantwortlichen Gremien gefragt. Insgesamt ist Schmiedel jedoch optimistisch: "Ich glaube, dass wir das Projekt hinkriegen", denn Umfragen in der gesamten Nationalparkregion hätten stets eine Mehrheit der Befürworter ergeben. Das wurde gestern durch eine Umfrage untermauert, die der Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald und die Umweltschutzorganisation WWF Deutschland vor wenigen Tagen in Auftrag gegeben hatte. Das Meinungsforschungsinstitut Emnid befragte in den Kreisen Freudenstadt, Calw, Rastatt und Ortenau sowie im Stadtkreis Baden-Baden insgesamt 1000 Personen. 52 Prozent sprachen sich dabei für einen Nationalpark aus, nur 28 Prozent dagegen.

"Dieses Ergebnis ist ein großer Ansporn für uns"

"Dieses Ergebnis ist ein großer Ansporn für uns", so Thomas Fritz vom Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald. "Ich bin mir sicher, dass es uns gelingen wird, auch jene Bürger vom Mehrwert eines Nationalparks zu überzeugen, die noch Zweifel haben", meint er zuversichtlich. Nach dem gestrigen Befragungsergebnis werden die Befürworter da allerdings dicke Bretter bohren müssen.

Auf die Umfragen in der gesamten Region verwies gestern auch das zuständige Ministerium von Agrarminister Alexander Bonde (Grüne). Nach allen bisher erhobenen Umfragen stehe eine klare Mehrheit der Baden-Württemberger, hinter dem Nationalpark, so die Stellungnahme zur Befragung.

Das letzte Wort in Sachen Nationalpark haben laut Gesetz die Landtagsabgeordnete. Einer wurde gestern jedenfalls schon zu einem klaren "Nein" aufgefordert: der für den Kreis Freudenstadt zuständige CDU-Abgeordnete Norbert Beck.